
Lich ist eine Kleinstadt im hessischen Landkreis Gießen. Wie viele ländliche Gebiete steht auch dieser Landkreis vor Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung: Die Zahl der Hausärzte nimmt ab, während die der älteren, oft nicht mobilen Patienten steigt. Zudem führe die sektorenübergreifende Versorgung zwischen Klinik, ambulanter Pflege, niedergelassenen Ärzten und Pflegeheimen zu Kommunikationslücken und einer häufig ineffizienten Ressourcennutzung, heißt es in einer Mitteilung des Hessischen Digitalministeriums. Dieser Umstand wiederum würde zu wiederholten Klinikaufenthalten und zusätzlichen Belastungen für die medizinische Infrastruktur führen.
Pilotprojekt „Licher Modell“
Mit dem Pilotprojekt „Licher Modell“ soll nun eine digitale Nachsorge für geriatrische beziehungsweise pflegebedürftige Menschen nach Entlassung aus dem Krankenhaus aufgebaut werden. Hierfür sollen sektorenübergreifend relevante medizinische und pflegerische Daten der Patienten durch alle an der Nachsorge beteiligte Akteure erfasst, ausgetauscht und überwacht werden. Explizit einbezogen würden: die entlassende Klinik, betreuende Haus- und Fachärzte, die ambulante bzw. stationäre Pflege, Ehrenamtliche und Angehörige.
Im Gegensatz zu vielen anderen Landkreisen sind wir nicht selbst Krankenhausträger, konnten aber rasch die Asklepios Klinik Lich als Partner gewinnen.
Impulsgeber für das Projekt war der Landkreis Gießen, so das Ministerium. „Im Austausch mit Krankenhäusern und Praxen kamen in der Vergangenheit immer wieder die Herausforderungen der Nachsorge in den bestehenden analogen Strukturen zur Sprache“, berichtet Landrätin Anita Schneider (SPD). Über den Austausch mit der Denkfabrik „Brückenköpfe“ sei es gelungen, die Möglichkeit einer digitalen Nachsorge gerade im ländlichen Raum als Pilotprojekt anzustoßen. Das Hessische Ministerium für Digitalisierung und Innovation unterstütze das Projekt „Licher Modell – Digitale Nachsorge“ mit rund 509.000 Euro aus der Förderung smarter Kommunen und Regionen im Programm „Starke Heimat Hessen“. Staatssekretär Stefan Sauer (CDU) hat am 22. September den Bescheid an Landrätin Schneider überreicht.
„Im Gegensatz zu vielen anderen Landkreisen sind wir nicht selbst Krankenhausträger, konnten aber rasch die Asklepios Klinik Lich als Partner gewinnen“, sagt Schneider. Dank der Förderung des Landes kann der Landkreis Gießen die digitale Plattform für die gesamte ambulante Nachsorge nun beschaffen und die Vernetzung aller Beteiligten technisch ermöglichen. 90 Prozent der Kosten würden über die Förderung gedeckt, die übrigen zehn Prozent trage der Landkreis Gießen.
Modellcharakter für die ländliche Versorgung
Die Asklepios Klinik Lich stelle für das Projekt mit Zustimmung der Patienten Gesundheitsdaten der Geriatrie zur Verfügung. „Die digitale Nachsorgeplattform ist eine zukunftsweisende Ergänzung des bestehenden Gesundheitsnetzwerks in Lich und bindet alle an der Versorgung älterer Menschen beteiligten Akteure sinnvoll ein“, hob der Ärztliche Direktor der Asklepios Klinik Lich, Dr. Thilo Schwandner, hervor. Die Vernetzung zwischen Krankenhaus, Pflegeheimen, Pflegediensten, Ärzten sowie Ehrenamtlichen würden der Landkreis Gießen und die Stadt Lich gemeinsam koordinieren.
Die Kombination einer digital gestützten Nachsorge, die aber zugleich auch menschlich überwacht ist, ist ein echter Gewinn.
Die Gemeindeschwestern Lich würden die häusliche Versorgung und Kontrolle der Patienten nach der Entlassung aus der Klinik übernehmen und so die Betreuung durch Pflegeheime und ambulante Dienste ergänzen. Auch die Haus- und Fachärzte würden Zugriff auf die Plattform erhalten, um den Gesundheitszustand zu überwachen und bei Bedarf zu intervenieren. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts erfolge durch die Technische Hochschule Mittelhessen.
„Die Kombination einer digital gestützten Nachsorge, die aber zugleich auch menschlich überwacht ist, ist ein echter Gewinn und kann Modellcharakter für die Versorgung vor allem im ländlichen Raum haben", sagt Staatssekretär Sauer. Denn damit könne das Risiko einer zeitnahen Wiedereinweisung nach der Klinikentlassung reduziert werden und es sei eine engmaschigere Betreuung möglich. Ebenso sei durch die flexibel anpassbaren Module auf der geplanten Plattform ein Transfer auf andere örtliche Gegebenheiten leicht möglich.
E-Health-Plattform des Projekts
Kernelement der Software soll eine automatisierte Patientenkategorisierung zum Gesundheitszustand sein, so dass die Patienten nach Versorgungsbedarf priorisiert werden. Auf dieser Basis wird ein individueller Nachsorgeplan erstellt.
In der Plattform werden kontinuierlich relevante Gesundheitsparameter wie zum Beispiel Messungen zu Blutdruck oder Blutzucker erfasst, so dass alle beteiligten Akteure per Webseite oder App auf die gesammelten Pflege- und Nachsorgeinformationen zugreifen und jederzeit individuell anpassen können. Die gesamte Nachsorge wird zudem von einem virtuellen Care Team aus telemedizinisch tätigen Ärzten und Pflegekräften überwacht.





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