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CoronaSektorale Grenzen überwinden

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Auch wenn wohl nicht mehr geklärt werden kann, ob dieser berühmte Satz dem Altbundeskanzler Österreichs Frank Vranitzky oder Deutschlands Helmut Schmidt zugeschrieben werden darf – nie war dieses Bonmot anachronistischer als in der Corona-Krise.

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AdobeStock/Monster Ztudio
Symbolfoto

Was wurde nicht schon alles über und im Zusammenhang mit Corona gesagt oder geschrieben? Fast alles, möchte man meinen. Übrigens auch, dass man über Corona am liebsten nichts mehr hören oder lesen möchte.

Das hat nicht nur etwas mit Selbstschutz zu tun, sondern ist auch eine Gegenreaktion auf das vermeintlich Allbeherrschende an dieser Krise. Vieles muss dahinter zurücktreten, kaum einen kann man noch an alten Versprechungen und Vorhaben festhalten – jetzt ist doch Krise, da muss man doch für vieles mehr als sonst Verständnis haben. Auch in der Politik abseits von Corona, oder?

Im Prinzip ja. Die Corona-Krise kann in Deutschland zur größten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg werden. Das ist eine riesige Herausforderung für die Menschen, Strukturen und Organisationen in unserer Gesellschaft. Übrigens auch für die DGIV, die sich – wie so viele andere – bereits von vielen Veranstaltungsvorhaben in ihrer Jahresplanung verabschieden musste.

Aber dennoch, und vielleicht gerade weil das so ist: In einer Krise müssen Kräfte zu deren Überwindung freigemacht werden. Dazu braucht es Hoffnung, Zuversicht und Tatendrang, aber vor allem anderen auch Zielstellungen und Konzeptionen.

Verbesserungspotenziale ausschöpfen

Deshalb gibt es auch auf unser Gesundheitswesen unterschiedliche Sichtweisen. Auf der einen Seite ist der Blick auf die gesundheitliche Auseinandersetzung mit der viralen Gefahr Covid-19 gerichtet – von der Prävention über Diagnose und Therapie bis zur Altenpflege. Auf der anderen Seite wird der Gesundheitsbereich als größter Teil unserer Volkswirtschaft und mit seiner bekanntermaßen großen Abhängigkeit von öffentlichen Mitteln jetzt so stark und intensiv wie noch nie auf die Verbesserung der Effizienz und Effektivität der Versorgung hin überprüft werden müssen. Das, was man sich bisher noch leisten konnte und wollte, als Steuern und Abgaben noch reichlich sprudelten, muss jetzt und in Zukunft wirtschaftlicher bei gesicherter Qualität erbracht werden.

Versorgungssystem mit Optimierungspotenzial

Von Sachverständigenseite ist längst aufgezeigt worden, wo in unserem Versorgungssystem die größten Verbesserungspotenziale bestehen. Manch „heißes Eisen“ wurde jedoch von Regierungsseite auf die lange Bank geschoben und hat sich dabei dennoch nicht abgekühlt. Der Schmelztiegel dafür ist der Schnittstellenbereich von ambulant und stationär. Im Brennpunkt steht dabei die integrierende – weil kooperierende – sektorenübergreifende Versorgung ehemals angestammter ambulanter und stationärer Leistungserbringer.

Hier muss in Zukunft auch abseits von Corona und unabhängig von Partikularinteressen dieser Bereich systematisch wissenschaftlich begründet aufgearbeitet werden. Jeder weiß, dass es keine Lösung ist, den wachsenden finanziellen Forderungen dieses Systems zu entsprechen, ohne dessen wirtschaftliche Potenziale und Möglichkeiten konsequent zu ermitteln und auszuschöpfen.

Die DGIV hat bereits wiederholt die enttäuschenden Arbeitsergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe sektorenübergreifende Versorgung kommentiert. Nach unserer Einschätzung hat die AG die Aufgabenstellungen des Koalitionsvertrages noch nicht erfüllt. Diese Arbeit ist keine Nebensache, auch nicht unter den vielfältigen Einflüssen der Corona-Krise.

DGIV e.V.

Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. (DGIV) ist ein deutschlandweit agierender Verein mit der Zielsetzung, die Integrierte Versorgung in der medizi-nischen, pflegerischen und sozialen Betreuung als Regelfall durchzusetzen. Die DGIV wurde am 26. September 2003 in Berlin gegründet. Ziel der Gründungsmitglieder war es, die Integrierte Versorgung als alternative Versorgungsform zur damaligen Regelversorgung zu entwickeln und letztendlich durchzusetzen.