
Für die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) sei es eine Fehlentwicklung, die DKG sieht hingegen eine Erfolgsgeschichte. Es geht um Brustkrebsoperationen und die Versorgung von Patienten mit akutem Herzinfarkt. „Nach wie vor werden viel zu viele Patientinnen und Patienten in Kliniken behandelt, die technisch und personell nicht adäquat dafür ausgestattet sind“, sagte die Chefin des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, am 24. April. Eine qualitätsorientierte Konzentration von Krankenhausleistungen in Verbindung mit einem vernünftigen Finanzierungssystem werde daher dringend benötigt. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) dringen auf eine stärkere Spezialisierung der Versorgung mit der geplanten Krankenhausreform.
Laut aktuellem Krankenhausreport des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (Wido) wurden 2022 zum Beispiel bei Brustkrebs in 95 an der Versorgung beteiligten Krankenhäusern weniger als 25 Fälle operiert. Das bedeute, dass etwa alle zwei Wochen ein solcher Eingriff gemacht worden sei. Bei solchen Fallzahlen könne man nicht davon ausgehen, dass es dort ein routiniertes Behandlungsteam oder eingespielte Prozessketten gebe. Regional gebe es deutliche Unterschiede. So habe in Sachsen-Anhalt 2022 jede vierte Brustkrebs-OP in einer nicht speziell zertifizierten Klinik stattgefunden, in Berlin seien dies nur 0,2 Prozent gewesen.
Eine 2024 neu eingeführte Mindestmenge für Brustkrebs-OPs werde sicherlich Fortschritte bringen, erläuterte das Institut. Der Konzentrationsprozess müsse aber gerade bei Krebsbehandlungen dringend beschleunigt werden.
Wido-Report erntet scharfe Kritik von der DKG
„Das AOK-eigene Wido hat wieder einmal die Qualität der Krankenhausbehandlung untersucht und neben vielen positiven Entwicklungen auch zwei Beispiele für „eklatante Fehlentwicklungen“ besonders identifiziert: Brustkrebsoperationen und die Versorgung des akuten Herzinfarktes“, sagt DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß.
Beim Thema Brustkrebsbehandlung bemängeln die AOK-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler anhand der Leistungszahlen aus 2022, dass 18 Prozent der Krankenhäuser, die an der Brustkrebsbehandlung beteiligt sind, weniger als 25 Fälle pro Jahr nachweisen können und somit unter die Gelegenheitsversorgung fallen. Auch seien gerade diese Krankenhausstandorte mit relativ geringen Fallzahlen nicht als Brustkrebsversorger zertifiziert.
Die Sorge der AOK, dass das identifizierte Brustkrebsproblem erst in 20 Jahren gelöst sein wird, ist also unbegründet.
Das Problem sei aber gelöst, denn seit 2024 gilt die vom G-BA verabschiedete Mindestmenge von 50 Brustkrebsoperationen, die im nächsten Jahr sogar auf 100 steigen wird. Es werde also schon in diesem Jahr keine Krankenhausstandorte mit Gelegenheitsversorgung mehr geben, und nach allen Regeln der Mathematik würden spätestens ab dem kommenden Jahr Brustkrebsoperationen auch nur noch an dafür zertifizierten Krankenhausstandorten stattfinden, erläutert Gass. Die Sorge der AOK, dass das identifizierte Brustkrebsproblem erst in 20 Jahren gelöst sein wird, sei also unbegründet.
Für AOK Fehlentwicklung – für DKG Erfolgsgeschichte
„Die gute Botschaft – auch die zweite so bezeichnete Fehlentwicklung ist in der Realität eine Erfolgsgeschichte“, sagt Gaß. Denn bei der Herzinfarktversorgung bemängele das Wido, dass von den rund 191 000 Fällen im Jahr 2022 gerade einmal 9 400 oder 4,9 Prozent nicht optimal versorgt worden seien, weil sie an Krankenhäusern ohne Herzkatheterlabor behandelt wurden.
Abgesehen davon, dass auch das Wido erkenne, dass sich die Rate innerhalb der letzten Jahre kontinuierlich verringert habe, scheitere das Wissenschaftliche Institut der AOK an der Realität der Versorgung. Nicht jeder Herzinfarkt ist selbst von einem hochqualifizierten Rettungsdienst sofort als solcher zu erkennen. In einigen Fällen (unter 5 Prozent) steuere dieser dann die nächstgelegene Notaufnahme ohne Katheterlabor an. Die Wido-Statistik zeige vielmehr den erfreulichen Umstand, dass mehr als 95 Prozent der Herzinfarktpatientinnen und -patienten in einem Krankenhaus mit Katheterlabor behandelt werden. Das zeige, dass der Rettungsdienst gut funktioniert, und ganz richtig merke das AOK-Institut auch an, dass es in Deutschland keinen Mangel an Kliniken mit Katheterlabor gibt.
Wer glaubt, dass man eine Quote von 95 Prozent richtig zugewiesener Notfälle noch deutlich steigern kann und es sich deshalb um eine „eklatante Fehlentwicklung“ handelt, der glaubt auch, dass alle Gesundheitswissenschaftler, vor allem die eigenen, immer zu 100 Prozent richtig liegen.
„Wer glaubt, dass man eine Quote von 95 Prozent richtig zugewiesener Notfälle noch deutlich steigern kann und es sich deshalb um eine „eklatante Fehlentwicklung“ handelt, der glaubt auch, dass alle Gesundheitswissenschaftler, vor allem die eigenen, immer zu 100 Prozent richtig liegen“, sagt Gaß.
Angesprochene regionale Unterschiede in der Versorgung hingen nach DKG-Angaben natürlich auch mit den Möglichkeiten der Regionen zusammen. Wer die Daten aus Hamburg und Berlin mit denen aus dem Saarland oder Sachsen-Anhalt vergleicht, müsse – wenn er wissenschaftlich glaubwürdig bleiben möchte – auch etwas mehr Interpretation liefern als nur die schlichte Botschaft, in den Stadtstaaten laufe es besser.
Deutschland sei auf einem sehr guten Weg, die Qualität der Patientenversorgung kontinuierlich weiterzuentwickeln. „Das zeigen erfreulicherweise die Daten der externen Qualitätssicherung“, so Gass. Er plädierte dafür, gemeinsam weiterzuarbeiten.





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