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RechnungshofÜberhöhte Zahlungen an Apotheken und Krankenhäuser

Das Bundesgesundheitsministerium hat nach einem neuen Bericht des Bundesrechnungshofs in der Corona-Krise zeitweise deutlich mehr an Apotheken und Krankenhäuser gezahlt als nötig. Der Bericht liegt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.

Intensivbetten
Sudok1/stock.adobe.com
Symbolfoto

Bei der Erstattung von Schutzmasken für Menschen mit Vorerkrankungen habe es „eine deutliche Überkompensation“ zugunsten der Apotheken gegeben, heißt es in dem Bericht der Rechnungsprüfer an den Haushaltsausschuss des Bundestags. Der Bericht liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Zuvor hatten die „Welt“ sowie „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR darüber berichtet.

Auf Basis einer Verordnung des Ministeriums von Ressortchef Jens Spahn (CDU) erhielten von Dezember bis April besonders vulnerable Personen jeweils 15 Schutzmasken von den Apotheken. „Alternative Vertriebswege prüfte es nicht“, bemängelten die Rechnungsprüfer.

Insgesamt kostete die Abgabe der Masken bis Anfang April 2,1 Milliarden Euro. „Nicht aufklären“ ließ sich laut dem Bericht dabei, wie Spahns Ministerium zum bezahlten Erstattungspreis von 6 Euro pro Maske kam. Eine „Überkompensation“ für die Apotheker dürfte nach Ansicht der Rechnungsprüfer auch noch der im Februar auf 3,90 Euro gesenkte Erstattungsbetrag gewesen sein. Bereits Ende Januar habe es zertifizierte FFP2-Masken für unter 1 Euro gegeben.

Das kritisierte Ministerium erläutert in seiner im Prüfbericht enthaltenen Stellungnahme, für die kostenfreie Abgabe der Masken habe es nach einem Beschluss einer Bund-Länder-Spitzenrunde vom November nur vier Wochen Zeit gegeben. Der Erstattungsbetrag sei auf eine Markterhebung zurückgegangen.

Werden Bettenzahlen künstlich gesenkt?

„Eine massive Überkompensation aus Steuermitteln“ habe es auch bei Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser gegeben, so der Bericht des Rechnungshofs. Im Rahmen des Rettungsschirms wurden 10,2 Milliarden Euro für verschobene Eingriffe ausgezahlt. Und auch die Zahlungen als Anreiz zur Schaffung neuer Intensivbetten wurde vom Rechnungshof bewertet. 2020 erhielten Krankenhäuser von den gesetzlichen Krankenkassen rund 1,3 Milliarden Euro mehr als 2019, obwohl die Betten um acht Prozent weniger ausgelastet waren.

Das Gesundheitsministerium räumt ein, von März bis Juli 2020 zu viel Geld ausgezahlt zu haben, wie die Tagesschau berichtet. Mittlerweile erhalten Kliniken nur noch Ausgleichszahlungen, wenn in einer Region die die Anzahl der freien Intensivbetten kleiner als 25 Prozent ist. Der Rechnungshof kritisiert die Vorgehensweise, da die Gefahr bestehe Bettenzahlen künstlich zu senken, um an Gelder zu gelangen.

Die DKG weist die Vorwürfe zurück

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) weist die nach dem Bericht des Bundesrechnungshofes erneut aufflammenden Vorwürfe, die Krankenhäuser hätten ungerechtfertigt und unangemessen von Ausgleichszahlungen profitiert, zurück.

Dazu erklärt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß: „Ausgleichzahlungen, Hilfen für den Aufbau von Intensivbetten und andere Leistungen waren während der Pandemie unverzichtbar, um die Krankenhäuser und das Gesundheitswesen in einer Ausnahmesituation trotzdem leistungsfähig zu halten. Das ist in Deutschland gelungen wie in wenigen anderen Ländern der Welt. Mit den Ausgleichszahlungen und den Hilfen für den Aufbau von Intensivbetten haben sich Krankenhäuser nicht bereichert. Vielmehr haben die Zahlungen verhindert, dass während der Pandemie Krankenhäuser schließen und Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt werden mussten.

Dass Betten freigehalten und Beatmungskapazitäten in der Anfangsphase der Pandemie massiv aufgebaut werden sollten, war politisch gewollt und richtig. Alle Maßnahmen geschahen unter hohem Zeitdruck und vor dem Hintergrund der schrecklichen Bilder aus Ländern, in denen die Behandlungs- und Beatmungskapazitäten nicht ausreichten und Menschen ohne adäquate medizinische Behandlung sterben mussten. Eine Priorisierung von Beatmungsplätzen für schwer kranke COVID-Patienten sollte in Deutschland um jeden Preis vermieden werden. Das damalige Handeln lässt sich nicht mit dem heutigen Wissen beurteilen. Dass viele neu geschaffene und freigehaltene Behandlungsplätze letztlich nicht gebraucht wurden, ist ein Glücksfall und war so nicht vorhersehbar.

Wer heute behauptet, Krankenhäuser hätten sich ungerechtfertigt an Ausgleichszahlungen bereichert, nährt Falschbehauptungen und verkennt die Ausnahmesituation, in der wir uns noch vor wenigen Monaten befunden haben. Das Finanzierungssystem der deutschen Krankenhäuser basiert im Wesentlichen auf leistungsabhängiger Vergütung. Fallen Leistungen z.B. durch notwendige Freihaltungen weg, müssen Kosten für den laufenden Betrieb trotzdem finanziert werden. Ohne Ausgleichszahlungen wären viele Kliniken daran gescheitert, diese Kosten zu refinanzieren. Das hätte zu einem weiteren Kliniksterben mitten in der Pandemie geführt.“

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