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Themenwelt MEDICA

OP-MonitoreBunter, schärfer, klarer

Chirurgen bietet die 4K UHD-Technik im OP diverse Vorteile. Der Detailreichtum und die Bildschärfe der Monitore schaffen das Gefühl einer räumlichen Tiefe und erleichtern den Medizinern die Orientierung. Die Datenfülle allerdings macht noch Probleme.

Die Technik ist schon aus dem Kino bekannt. Seit etwa einem Jahr sorgt der 4K UHD-Standard auch in Operationssälen für extrem hochauflösende, gestochen scharfe Bilder und begeistert die Chirurgen mit einer bisher unerreichten Farbtreue. Mit Sony/Olympus, Panasonic, das die Sparte inzwischen an Eizo verkauft hat, Barco sowie Arthrex haben gleich vier Hersteller OP-Monitore und komplette Systeme mit dem 4K UHD-Standard für die endoskopische Chirurgie auf den Markt gebracht. Inzwischen verfügen erste Kliniken über genügend Erfahrung mit der neuen Technik, um ihre Vor- und Nachteile, auch gegenüber dem konkurrierenden 3D-Verfahren, zu beurteilen. Die bislang größte und modernste 4K UHD-Installation Deutschlands ist Mitte September in Hamburg in Betrieb gegangen. Der 30 Millionen Euro teure neue OP-Trakt der As-klepios Klinik Wandsbek verfügt über die beiden ersten vollintegrierten „4K-OPs“ mit zentraler Gerätesteuerung. Über einen Touchscreen steuern die Operateure und ihr Team alle Geräte und Abläufe im OP von der Beleuchtung bis zur Patientenlagerung. Über die 4K UHD-Monitore können alle das OP-Geschehen jederzeit verfolgen. Das sei ein großer Vorteil gegenüber 3D-Systemen, sagt der Chirurg Thomas Mansfeld: „Die 4K-Monitore liefern aus jedem Winkel eine perfekte Bildqualität, der größere Farbraum und die umschaltbaren Lichtquellen ermöglichen eine viel bessere Differenzierung der Gewebe, Blutgefäße und anderer Strukturen als herkömmliche Systeme.“ Auch wenn 4K UHD eigentlich keine 3D-Technik sei, bekomme der Betrachter durch den Detailreichtum und die Bildschärfe dennoch das Gefühl einer räumlichen Tiefe. Das erleichtere den Chirurgen die Orientierung, sagt Mansfeld. Zudem verbessere sich vor allem bei aufwendigen Operationen, zum Beispiel in der Tumorchirurgie, das medizinische Ergebnis.

Gestochen scharf aus jedem Winkel

In Rothenburg ob der Tauber arbeitet der Chirurg Jörn Maroske bereits seit November 2015 mit dem Olympus-System Visera 4K UHD. Dass er sich nach dem Test beider Systeme gegen die 3D-Technik und für 4K UHD entschied, hatte sowohl praktische als auch finanzielle Gründe: „Mit 4K benötigen wir keine Brillen und haben aus jedem Winkel und in jedem Abstand ein gestochen scharfes Bild.“ Bei 3D dagegen werde der Monitor auf den Operateur ausgerichtet, weshalb kleinere oder größere Assistenten eine deutlich schlechtere Sicht hätten. „Außerdem können wir neben den neuen 4K-Optiken unsere alten Optiken und Instrumente weiterverwenden und müssen nicht alles neu anschaffen“, sagt Maroske. Da 3D-Optiken obendrein um ein Vielfaches teurer seien als ihre 4K-Pendants, sei 4K auch wirtschaftlich sinnvoller.

Mit sechs bis zehn Operationen pro Tag sei das 4K UHD-System inzwischen ständig im Einsatz, erklärt der Chirurg: „Den HD-Turm nutzen wir nur noch, wenn der andere nicht frei ist.“ Zu groß seien die Vorteile der neuen Technik. „Man operiert sicherer und schneller und kann Schichten und einzelne Strukturen besser abgrenzen. Da sie auch die dritte Dimension besser erfassen können, lassen sich neue Kollegen deutlich schneller einarbeiten.“ Vor allem bei aufwendigeren Operationen im Bauchraum oder Brustkorb spiele die 4K UHD-Darstellung ihre Vorteile aus. Sie ermögliche gezieltere Biopsien und sichereres Operieren, sagt Maroske. Das sei wiederum auch ein wirtschaftlicher Vorteil, der die Mehrkosten bei der Anschaffung relativiere.

Tiefer Zoom ins Operationsfeld

Das Interesse der Kunden an der neuen Technik sei groß, berichtet Meike Hein, Produktmanagerin Imaging bei Olympus. Insbesondere der große 55-Zoll-Monitor, der ohne Mindestabstand sehr feine Strukturen sichtbar macht, komme sehr gut an. Inzwischen setzten zahlreiche Kliniken das Sony/Olympus-System ein, das vom Kamerakopf über den Prozessor bis zu den Monitoren komplett auf 4K UHD ausgelegt ist (Listenpreis 70.000 Euro). Mittlerweile seien die UHD-Optiken durch den Einsatz von ED-Glas noch weiter optimiert worden, betont Hein. Das ermögliche noch brillantere, reflexionsfreie Bilder.

