
Mit 54 Krankenhausstandorten ist die Bevölkerung in Sachsen-Anhalt medizinisch gut versorgt. Dass das so bleiben soll, stellte Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne am 4. April in Magdeburg klar: „Wir brauchen alle Krankenhausstandorte in der Fläche.“ Dies sei aber eine Mammutaufgabe, so die SPD-Politikerin. Man lege den Fokus darauf, eine gute, qualitätsgerechte, sowohl ambulante als auch stationäre Versorgung aufrecht erhalten zu können.
Das Gutachten, das von „PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH“ erstellt wurde, empfiehlt dem Land ein gestuftes System der Krankenhausversorgung. Eine Basisversorgung mit internistischen und chirurgischen Leistungen soll wohnortnah möglich sein. Ebenso sollen Kinder- und Geburtskliniken regional verfügbar sein. Je spezialisierter die medizinischen Leistungen werden, desto stärker werden die Leistungen an großen Schwerpunktversorgern, Maximalversorgern und den Universitätskliniken konzentriert.
Rund 14 600 vollstationäre Krankenhausbetten standen im Jahr 2021 zur Verfügung – verglichen mit allen Bundesländern bedeutet dies in Sachsen-Anhalt eine überdurchschnittliche Versorgung. Dagegen war die Bettenauslastung mit 63 Prozent die niedrigste aller Bundesländer. Dieser Trend hält bereits seit vielen Jahren an und wurde durch die Corona-Pandemie verschärft, da elektive Eingriffe nach Möglichkeit verschoben oder sogar ganz abgesagt wurden. Die Bettenauslastung lag 2019 bei 73 Prozent bei 15 050 Betten. Bis 2035 gehen wird ein stationärer Fallzahlrückgang von minus sechs Prozent bis minus 21 Prozent erwartet.
Norden unterversorgt
Während die Versorgung in den Ballungszentren sogar sehr gut ist, sind andere Teile des Landes unterversorgt, etwa der Norden, speziell die Altmark. Zahlreiche spezielle Leistungen sind für einen kleinen Teil der Bevölkerung nur durch Fahrtzeiten über 45 Minuten erreichbar, dies gilt auch für die Erreichbarkeit einer erweiterten Notfallversorgung (sogenannte G-BA-Stufe 2), die nur in Stendal vorhanden ist. Die Gutachter stellen auch im Bereich der lebensbedrohlichen Erkrankungen (z. B. Schlaganfall) zu lange Wege und damit eine zu lange Zeit bis zur Behandlung fest und geben Hinweise, wie dem entgegengewirkt werden kann.
Notfallversorgung im Durchschnitt, Defizite bei Herzinfarkten und Schlaganfällen
Die durchschnittliche Fahrzeit bis zum nächsten Krankenhaus mit Notaufnahme liege im Durchschnitt der übrigen Flächenländer, stellen die Gutachter fest. Die Basisnotfallversorgung (Stufe 1) ist nahezu flächendeckend vorhanden, die erweiterte Notfallversorgung (Stufe 2) ist in einigen Regionen mit längeren Fahrtzeiten erreichbar. Eine umfassende Notfallversorgung (Stufe 3) gibt es nur in Magdeburg (zwei Häuser), Halle und Dessau. Der Rettungsdienst ist insgesamt mit einer Vielzahl an Standorten und Notfallfahrzeugen breit aufgestellt. Empfohlen wird aber eine Prüfung, ob neben Halle und Magdeburg ein weiterer Hubschrauber im Norden des Landes die Versorgung deutlich verbessern könne, „insbesondere bei schweren und zeitkritischen Erkrankungen“.
Im Bereich der Kardiologie und der Schlaganfallversorgung stellten Gutachter Defizite fest. Es würden zu viele Patientinnen und Patienten in Kliniken behandelt, die dafür nicht geeignet seien, weil beispielsweise die entsprechende Ausstattung fehle. „Das ist etwas, was wir eigentlich nicht wollen“, sagte Gutachter Matthias Schatz. Es sei eine bessere Steuerung notwendig, damit bereits Verdachtsfälle in geeignete Krankenhäuser kämen.
Mindestmengen einhalten
Die Gutachter empfehlen eine verstärkte Zentralisierung und bringen dabei auch die Mindestmengen ins Spiel. Die Analyse zeigt, dass sich nicht alle Krankenhäuser an die vorgegebenen Mindestmengenregelungen halten. Die Gutachtenden regen daher an, die Einhaltung der Mindestmengen sicher zu stellen und auch Vorgaben bei weiteren Leistungsgruppen zur Konzentration an einigen Krankenhäusern zu machen, um dort die Behandlungen zu bündeln (z.B. Eingriffe bei Herzrhythmusstörungen).
Teilweise werden die Vorgaben des G-BA zur Steigerung der Mindestmengen diese Effekte ohnehin fördern, etwa bei den Pankreas-Operationen, bei denen die derzeitige Mindestmenge bei zehn Fällen pro Jahr liegt. Ab 2025 gilt eine Mindestmenge von 20 Fällen pro Jahr. Voraussichtlich werden dann nur noch fünf bis sieben Krankenhäuser diese Mindestzahlen erfüllen. Zuletzt haben bis zu 18 Kliniken pro Jahr derartige Operationen durchgeführt. Hier zeigt sich die andere Seite der gestuften Versorgung in Sachsen-Anhalt: Komplexe und lebenswichtige Operationen werden zentralisiert in spezialisierten Krankenhäusern erbracht, weil dies nachweislich die besseren medizinischen Ergebnisse liefert.
Ambulant und stationär enger verzahnen
Die Gutachter halten es für unbedingt erforderlich, dass alle Möglichkeiten einer sektorenübergreifenden Versorgung genutzt werden. Dies betrifft einerseits bereits etablierte Modelle der Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und den Krankenhäusern, die ausgebaut werden können. Dazu zählen aber auch ambulante Angebote (MVZ) durch Krankenhäuser oder ggf. auch Kommunen. Notwendig sind aber auch neue Modelle, in denen Krankenhausärzte im Bereich der ambulanten Behandlung Lücken füllen und tätig werden können. Hier sind einige, noch nicht sehr oft genutzte Möglichkeiten vorhanden. Im Rahmen von Modellprojekten kann das Land hier neue Ansätze weiter erproben. Das Land fördert in diesem Sinne bereits die engere Verzahnung von ambulanten und stationären Angeboten an den Krankenhäusern in Gardelegen. Geplant ist auch ein Projekt in Genthin zur Erprobung einer ambulant-stationären Versorgung.
Rolle der Unikliniken
Die Universitätskliniken sollen künftig eine stärkere Steuerung übernehmen. Nötig sei eine „koordinierende Rolle und die Projektmanagementkompetenz, um neue Ansätze zur Verbesserung der Versorgung in die Umsetzung zu bringen“. Durch Telemedizin sollen Experten beispielsweise kleinere Kliniken unterstützen. So könnten Spezialisten in die Behandlung eingebunden werden, ohne dass die Patienten lange Fahrzeiten auf sich nehmen müssten, hieß es. Die Versorgung müsse insgesamt effizienter werden, sagte der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Halle, Thomas Moesta.
Das Gutachten wird in den kommenden Wochen final abgeschlossen und soll unter Berücksichtigung der Krankenhausreform des Bundes die Grundlage für die weiteren Planungen im Land sein.






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