
Die Bandbreite der heutigen Einsatzszenarien von Robotern reicht von hochpräzisen chirurgischen Operationssystemen wie Da Vinci über autonome Desinfektions- und Logistikroboter für maximale Hygiene bis hin zu Assistenzrobotik zur Unterstützung im Bereich der Pflege und Rehabilitation. Mit Blick auf die arbeitsteiligen Prozesse im klinischen OP-Betrieb rückt nun technologisch immer stärker die Verknüpfung einzelner Systeme in den Fokus.
Robotik als klinikinternes Ökosystem
Medizinrobotik mit künstlicher Intelligenz (KI), Telemedizin und automatisierte Abläufe wachsen zu einem eigenen Ökosystem Robotik im OP zusammen, bei dem es um weit mehr geht als nur um den Einsatz eines Operationsroboters im Sinne eines Telemanipulators. Vielmehr verbindet ein solches System mehrere technologische, organisatorische und klinische Elemente, deren Kombination miteinander auf eine Verbesserung der Behandlungsqualität, Effizienz und Patientensicherheit abzielen. Aber wie viele ärztliche Robotik-Spezialistinnen und -Spezialisten gibt es, bundesweit betrachtet, innerhalb der deutschen Krankenhauslandschaft?
Aufgrund der Krankenhausstrukturreform und zunehmenden Spezialisierung konzentriert sich insofern die ärztliche Fachexpertise im Robotik-Bereich vor allem auf größere Häuser und spezialisierte Zentren. „Im Ökosystem denken Ärztinnen und Ärzte nicht länger als Einzelkämpfer, sondern unterstützen sich gegenseitig“, erläutert Dr. Jens Peter Hölzen, Robotik-Experte und stellvertretender Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsklinikum Münster.
Roboter-Begleitung über den Bildschirm
Das sogenannte „Proktoring" – ursprünglich als Vor-Ort-Betreuung durch externe Experten konzipiert – lässt sich inzwischen als Teleproktoring realisieren. Dies ermöglicht eine standortunabhängige, fachkundige Begleitung roboter-assistierter Operationen, bei der ein Proktor im Sinne eines Supervisors per Audio-Video-Übertragung live beratend unterstützt. „Am Universitätsklinikum Münster betrachten wir Robotik nicht als isolierte Technologie, sondern als Wegbereiterin für klinikübergreifende Zusammenarbeit. Unser Ziel ist es, durch vernetzte Robotik-Expertise die Grenzen des medizinisch Machbaren zu erweitern – nicht nur in Münster, sondern deutschlandweit", erläutert Hölzen, der seit einigen Jahren als Proktor arbeitet.
Dadurch kann unter den Bedingungen der Krankenhausstrukturreform und der geforderten Zentralisierung ein wichtiger Ausgleich dafür geschaffen werden, ärztliche Robotik-Expertise auch in dezentralen Einrichtungen verfügbar zu machen. Die Implementierung von modernen robotergestützten Systemen im Krankenhaus sollte insgesamt nicht länger als ein isoliertes Insellösungsfeld betrachtet werden, sondern als einen integralen Bestandteil eines hochvernetzten, digitalen und teamorientierten Gesundheitswesens, das auf interdisziplinären Austausch und Voneinander lernen setzt.
Und das Recht?
Angesichts des rasanten Fortschritts im Bereich der Robotik stellt sich die Frage, wie das Recht die juristische Verantwortung in diesem dynamischen Umfeld regelt. Diesbezüglich hinken die rechtlichen Rahmenbedingungen noch deutlich dem technologischen Innovationsschub hinterher: Smarte robotische Assistenzsysteme verlangen im Rahmen einer Klassifizierung als Hochrisiko-KI umfassende Zulassungs-, Überwachungs- und Kontrollprozesse. Etliche haftungsrechtliche Fragestellungen bewegen sich weiterhin in juristischen Grauzonen – angefangen von der Haftung für die Funktionssicherheit lernfähiger Algorithmen bis hin zur Klärung, wer im Schadensfall eines Patienten den Fehler eines im OP eingesetzten Robotersystems zu verantworten hat.
Die Belange von Datenschutz, ärztlicher Schweigepflicht und IT-Sicherheit sind juristisch komplex, aber rechtlich nicht verhandelbar, da mit Robotik und KI in jedem Falle eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten einhergeht. Der aktuelle Rechtsrahmen auf europäischer Ebene, darunter die KI-Verordnung und Vorgaben zur Zertifizierung von Medizinprodukten, zwingen Klinikbetreiber dazu, Kontrollmechanismen und Compliance-Strukturen laufend zu verschärfen und zu dokumentieren. Eine weitere klärungsbedürftige Frage ist, wie sich das arzthaftungsrechtliche Pflichtenprogramm eines Proktors gestaltet, insbesondere wenn er als erfahrener Robotik-Chirurg die roboterassistierte Operation einer anderen Klinik telekonsiliarisch begleitet und dabei eine Fern-OP mit seinem Fachwissen unterstützt.
Fazit
Robotik verschiebt nicht nur die Grenzen des medizinisch Machbaren in der Versorgung, sondern definiert die juristische Spielwiese für Krankenhäuser neu: Nur wer im Rahmen eines klinikinternen Ökosystems denkt, und es schafft, juristische Verantwortlichkeiten, Kontrollmechanismen und Datenschutz-Belange nachhaltig zu verankern, legt die Grundlage für Innovation und Patientensicherheit.
Als Geschäftsführung sind Sie gefordert, rechtliche Expertise eng mit dem technologischen Fortschritt zu verzahnen und Compliance zur unternehmerischen Stärke zu machen – bevor Entwicklung zum Haftungsrisiko für Ihr Haus wird.






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