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Klinikberatung
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PersonalabteilungenRaus aus der Jammerecke!

Personalentwicklung ist für Kliniken existenziell, doch in jedem zweiten Haus sind Personaler vor allem mit Verwalten beschäftigt. Das muss sich ändern, meint ein auf Kliniken spezialisierter Think-Tank des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU).

Schreibtisch mit Papierbergen
Fotolia (Yarochkin)
In Verwaltungsaufgaben erstickt: Für Personalentwicklung bleibt oft wenig Zeit

Wir brauchen keine schnelle Lösung, sondern einen Plan“, so Altbundeskanzler Schröder in der Flüchtlingsfrage am Jahrestag der deutsch-asiatischen Wirtschaft 2016. Das Gleiche gilt für die personalintensive Dienstleistungsbranche Gesundheitswesen. Wie dringend ein solcher Pan ist zeigen zwei Beispiele aus unserer Praxis.

Keine Zeit fürs Wesentliche

Wilfried Wilken* ist Personalsachbearbeiter eines städtischen Rehabilitationsbetriebs in Baden-Württemberg. 180 Vollzeit- und Teilzeitmitarbeiter, Minijobber und Praktikanten verwaltet er, außerdem kümmert er sich um die Personalsuche, schaltete Anzeigen in Zeitungen und online, führt Erstvorstellungsgespräche, bereitet Verträge für die Personalvertretung und den Betriebsleiter vor, stellt Bescheinigungen aus, hört sich die Sorgen von Mitarbeitern an, stellt die Kostenpositionen Personal für den Wirtschaftsplan auf, überwacht die Überstundenentwicklung – ach, ja: Auch das Zeiterfassungssystem fällt in seinen Aufgabenbereich. Wilfried Wilken würde sich gern mehr um die Entwicklung der Mitarbeiter kümmern. Wer braucht dringend eine Fortbildung und hat sich bisher vielleicht noch nicht nach vorn gedrängt? Wer sollte ein Führungsseminar besuchen? Wie sieht es mit einer Jobrotation in einigen wichtigen Abteilungen aus?

Im BDU sind über 500 Unternehmen aus der Management- und IT-Beratungsbranche organisiert. Der Verband ist nach eigenen Aussagen einer der weltweit größten Wirtschafts- und Berufsverbände für Unternehmensberater.

Alleingelassen von IT und Controlling

Aber Wilhelm Wilken ist allein, nur gelegentlich hat er eine Praktikantin; seine Überstunden stapeln sich so wie die diversen Papierstapel auf seinem Schreibtisch. Sein Chef, ein umgeschulter Zeitsoldat, kennt die Besonderheiten der Gesundheitsbranche nicht und hat genug mit den anderen städtischen Mitarbeitern zu tun. Die IT-Abteilung fühlt sich für die Anwendersoftware-Programme nicht zuständig und schon gar nicht für die Zeiterfassungssoftware. Sie ist alleine für die Netz- und Servertechnik da. Das Controlling liefert keine Personalkennzahlen, weil sie andere Prioritäten setzt. Jetzt hat Wilfried Wilken erst einmal eine Kur beantragt, aber nicht im eigenen Haus.

Gelegentliche Supervision soll’s regeln

Nicht viel besser ergeht es Elenore Schiefer*, Personalsachbearbeiterin in einem 500-Betten-Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen. Sie hat vier Kollegen, davon ist eine die Personalleiterin und eine andere eine Halbtagskraft. Zusammen versucht das kleine Team circa 1.800 Mitarbeiter zu managen. Mehr als Verwalten und Fristen einhalten ist nicht drin. Das Telefonklingelt durch oder wird umgeleitet. Elenore Schiefer würde gern wechseln, aber sie ist schon über 50 und ihr Anliegen, Mitarbeiter wirklich zu fördern und fordern, wird auch von anderen Trägern, bei denen sie sich bewirbt, nicht ernst genommen. „Wenn es ein Problem gibt, dann kaufen wir für ein paar Tage eine Supervision ein“, so der routinierte Tenor auch anderswo. Auch auf die Klinikchefs als Förderer wird gern verwiesen.

60% ihrer Arbeitszeit sollten Personalmitarbeiter mit der Erarbeitung, Einführung und Begleitung wichtiger personalwirtschaftlicher Instrumente und Methoden verbringen. (Quelle: BDU)

Wilfried Wilken und Elenore Schiefer sind keine Einzelfälle. Schaut man sich die verfügbaren Benchmarks an, wird ihre Erfahrung untermauert. Noch immer fließen 70 bis 80 Prozent der Ressourcen einer Personalabteilung in administrative Tätigkeiten. So bleiben lediglich 20 bis 30 Prozent für die wertschöpfenden Human- Ressource-Themen übrig. Künftig sollten Personalabteilungen unter 40 Prozent Ihrer Arbeitszeit mit administrativen Aufgaben verbringen. Die restliche Zeit dient der Erarbeitung, Einführung und Begleitung wichtiger personalwirtschaftlicher Instrumente und Methoden, die insbesondere Führungskräfte in Krankenhäusern – wie Verwaltungs- und Stationsleitungen, Ober- und Chefärzte – in die Lage versetzen, ihrer Führungsaufgabe nachzukommen. Diese sinnvolle und dringend nötige Erweiterung der Aufgabenschwerpunkte von Personalabteilungen stellt Krankenhäuser vor große Herausforderungen. Denn oft fehlt für diese qualitativen Themen das notwendige Know-how. Gewinnen können sie dieses durch die Rekrutierung geeigneter Mitarbeiter, aber auch durch externe Berater. Diese können bei der Einführung und beim Aufbau notwendiger Konzepte, Methoden und Instrumente unterstützen. Letztlich müssen aber die Personalabteilungen als Sparringpartner der Führungsebene die Nachhaltigkeit und Wirksamkeit sicherstellen.

Das mühsame und oft doppelte oder Dreifache Befüllen von Excel-Listen ist in vielen Personalabteilungen der Krankenhäuser noch gang und gebe.

Ein entscheidender Schritt ist die konsequente Optimierung und Automatisierung der administrativen Prozesse wie Bewerbermanagement, Einstellung, Dienstplanung und Abrechnung. Wichtig sind intuitiv gestaltete Arbeitsprozesse, die durch passende IT-Systeme und -Werkzeuge unterstützt werden. Das senkt den Aufwand erheblich und lässt nennenswerte Freiräume entstehen. Hier gibt es große Potenziale, denn der Automatisierungsgrad in den administrativen Tätigkeiten ist noch immer sehr gering. Das mühsame und oft doppelte oder Dreifache Befüllen von Excel-Listen ist in vielen Personalabteilungen der Krankenhäuser noch gang und gebe. Außerdem sollte klar definiert werden, welche verwaltenden Aufgaben in den Zuständigkeitsbereich der Personalabteilung fallen und welche die Führungskräfte in den Abteilungen übernehmen sollten. Die Formulierung von sogenannten Service-Level-Agreements (SLAs), wie sie in der Privatwirtschaft längst üblich sind, wäre ein erster wichtiger Schritt. Denn sie bedeuten eine klare Abstimmung darüber, welche Leistungen die Personalabteilung und welche auf der anderen Seite die Mitarbeiter beziehungsweise Führungskräfte oder die Klinikleitung übernehmen.

*Namen von der Redaktion geändert

  

Dieser Artikel erschien im kma report beratung 2016.

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