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Chronischer PflegenotstandLandespflegekammer legt „Vision 2040“ für bessere Pflege vor

Früher in Rente, 4500 Euro Einstiegsgehalt und neue Arbeitszeitmodelle – die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz hat eine „Vision Pflege 2040“ veröffentlicht. Sie beschreibt, was gegen den chronischen Pflegekräftemangel getan werden kann.

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Matthias Buehner/stock.adobe.com
Symbolfoto

Rente mit Anfang 60, rund 1300 Euro mehr Einstiegsgehalt und flexible Arbeitszeiten: Das sind nach Einschätzung der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz drei wichtige Bausteine für eine qualitativ und quantitativ bessere Personalausstattung in der Pflege. Für ihre „Vision Pflege 2040“ hat die Landespflegekammer eigene Erkenntnisse mit den Ergebnissen einer Befragung von rund 200 Fachkräften aus mehreren Bundesländern abgeglichen. „Viele lieben ihren Job, aber wünschen sich deutlich bessere Rahmenbedingungen“, sagte der Präsident der Landespflegekammer Markus Mai am Internationalen Tag der Pflegenden in Mainz.

Vier-Tage-Woche und verlässliche Dienstpläne gefordert

Dies zeige sich auch an Forderungen wie einer Vier-Tage-Woche und festen Dienstplänen. Zudem vermissten die Pflegenden auch nach der Corona-Pandemie Wertschätzung und Anerkennung, berichtete die Vizepräsidentin der Landespflegekammer, Andrea Bergsträßer. Freizeitausgleich für Überstunden und Prämien für das Einspringen an freien Tagen gehören auch zu den in der „Vision Pflege“ formulierten Forderungen der Landespflegekammer. In dem „psychisch und physisch belastenden Beruf“ könne „man ganz schlecht bis 67 Jahre arbeiten“, sagte Mai. „Viele Leute werden vorher krank“, was auch zu einer geringeren Rente führen könne.

In dem psychisch und physisch belastenden Beruf könne man ganz schlecht bis 67 Jahre arbeiten. Viele Leute werden vorher krank.

Wer Jahrzehnte als Pflegender gearbeitet habe, müsse mit durchschnittlich 60 bis 63 Jahren in Rente gehen können. Das Einstiegsgehalt sollte rund 4500 Euro betragen, statt derzeit 3200 Euro, die zumindest im öffentlichen Dienst bezahlt würden.

Familiäre Bedürfnisse beachten

Die Vereinbarkeit von Familie und dem Beruf müsse auch besser werden. Als Beispiele nannte Mai Betreuungsangebote für die Kinder der Pflegekräfte sowie die besondere Berücksichtigung familiärer Bedürfnisse in den Dienstplänen – und Gleitzeitmodelle. Wichtig seien auch Teambuilding-Maßnahmen, Supervision und mehr bezahlte Zeit für Weiterbildung als die derzeit fünf Tage im Jahr. Die Dokumentationen der Pflege und die Dienstplangestaltung müssten mit Hilfe von Technik und Künstlicher Intelligenz einfacher werden. Dies sieht die Digitalisierungsoffensive der Landesregierung vor.

TK-Zahlen verdeutlichen die Belastungen in der Pflege

Wie hoch die Belastung des pflegenden Fachpersonals ist, zeigt nach Einschätzung der Techniker Krankenkasse (TK) eine deutliche Zunahme der Ausfalltage. 2022 waren Pflegekräfte in Rheinland-Pfalz demnach durchschnittlich 30,1 Tage krankgeschrieben, gut eine Woche länger oder 25,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor (23,9 Tage). Damit liege Rheinland-Pfalz bei den krankheitsbedingten Fehltagen von Beschäftigen in der Kranken- und Altenpflege 4,3 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt (28,8 Tage).

Sonst riskieren wir, weiteres Pflegepersonal zu verlieren.

Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen hätten die Pfleger und Pflegerinnen in Rheinland-Pfalz gut zehn erkrankungsbedingte Fehltage mehr. Der Durchschnitt über alle Beschäftigten in dem Bundesland habe im vergangenen Jahr 20 Tage betragen. Der Leiter der TK-Landesvertretung Rheinland-Pfalz Jörn Simon forderte „dringend eine Pflegereform, die die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte merklich verbessert“. „Sonst riskieren wir, weiteres Pflegepersonal zu verlieren.“

Falsche Akzente gesetzt

Der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Wäschenbach befürchtet eine Eskalation des Pflegenotstands. „Die Situation ist vielerorts bereits schon jetzt prekär. Menschen, die pflegebedürftig sind oder werden, warten oftmals Monate auf einen Platz in einem Pflegeheim.“ Und mit der älter werdenden Gesellschaft steige die Pflegebedürftigkeit. Die Attraktivität des Berufs müsse dringend gesteigert und die Pflegeversicherung gestärkt werden. Die Landesregierung habe zu lange nicht die richtigen Akzente gesetzt.

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