Auch Christoph Arens, HNO-Chefarzt der Uniklinik Magdeburg, ist von 4K UHD überzeugt. Wie Jörn Maroske in Rothenburg ob der Tauber gehört er zu den ersten Ärzten weltweit, die mit dieser Technik operieren: „Die Bildqualität ist deutlich besser. Wir können wir uns tief in das Operationsfeld hineinzoomen, und der Autofokus erleichtert dem Operateur die Arbeit deutlich.“ Den großen Monitor an der Wand schätzt auch Arens: „Der ist vor allem bei interdisziplinären Operationen mit den Neurochirurgen sehr hilfreich, da alle Assistenten den Eingriff am Bildschirm verfolgen können.“ Vor allem bei der Suche nach bösartigen Tumoren profitiert Arens von der höheren Auflösung in Verbindung mit der besseren Kontrastierung des sogenannten Narrow Band Imaging (NBI): „Wir achten besonders auf Veränderungen von Gefäßen sowie Kontrast- und Volumenänderungen des Gewebes. Das sind Zeichen für ein Karzinom.“ Auch wenn die Diagnose immer noch durch die feingewebliche Untersuchung einer Biopsie gesichert werden muss, erlaubt die 4K UHD-Technik bereits eine sehr gute Beurteilung und gezielte Entnahme des verdächtigen Gewebes. Das erspare vielen Patienten unnötige Biopsien und den Ärzten viel Zeit. Ein Problem seien bisher aber die enormen Datenmengen der hochauflösenden Videos. Wer Operationen aufzeichnen möchte, hat ein Problem: 4K-Rekorder sind nicht von vornherein vorgesehen und kosten laut Christoph Arens noch einmal rund 20.000 Euro extra. Da auch die Anbindung an ein bestehendes Bildarchivierungssystem PACS meist illusorisch sei, werde ein Zugriff auf ältere Befunde problematisch. Er selbst zeichne seine Eingriffe deshalb zwar in 4K auf, übertrage die Videos aber im HD-Format ins System.

Spürbar geringere Gesamtkosten

Dass die Aufnahmemedien der Datenfülle neuer Bildquellen hinterherlaufen, sei völlig normal, erklärt Meike Hein von Olympus: „Das war bei HD so, bei 3D – und es ist nun auch bei 4K so. Am Anfang der Entwicklung steht immer das Ausgangssignal, danach wird weiter entwickelt, wie man mit den Signalen und Datenmengen umgehen kann.“ Es sei also nur eine Frage der Zeit, bis geeignete Rekorder zu marktgerechten Preisen zur Verfügung stünden. Das Problem der großen Datenmengen beschäftigt die Hersteller auch an anderer Stelle: Mit dem IP-gestützten System „Synergy Matrix“ bietet Arthrex erstmals die Möglichkeit, ein unkomprimiertes 4K/UHD-Bild per Glasfaserkabel auf verschiedene Geräte im OP zu verteilen. Aufgrund der netzwerkbasierten Architektur sei das System herstellerunabhängig offen für alle vorhandenen und zukünftigen Technologien, erklärt Sales-Manager Steven Morse von Arthrex. Kameras, Monitore und AV-Zubehör werden über Encoder und Decoder in die Matrix integriert und stehen anschließend ohne weitere Konfigurierung im Netzwerk zur Verfügung. Die Einsparungen durch die schnellere Installation und unkomplizierte Instandhaltung führten gegenüber herkömmlichen AV-Systemen zu spürbar geringeren Gesamtkosten, auch wenn das Material initial etwa 10 bis 15 Prozent teurer sei, sagt Morse. Wie das gesamte SynergyUHD4-System von Arthrex kann das OP-Team auch die Synergy Matrix per Tablet steuern.

„Die 4K UHD-Technik wird in den nächsten Jahren in der Fläche eingesetzt werden – aber nicht flächendeckend“, ist sich Christoph U. Herborn, Medizinischer Direktor der Asklepios Kliniken, sicher. In allen großen OP-Zentren würden einzelne Säle für ausgewählte Eingriffe in der Knochen- und Weichteilchirurgie mit 4K UHD ausgestattet, so Herborn: „Insbesondere unter beengten anatomischen Bedingungen in der Abdominalchirurgie im kleinen Becken oder bei adipösen Patienten ist die exzellente Vergrößerung des OP-Situs mit 4K UHD ein großer Vorteil.“ Für einen sporadischen Einsatz sei die Ausstattung schlicht zu aufwendig.

Auf längere Sicht gehe an der schrittweisen Einführung von 4K UHD in der Medizin kein Weg vorbei, erwartet Herborn. Schließlich sei bei zunehmender Verbreitung auch mit einer Kostenanpassung zu rechnen, sodass eine stufenweise Umrüstung der Systeme denkbar sei.   

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