
Die Philipp Kirsch GmbH aus der Nähe des badischen Offenburg etwa - nach Firmenangaben deutscher Marktführer bei medizintechnischer Kühlung - verzeichnet beim Auftragseingang einen starken Anstieg, wie Geschäftsführer Jochen Kopitzke sagt. Von Januar bis November 2020 habe der Zuwachs 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum betragen. Der Umsatz steige dieses Jahr voraussichtlich um acht Prozent auf etwa 15 Millionen Euro.
Die neuen Impfzentren, die derzeit überall in Deutschland entstehen, sind nur ein möglicher Bestimmungsort für Kirsch-Kühlschränke. Die Geräte fänden sich neben Impfzentren - etwa in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen - quasi in allen deutschen Krankenhäusern, sagt Kopitzke. "Das Plus stammt auch aus unserem Laborkühlschrank-Segment, weil unsere Geräte verstärkt für die Impfstoff- und Medikamentenforschung eingesetzt werden", erklärt der Geschäftsführer. So seien die deutschen Unternehmen Biontech und Curevac, die Corona-Impfstoffe entwickelt haben, beliefert worden.
Lagerung mit Temperaturüberwachung empfohlen
In der Produktionshalle stehen an diesem Dezembertag unzählige Kühlschränke zur Auslieferung bereit, viele etwa in der Größe eines Haushaltskühlschranks in Metall- und Glasoptik. Das Besondere an den Geräten sei die hohe Temperaturstabilität, erklärt Kopitzke. "Zwischen kältestem und wärmstem Ort im Kühlschrank liegen maximal 1,8 Grad Celsius."
Zum Vergleich: Bei einem normalen Küchenkühlschrank liege die Spanne schon mal bei bis zu 15 Grad Celsius. Ein eingebautes System überwache und dokumentiere die Temperatur in den Modellen. Bei Abweichungen schlage es Alarm. Curevac etwa empfiehlt für seinen Impfstoffkandidaten eine Lagerung mit Temperaturüberwachung.
Derzeit stoße sein Unternehmen an Kapazitätsgrenzen, sagt Kirsch-Chef Kopitzke: Es suche Personal, um der großen Nachfrage beizukommen. 2020 sei eine fünfstellige Zahl an Geräten ausgeliefert worden. Für das kommende Jahr rechnet Kopitzke mit weiterem Wachstum.
Temperaturen von bis zu minus 90 Grad möglich
Das niedersächsische Unternehmen Tritec und die Tuttlinger Firma Binder haben Geräte im Sortiment, die besonders niedrige Temperaturen ermöglichen. Diese sind etwa für den Impfstoff von Biontech und Pfizer geeignet, der bei minus 70 Grad aufbewahrt werden muss. "Unsere Ultratiefkühlschränke funktionieren im Prinzip wie normale Kühlschränke", sagt Binder-Vizepräsident Peter Wimmer. "Nur, dass die Temperatur auf bis zu minus 90 Grad runtergeht." Starkstrom sei dafür nicht nötig, eine normale Steckdose reiche. Die Isolierung sei bei den Binder-Kühlschränken aber speziell. Diese sichere die Impfstoffe im Kühlschrank auch bei einem Stromausfall für bis zu 30 Stunden ab.
Normale Impfstoffe müssten nicht bei so niedrigen Temperaturen gelagert werden. Anders sehe es bei den neuartigen mRNA-Impfstoffen aus, erklärt Wimmer. Diese Impfstoffe enthalten kein Virus, sondern liefern über Boten- oder messenger-RNA einen Teil der Erbinformation des Virus in die menschlichen Zellen und sorgen so für eine Abwehrreaktion des Körpers. Mit diesen Stoffen habe man einfach noch nicht viele Erfahrungswerte, sagt Wimmer. "Um also sicher zu sein, dass die Wirksamkeit und Stabilität der Impfstoffe nicht verloren geht, ist kälter bei der Lagerung besser."
Lieferungen auf Grund weltweit hoher Nachfrage verzögert
Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie habe sich die Nachfrage nach den Geräten weltweit deutlich erhöht. Bestellungen kämen aktuell vor allem aus Europa. Das Land Baden-Württemberg etwa hat nach Ministeriumsangaben für jedes seiner 60 Impfzentren einen Binder-Kühlschrank gekauft. Doch die USA zögen nach. Lieferengpässe gebe es aktuell nicht. "Die Lieferzeiten verlängern sich etwas", so Wimmer.
Auch bei Tritec in Hannover sind die Auftragsbücher voll. "Unsere Lager sind leergefegt", sagte Geschäftsführerin Birgitt Nolden Ende November der dpa. Binnen vier Wochen habe sich die Zahl der Aufträge zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Da erst kurzfristig absehbar gewesen sei, welche Temperaturen die Impfstoffe benötigten, sei es schwierig gewesen, sich auf die höhere Nachfrage einzustellen. Die nächsten Chargen seien frühestens Anfang Januar wieder lieferbar.
Bei Binder wurden die Produktionskapazitäten wegen der hohen Nachfrage deutlich ausgeweitet. Momentan würden vier bis fünf Mal so viele Kühlschränke hergestellt wie sonst üblich, so Wimmer. Vor der Pandemie seien es knapp tausend pro Jahr gewesen.





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