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BundestagWarum eine Notaufnahme-Gebühr das Problem nur verschiebt

Die Diskussion um eine Notaufnahme-Gebühr bricht nicht ab. Die Union fordert 20 Euro für jeden Notaufnahme-Besuch ohne Einweisung oder vorherige Telefon-Anamnese. Dafür erntet sie parteiübergreifend harsche Kritik.

Ein weißes Schild mit der Aufschrift: "Zentrale Notaufnahme"
Wellnhofer Designs/stock.adobe.com
Symbolfoto

Streit im Bundestag: Die CDU/CSU unterstützt mit ihrem Antrag den Vorschlag der Kassenärzte, eine Gebühr von 20 Euro für Patienten zu erheben, die ohne vorherige telefonische Ersteinschätzung in die Notaufnahme kommen. Nach Angaben des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) erntete die Union dafür breiten Widerspruch.

Patientenschützer und Gesundheitsexperten anderer Parteien bezeichneten den Ruf nach der Gebühr als „reine Polemik“ und naiv. Bereits Mitte April hatte Kassenärzte-Chef Andreas Gassen eine ähnliche Forderung erhoben, um die Notaufnahmen zu entlasten. Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) hatte dem Vorstoß damals eine Absage erteilt.

Gebühr verschiebe Problemsituation nur

Laut dem Bundesantrag der CSU/CDU sollen Patienten, die nicht mit dem Rettungsdienst gebracht werden oder keine ärztliche Einweisung haben, verpflichtet werden, den Notruf 112 oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter 116117 anzurufen. Per Telefon soll dann eine Ersteinschätzung vorgenommen werden und gegebenenfalls einen Termin für die Notaufnahme vergeben werden. Wer direkt in die Notaufnahme geht, solle 20 Euro zahlen. CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger sagte dem RND: „Wir wollen in Deutschland ein ähnliches Modell wie in Dänemark einführen, um dafür zu sorgen, dass in den Notaufnahmen echte Notfälle schnell behandelt werden und diese nicht weiter von Patienten mit Lappalien verstopft werden.“

Einen massenhaften Missbrauch der Notaufnahmen in deutschen Kliniken gibt es faktisch nicht.


Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der dpa: „Einen massenhaften Missbrauch der Notaufnahmen in deutschen Kliniken gibt es faktisch nicht. Deshalb ist die Forderung nach einer Strafgebühr reine Polemik und lenkt von den hausgemachten Problemen bei den niedergelassenen Ärzten ab.“ Denn oft landeten Patienten dort in Warteschleifen, ohne am Ende mit jemanden sprechen zu können – oder es sei besetzt. Dort müsse man nach Bryschs Ansicht ansetzen.

Aufwand stünde in keinem Verhältnis zu etwaigem Nutzen

Grünen-Politiker Janosch Dahmen hielt der Union vor, zu ihrer Regierungszeit eine Reform der Notfallversorgung und des Rettungsdienstes versäumt zu haben. „Menschen mit akutem medizinischem Problem müssen sich unabhängig vom Geldbeutel jederzeit auf Hilfe in Notaufnahmen verlassen können“, sagte er. Dahmen verwies darauf, dass eine Reform der Notfallversorgung geplant sei. FDP-Politiker Andrew Ullmann ergänzte: „Wir haben keine einheitliche Definition eines Notfalls. Deshalb wäre es mit einem unsäglichen bürokratischen Aufwand verbunden, in bestimmten Fällen 20 Euro als Gebühr zu beantragen.“

Was eine Strafgebühr tatsächlich bringt, haben wir ja bei der Praxisgebühr gesehen.


Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler nannte den Unions-Vorstoß für eine Notaufnahmegebühr komplett unsinnig und unsozial. „Was eine Strafgebühr tatsächlich bringt, haben wir ja bei der Praxisgebühr gesehen. Die 10 Euro, die Patientinnen und Patienten aus eigener Tasche zahlen mussten, sollten ja auch die Zahl der Arztbesuche verringern. Was die Gebühr stattdessen gebracht hat, war enormer Verwaltungsaufwand für die Praxen und eine Hürde für Menschen mit niedrigen Einkommen, die ohnehin auf jeden Euro schauen müssen.“ Auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) lehnt eine Notaufnahme-Gebühr ab. Auch er fürchte unter anderem einen hohen Bürokratieaufwand wie einst bei der Praxisgebühr.

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