Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG
Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG

Digitales BettenmanagementKleiner Eingriff, großes Aha

Es ist ein scheinbar kleines Rädchen in der Maschinerie Krankenhaus, aber das Bettenmanagement entscheidet mit über die Produktivität eines Standortes. Digitale Lösungen sind hier nicht nur wirtschaftliche Schlüsselfaktoren.

Ein imaginäres Datennetz bzw. Cloud-Computing-Netz. In der Mitte ist ein großes Symbol im Form einer Wolke. Rundherum erscheinen weitere Symbole wie ein Laptop oder das WLAN-Icon.
Tierney/stock.adobe.com
Symbolfoto

Die telefonische Suche nach einem freien Bett (selbst) im eigenen Haus kann mitunter Stunden dauern und hat das Potenzial, selbst gestandene Fachkräfte an den Rand eines Nervenzusammenbruchs zu bringen. Das mag polemisch klingen, aber es ist doch nah an der Wahrheit, unterhält man sich einmal mit Pflegenden auf Station, die zumeist die Bettenbeschaffung zu verantworten haben. Und dabei sind die verzweifelten Suchen, die Verantwortliche aus den Notfallambulanzen beschreiben, noch außer Acht gelassen.

Was aber erschwert den Suchenden an dieser Stelle so eklatant ihre Arbeit? Fehlende Transparenz, Aufgabendichte und analoge Prozesse, die Echtzeit-Kommunikation beziehungsweise Bearbeitung erzwingen. 

Projektmanagement gefragter als IT-Support

Und doch spielten digitale Tools bei der Lösung dieser Probleme bislang eine eher untergeordnete Rolle. Die Gründe dafür sind so einfach wie falsch: Der Prozess gilt als zu simpel, wohingegen die Durchführung des vermeintlichen IT-Projektes als zu komplex in der aktuell angespannten Situation befürchtet wird.

Dabei basieren moderne Softwarelösungen an dieser Stelle oftmals auf Cloud-Technologie, die keinerlei Eingreifen lokaler IT-Verantwortlicher notwendig macht. Das hebelt den Engpass Nummer eins bei Digitalisierungsprojekten im Krankenhaus schon mal aus: Die IT-Projektressource.

Doch natürlich darf die Einführung eines fortan digital-gestützten Prozesses nicht unterschätzt werden. „Hausaufgaben, wie Ziel-Definition, Prozess-Analyse, interdisziplinäre Betrachtung, Transfer in die digitale Wunsch-Welt, Abgleich mit der digitalen Ist-Welt, Einführung“, erklärt Tino Jacob, Strategischer Projektmanager der Sana Klinik Service GmbH, die Schritte. „In einem Konzern kommt dann noch hinzu, möglichst unternehmensweit diesen Prozess zu standardisieren, Rollen zu vergeben und die ersten Wochen agil weiterzuentwickeln.“

Wir haben als erstes den Prozess rund um das Kernstück der Bettenentlassreinigung ‚still geschaltet‘.

Denn auch an so einem eigentlich einfachen Use Case wird deutlich, dass es immer ein gewisses Maß an Flexibilität der Mitwirkenden bedarf, die vor allem durch Partizipation und gute, durchgängige Kommunikation erreicht wird – und natürlich müssen die Änderungen am liebsten direkt (positiv) zu spüren sein. „Wir haben als erstes den Prozess rund um das Kernstück der Bettenentlassreinigung ‚still geschaltet‘“, resümiert Jacob, „soll heißen, unsere digitale Lösung erlaubt nun die asynchrone Kommunikation sowohl für die Bestellung als auch für die Abarbeitung von Reinigungsaufträgen. Damit einher geht die Verbindlichkeit, also die Rückmeldung, dass die Anfrage angekommen ist und abgearbeitet wird.“

Sämtliche Telefonate zwischen Pflege und Reinigungskräften zur Stellplatzaufbereitung wurden damit überflüssig. So werden die Pflegeassistenten, die diesen Job zumeist mitmachen, nicht immer wieder aus ihrer Tätigkeit am Patientenbett herausgerissen und können sich auf die jeweiligen aktuellen Aufgaben besser konzentrieren – bei gleichzeitiger Transparenz darüber, ob es Vakanzen auf Station überhaupt gibt.

Mittlerweile wurde an 22 Sana Kliniken die Simplinic Cloud-Lösung eingeführt, die das Bettenmanagement inklusive des Entlassreinigungspersonals automatisch steuert. Alle Kliniken verfügen seitdem über ein 3D-Modell ihrer Klinik, das darüber hinaus zu einem wesentlichen Baustein zur automatischen Steuerung zukünftiger Prozesse geworden ist.

Informationen zum Bettenzustand ist hilfreich für den Gesamtprozess

Ein weiterer wichtiger Schritt innerhalb des Prozesses Bettenmanagement ist die Bettenaufbereitung, die Auskunft darüber gibt, in welchem aktuellen Zustand sich das Bett nach einer Patientenentlassung befindet, beziehungsweise wann dieses wieder bezugsfertig ist. „Wir haben mit Einführung einer Cloud-Lösung von zentraler auf dezentrale Bettenaufbereitung umgestellt und mussten dementsprechend den Prozess an zwei Stellen neu denken und anpassen“, berichtet Nikolei von Pruski, Assistent der Pflegedirektion am Christlichen Krankenhaus Quakenbrück gemeinnützige GmbH, zuständig für die Einführung. 

