Wird One Medical fallengelassen?
Wachstum und Entwicklung von One Medical sei überdies extrem abhängig vom B2B – Geschäft. Ähnlich wie Amazon Care arbeitet auch One Medical mit mehr als 8000 Firmen zusammen, die über Verträge Versorgungsanwartschaften für ihre Mitarbeiter finanzieren. Es sei vor diesem Hintergrund fraglich, wie lange Amazon bei ausbleibendem Erfolg Geduld mit der neuen Konzerntochter haben und an ihr festhalten werde.
„Lange“, erwartet dagegen Volker Penter, Partner bei BDO Deutschland und verantwortlich für den Bereich Healthcare. Immerhin bezahlte der Versandriese 3,9 Milliarden Dollar für ein Unternehmen, das bei einem Jahresumsatz von zuletzt 623 Millionen Dollar mehr als 240 Millionen Dollar Verlust gemacht hatte. Diese Ausgabe rentiere sich nur, wenn die Neuerwerbung perfekt zur Strategie passt.
Mit dem Versprechen, Versorgungsprozesse zu modernisieren, sei es Amazon vermutlich sehr ernst, betont Penter und verweist auch auf den Kauf der US-Versandapotheke Pillpack im Jahr 2018. Gut 770 Millionen Dollar hatte Amazon für die US-Version von Doc Morris ausgegeben. Nun werde es möglich, die verschiedenen Angebote zusammen zu führen: digitale Verschreibungen, Medikamentenversand und schließlich die häusliche Pflege. Quasi eine geschlossene Wertschöpfungskette. „Amazon zielt auf den digitalen Markt mit Lösungen für Logistik-Probleme und Personalknappheit“, unterstreicht Timo Kirchbach von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Weitere Wachstumsfelder von Interesse seien die ambulante Versorgung und der Selbstzahler-Markt.
Vorerst keine Expansionsversuche in Richtung Europa?
Auch für Signify will Amazon offensichtlich tief in die Tasche greifen. Gebote von bis zu acht Milliarden Dollar werden erwartet. Die Börsenkapitalisierung des Pflegevermittlers beträgt aktuell rund 4,9 Millliarden US-Dollar. Einmal mehr ein strategischer Preis also. „Das unterstreicht das hohe Interesse am Gesundheitsmarkt,“ betont BDO-Experte Penter.
Allerdings erwartet er für die mittelbare Zukunft keine Expansionsversuche in Richtung Europa. Vor allem das hoch regulierte und kleinteilige Gesundheitswesen schrecke die Amazon-Strategen vermutlich eher ab, erwartet Penter.
Das sieht die Deutsche Bank ähnlich: Nach unserer Einschätzung, hat Amazon vor allem in wenig regulierten und fragmentierten Märkten Erfolg. Märkte, in welchen eine direkte Kundenansprache Vorteile bringt, Convenience- Märkte. Interessant sind Produkte, bei denen Impulskäufe wichtig sind und die Möglichkeit bieten, Angebote zu vergleichen und in denen die effiziente Organisation von Nachschub- und Fertigungsketten hohe Profitabilitätsreserven versprechen, so die Analyse der Deutschen Bank.
Expansionsversuche in Richtung Europa erwarten Unternehmenskenner noch für eine ganze Weile nicht. Vor allem das hoch regulierte und kleinteilige deutsche Gesundheitswesen schrecke die Amazon-Strategen vermutlich eher ab, erwartet BDO-Experte Penter.





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