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Innovationsfondsprojekt CardiolotseBessere poststationäre Weiterbehandlung für kardiologischen Erkrankungen

Die Umsetzung der Integrierten Versorgung im Sinne des Patienten ist bisher in Deutschland eine große Herausforderung, die es durch innovative Konzepte zu lösen gilt. In Berlin ist 2018 ein sehr interessantes Innovationsfondsprojekt zu diesem Thema angelaufen: das Projekt Cardiolotse.

Herzschlag
pixabay
Symbolfoto

Im Projekt etablieren die AOK Nordost (Konsortialführer), die Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH Berlin und die Ludwig-Maximilians-Universität-München seit 2018 gemeinsam ein Versorgungsmodell. Thema ist dabei die Versorgung von kardiologischen Patienten durch sogenannte Cardiolotsen im Nachgang zu einem stationären Aufenthalt. Das Projekt wird von der DGIV voll inhaltlich unterstützt und im Erweiterten Lenkungsgremium in regelmäßigen Sitzungen begleitet.

Was genau wird untersucht?

Mit Fördermitteln der Bundesregierung im Rahmen des Innovationsfonds wird untersucht, ob eine neue Form der persönlichen ambulanten Nachbetreuung von Patienten, die mit bestimmten Herzerkrankungen (Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkte, Herzinsuffizienz) in einer Klinik behandelt wurden, die Versorgungsqualität der Patienten insgesamt verbessern kann. Ziel des Projektes ist dabei, die Versorgungslücke in der Betreuung von kardiologischen Patienten beim Übergang aus der stationären in die ambulante Behandlung zu schließen.

Es soll geprüft werden, ob der Einsatz eines Cardiolotsen die Sterblichkeit verringert und ob weniger stationäre Wiederaufnahmen innerhalb des ersten Jahres nach Klinikaufenthalt notwendig sind. Jedoch werden auch andere Parameter mittels standardisierter Verfahren ausgewertet, wie z. B. Veränderungen in der Lebensqualität der Patienten. Berücksichtigt werden ausdrücklich alle Patienten unabhängig ihrer individuellen Gegebenheiten (insbesondere Herkunft, Gesundheitskompetenz, sozialer Status). Wo es möglich ist, werden nicht deutschsprachige Patienten auch in ihrer Muttersprache betreut.

Umsetzung des Projekts

Im Rahmen des Projektes begleiten die Cardiolotsen Versicherte der AOK Nordost, welche stationär aufgrund der festgelegten kardiologischen Diagnosen in einem Vivantes-Klinikum in Berlin behandelt wurden. Die Cardiolotsen sind während des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung für mindestens ein Jahr nach der Entlassung für die Patienten zuständig. Nicht alle Patienten finden sich im „Dschungel“ des ebenso umfangreichen wie hochqualitativen ambulanten Behandlungsangebotes in Deutschland gleichermaßen zurecht.

Gerade ältere Mitbürger verfügen oft über wenig Erfahrung beispielsweise in der Informationsgewinnung durch die Nutzung von Medien wie dem Internet (z. B. Suchmaschinen oder Gesundheitsinformationsseiten) und können daher mit der Wahrnehmung empfohlener Behandlungsmaßnahmen überfordert sein. Auch eine Sprachbarriere kann ursächlich dafür sein, wenn Patienten solche Angebote nicht wahrnehmen. Hier will der Cardiolotse ansetzen.

Konkret erfolgt während des stationären Aufenthaltes eine persönliche und danach eine strukturierte telefonische Begleitung und Betreuung der Patienten. Die Betreuung durch einen Cardiolotsen bietet vor allem organisatorische Unterstützung (siehe Kasten). Gleichzeitig steht dem Patienten mit dem Cardiolotsen ein Ansprechpartner für alle Fragen rund um seine kardiologische Erkrankung und deren Therapie zur Verfügung. Langfristiges Ziel ist es, das Berufsbild eines Patientenlotsen sowohl fachübergreifend als auch bundesweit zu etablieren.

Langfristiges Ziel: Cardiolotsen in Regelversorgung überführen

Zu diesem Zweck erfolgt eine gesundheitsökonomische Auswertung des Projektes durch den Bereich Health Service Management der Ludwig-Maximilians-Universität München.Seit Januar 2019 werden AOK Nordost versicherte Patienten an acht Vivantes Standorten in Berlin von Cardiolotsen betreut. Die ersten Telefonkontakte nach Entlassung wurden bereits erfolgreich durchgeführt. Insgesamt wird die Betreuung durch den Cardiolotsen von den betroffenen Patienten als sehr positiv erlebt und gut angenommen.

Die Projektpartner sind sehr hoffnungsvoll, dass dieses Projekt ein Musterbeispiel dafür sein kann, wie man alle beteiligten Behandler in der Gesundheitsversorgung so zusammenführt, dass die Kommunikation zum Patienten auch beim Wechsel vom stationären in den ambulanten Sektor nicht abreißt und der Patient sich zu keinem Zeitpunkt alleine im Dschungel der ambulanten Versorgung fühlt, so dass er selbstbestimmt genau die Angebote wahrnehmen kann, von denen er persönlich profitiert und er gleichzeitig zum Experten für seine eigene Erkrankung wird.

Langfristiges Ziel sollte es sein, bei einer positiven Evaluation, die Betreuung durch die Cardiolotsen in die Regelversorgung zu überführen, um so kardiologischen Patienten die bestmögliche Unterstützung und Betreuung zukommen zu lassen und gleichzeitig Kosten durch unnötige Wiederaufnahmen in der Klinik zu vermeiden.

DGIV e.V.

Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. (DGIV) ist ein deutschlandweit agierender Verein mit der Zielsetzung, die Integrierte Versorgung in der medizi-nischen, pflegerischen und sozialen Betreuung als Regelfall durchzusetzen. Die DGIV wurde am 26. September 2003 in Berlin gegründet. Ziel der Gründungsmitglieder war es, die Integrierte Versorgung als alternative Versorgungsform zur damaligen Regelversorgung zu entwickeln und letztendlich durchzusetzen.