Wurde die Reinigung des Bettes nach Entlassung beim Aufbereitungsteam angefordert, das Bett in den Keller gebracht und dort auch wieder abgeholt, löst heute ein Klick den Bedarf aus und jemand aus dem Aufbereitungsteam macht sich auf den Weg zur Station, reinigt dort, gibt mobil ein, wann es erneut bezugsfertig ist, und schließt das System. Das Läuferteam wurde praktisch ausgetauscht.

Dabei haben die Stationskräfte jederzeit alle Informationen dank Dashboard, die sie brauchen, um minutengenau zu sehen, wann das Bett für neue Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht. Auch können sie über das Dashboard Prioritäten vergeben, so dass Betten auf der Intensivstation dringlicher sind als beispielsweise auf der Inneren. „Dabei hat die Auswertung der Statistik auch Rückschlüsse zu anderen Prozessen zugelassen, die wir jetzt nach und nach angehen konnten, um nicht nur die Abläufe stabiler, sondern auch die Mitarbeitenden zufriedener zu machen“, erklärt von Pruski. Zum Beispiel offenbarte die Statistik, dass die Entlasszeiten eher spät waren, obwohl das Aufbereitungsteam morgens stärker besetzt ist. Ebenso konnte gut darauf reagiert werden, dass es vor Feiertagen immer eine größere Entlasswelle gibt als im normalen Wochenfluss. Auch hier hat eine interdisziplinäre Projektgruppe den Change begleitet.

Erhobene Daten geben zeitgenaue Auskunft über das tatsächliche Anforderungsverhalten, Auftragsdauer und Erwartungen und werden so zur Grundlage für den real benötigten Personalbedarf im Patiententransportteam. 
•    Ableitung des optimalen Vollkräfte-Volumens in einzelnen Arbeitsbereichen
•    Verlagerung teurer Wochenendarbeit in die Woche
•    Entlastung der Pflege durch Leistungsverlagerung, wie dem Wegfall von Bettentransporten
•    Schichtplanung entsprechend des mit Raum- und Zeitstempel erhobenen Auftragsvolumens 


 

Strukturierter Patiententransport als I-Tüpfelchen

Wenn dies alles funktioniert, kann man sich einem weiteren spannenden Thema widmen, das oft für Spannungen sorgt und die Abläufe im Stationsalltag verzögern kann: dem Patiententransport. Dieser hat mitunter einen direkten Einfluss auf die Produktivität eines Standortes und wird als wirtschaftlicher Faktor ebenfalls oftmals unterschätzt. „Wir wollten anfangs vor allem unsere Fachkräfte entlasten, die für die Organisation unterschiedlicher Transportdienste oft viel Zeit aufwenden mussten, in der sie sinnvollere Aufgaben hätten erledigen können“, erinnert sich Ferdinand Hagemann, Pflegerische Leitung und zuständig für das Schnittstellenmanagement und die Pflegepersonalpools im St. Bernward Krankenhaus in Hildesheim.

Nach der Einführung war schnell klar, dass wir zwar an strukturelle Grenzen stoßen, aber die Mitarbeitenden voll auf unserer Seite haben.

Es ging aber auch um eine Optimierung der Wartezeiten, so Hagemann. „Diese sind nicht nur für die Patientinnen und Patienten unangenehm, sondern auch für die Funktionsbereiche, die wiederum durch (zu) kurzfristige und geballte Anforderungen mitunter auch Teil des Problems sein können.“ Auch hier konnte die mitdokumentierende Statistik als Datenbasis für verbesserte Abläufe und eine bedarfsgerechtere Ressourcenplanung zurate gezogen werden. „Nach der Einführung war schnell klar, dass wir zwar an strukturelle Grenzen stoßen – sowohl personell als auch technisch – aber die Mitarbeitenden voll auf unserer Seite haben.“ Dabei mussten alle ins Boot geholt und auf die neuen Prozesse und zeitlichen Komponenten eingeschworen werden. „Da das Programm sehr leicht verständlich und intuitiv zu bedienen ist, hielt sich der Schulungsaufwand während der Einführungsphase sehr in Grenzen.“ 

Zeit sorgt für Zufriedenheit – und Geld

Für die Anwenderinnen und Anwender gilt, sie müssen Transporte so früh wie möglich im System hinterlegen, denn vor allem die kurzfristigen Buchungen und Überbuchungen sorgen für Verspätungen. Der Transportdienst muss Wege besser einplanen und die Patientinnen und Patienten müssen rechtzeitig informiert werden, damit sie abholbereit sind, um pünktlich in der Radiologie zu sein. So entlastet die Nutzung dieser Softwarelösung zunächst die Pflege- und Funktionsdienstmitarbeiter unmittelbar von pflege- und bereichsfremden Tätigkeiten und bietet mit den gewonnenen Daten Transparenz über tatsächliche Bedarfe. „So zahlen sich – bei allen Herausforderungen für die Refinanzierbarkeit – Investitionen in einen effizienten Krankenhausbetrieb meines Erachtens durch den entstehenden Produktivitätsvorteil und die Entlastung der Pflegekräfte auf jeden Fall aus“, ist sich Hagemann sicher. 

2023. Thieme. All rights reserved.
Sortierung
  • Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!

    Jetzt einloggen

Doctolib GmbH

Doctolib Hospital – Mit Digitalisierung zu mehr Effizienz und Erfolg! 

Die Technologie von Doctolib schafft einen…