Angesichts der massenhaften Schließung von Geburtshilfe-Stationen hat der Deutsche Hebammenverband ein Umsteuern gefordert. „Die Rahmenbedingungen in den Krankenhäusern müssen sich verbessern“, sagte Verbandspräsidentin Martina Klenk der Deutschen Presse-Agentur. Wenn kleine Kliniken wegen des Kostendrucks die Geburtshilfe aufgäben, würden die werdenden Mütter in die großen Zentren abwandern. Dort verdichte sich die Arbeit, es komme sogar zu Kreißsaal-Schließungen. „Die Frauen stehen mit Wehen vor der Tür und werden abgewiesen“, sagte Klenk. Solche Fälle seien aus München, Stuttgart oder Freiburg bekannt. Viele Regionen wie zum Beispiel der Landkreis Diepholz in Niedersachsen haben schon länger keinen einzigen Kreißsaal mehr, werdende Eltern müssen weite Anfahrtswege in Kauf nehmen. Gab es 1991 bundesweit noch 1186 Krankenhäuser mit Geburtshilfe, waren es 2014 nur noch 725. Der Hebammenverband, der noch bis Freitag in Berlin tagt, hat seitdem weitere 44 Schließungen oder drohende Schließungen dokumentiert.
Viele ländliche Regionen ohne Kreißsaal
Aktuell gibt es auch in vielen ländlichen Regionen kein Krankenhaus mit Geburtshilfe mehr. Beispielsweise im fast 2.000 Quadratkilometer großen Landkreis Diepholz in Niedersachsen. Nach Schließung von Kreißsälen auf den zu Schleswig-Holstein gehörenden Inseln gibt es dagegen inzwischen einen Lösungsversuch. Bewohnerinnen von Föhr, Sylt und Fehmarn können bis zu zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin ein Zimmer auf dem Festland beziehen. Dieses „Boarding“-Konzept sei eine freiwillige Leistung der gesetzlichen Krankenkasse, sagt Florian Unger vom Verband der Ersatzkassen. Wenn der niedergelassene Gynäkologe die medizinische Notwendigkeit für eine vorzeitige Einweisung ins Krankenhaus sehe, bedeute dies aber eine stationäre Aufnahme und sei kein Fall fürs „Boarding“. Hebammen halten die „Boarding“-Lösung allerdings nicht für optimal. „Kaum ein Kind wird am errechneten Termin geboren“, sagt Klenk. „Sie brauchen ein mindestens vierwöchiges Zeitfenster.“ Etwa weil sie ihre Kinder nicht aus dem gewohnten Umfeld reißen wollen, harren viele Schwangere so lange wie möglich an ihrem Wohnort auf der Insel aus. Erst im September brachte eine Sylterin ihre kleine Tochter im Rettungswagen auf dem Autozug in Richtung Festland zur Welt. Sie wollte ins Krankenhaus nach Husum.
Mehr über Kreißsaal-Schließungen an der Küste lesen Sie im aktuellen kma-Magazin.


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