
„Ungeachtet der besonderen Herausforderungen in der Corona-Pandemie ist die Krankenhausversorgung in Deutschland chronisch unterfinanziert. Die Länder kommen ihrer Verantwortung für die Investitionen in Krankenhäusern immer weniger nach. Jedes Jahr besteht eine Lücke von 3 bis 4 Milliarden Euro bei einem jährlichen Bedarf von 7 Milliarden Euro,“ sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, anlässlich der Veröffentlichung eines Berichts über die Prüfung der Krankenhausfinanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung.
Einer der Gründe für diese Situation sei die unzureichende Krankenhaus-Planung der Länder. Sie gleiche einem Flickenteppich und stelle keine bedarfsgerechte Versorgungsdichte sicher. Demnach stimmten die Länder ihre Planungen kaum aufeinander ab: Standorte, Fachabteilungen, Leistungsschwerpunkte und Gesamtplanbettenzahlen würden nach unterschiedlichen Kriterien ausgewiesen. Faktoren wie Demografie, Morbidität und medizinischer Fortschritt würden dabei nicht berücksichtigt. Außerdem spielten Qualitätsaspekte in der Krankenhausplanung der Länder nur eine untergeordnete Rolle.
40 Prozent der Krankenhäuser machen Verlust
Die Folge sei eine Krankenhausstruktur, die nicht nur chronisch unterfinanziert, sondern seit Jahren in weiten Teilen ineffizient sei: Es gebe Doppelstrukturen und zu wenig Spezialisierung. Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung nehmen komplexe Eingriffe vor, die spezialisierten Kliniken vorbehalten sein sollten. Das Potenzial für ambulante Behandlungen werde nicht ausgeschöpft. Zudem blieben offene Stellen für ärztliches und pflegerisches Personal häufig unbesetzt.
Nach Einschätzung des Bundesrechnungshofs suchen die Krankenhäuser aufgrund der Unterfinanzierung andere Wege, um Investitionen zu finanzieren. Hierzu verwendeten sie zum Beispiel seit Jahren die eigentlich für laufende Kosten bestimmten Fallpauschalen der Krankenkassen. Zudem komme es zu Mengenausweitungen: EU-weit habe Deutschland die höchste Bettendichte und überdurchschnittlich lange Krankenhausaufenthalte. Deutlich über dem EU-Durchschnitt liege auch die Zahl der MRT-Untersuchungen sowie beim Hüft- und Knieersatz.
Im Ergebnis verfüge Deutschland über eine ineffiziente Krankenhausstruktur: 40 Prozent der Krankenhäuser arbeiteten mit Verlust, 13 Prozent seien von Insolvenz bedroht. Mit Blick auf die Krankenhausstruktur seien der bereits bestehende Krankenhausstrukturfonds und der geplante Krankenhauszukunftsfonds wenig ambitioniert.
Krankenhäuser laut DKG leistungsfähig und effizient
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisiert den Bericht des Bundesrechnungshofes. Aus Perspektive des Verbandes verkenne der BRH die Leistungsfähigkeit deutscher Krankenhäuser. Darüber hinaus wiederhole der Bericht des BRH bereits widerlegte Behauptungen und konstruiere unzulässige Zusammenhänge.
Nach Ansicht von Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, belege zudem das aktuell gelungene Pandemie-Management die Leistungsfähigkeit deutscher Krankenhäuser: „Warum kommen wir verhältnismäßig gut durch die Krise? Weil die deutschen Krankenhäuser hocheffizient und leistungsfähig sind und wir mehr Kapazitäten als viele andere Länder haben. Und weil die Kliniken hocheffizient arbeiten und in regionalen Netzwerken je nach Spezialisierung zusammenarbeiten.“
Finanzierungsschieflage auch bei Betriebskosten
Insgesamt begrüße der DKG allerdings die Bestätigung des Bundesrechnungshofes über die unzureichende Investitionsmittelbereitstellung für Krankenhäuser. Doch auch an dieser Stelle gibt es Kritik. So werde in dem Bericht des BRH verkannt, dass es auch bei der Betriebskosten-Finanzierung eine deutliche Unterfinanzierung gebe. Tarifsteigerungen würden den Krankenhäusern weiterhin nicht vollständig refinanziert. Deshalb sei es falsch, wenn aus den Defiziten bei vielen Kliniken auf Ineffizienz geschlossen werde.
„Die Defizite ergeben sich aus fehlenden Investitionsmitteln und nicht refinanzierten Tarifsteigerungen. Ineffizient ist das bestimmt nicht. Dass die Krankenhäuser in Deutschland weltweit anerkannt das zentrale Sicherungsnetz für die Bürger und die Volkswirtschaft in dieser Pandemie sind macht deutlich, dass sie trotz der Unzulänglichkeit in den Finanzierungsrahmenbedingungen effizient arbeiten“, so Baum.





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