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KommentarSchon auf der Überholspur oder noch beim Reifenwechsel?

Kommunikation für Teamleistung entscheidend

Der Grund, warum ich diese Aufholjagd noch nicht sehe ist auch in den einheitlichen Standards begründet, die wir gerade erst beginnen zu schaffen. Im Formel-1-Team wären das die Intercom, die „Sprechanlage“, mit der sich das gesamte Team selbst während des Rennens austauschen kann. Somit kann der Fahrer den Mechanikern beispielsweise signalisieren, dass er früher oder später in die Box kommt, weil die Reifen doch schon abgefahren sind, respektive länger halten. Und als Teamchef können Sie damit alle über Strategieänderungen informieren oder Ihrem Fahrer sagen, was sich außerhalb seines Sichtfeldes tut.

In einem digitalen Gesundheitswesen sorgen einheitliche, zukunftsfähige Standards und Schnittstellen wie FHIR für diese reibungslose Kommunikation oder Interoperabilität. Denn ohne den permanenten Austausch, den Fluss von Informationen sind das Formel-1-Team wie auch das Gesundheitswesen gleichermaßen „aufgeschmissen.“

Hinzu kommt noch, dass uns im Gesundheitswesen vielerorts die Experten fehlen. Eben jene Ingenieure und Mechaniker, die im Rennsport dafür sorgen, dass die wichtigste Komponente, das Fahrzeug, reibunslos funktioniert. Digitale Gesundheitsexperten sind derzeit rar und um die Digitialisierungsexperten – vom Programmierer, über Berater, bis hin zum Data Analyst und Scientist – buhlt derzeit so ziemlich jede Branche. Denn Digitalisierung ist bei weitem keine gesundheitsspezifische Herausforderung. Und ohne ein solides, erfahrens, belastbares Team wird eine echte Aufholjagd bestenfalls schwierig.

Wie sieht das Zielbild eines digitalen Gesundheitswesens aus?

Die wohl größte Herausforderung und damit mein gewichtigstes Argument, dass wir noch bei der Basisarbeit sind, ist die Strategie. Denn auch das weiß ich aus meiner aktiven Sportlerkarriere: Wenn man losrennt oder -fährt, sollte man wissen, wo man ankommen will. Dieses Zielbild ist entscheidend für die Motivation, aber auch für den Weg, den man einschlägt. Und genau deshalb fordern die acht Verbände der eHealth-Allianz aktuell auch ein eHealth-Zielbild für Deutschland, quasi den digitalen Kompass für ein digitales Gesundheitssystem.

Das heißt nicht, dass wir alle aktuellen Vorhaben hier und jetzt stoppen, uns zurückziehen und in den nächsten ein, zwei Jahren ein solches Zielbild entwickeln sollen. Im Gegenteil: Jeder, der mich kennt, weiß, dass „einfach machen“ mein Motto und großer Antrieb ist. Doch wenn wir mit ePA, KHZG, DIGA, DIPA, ISiK, Telematik-Infrastruktur und so weiter unsere Basisarbeit erst einmal erldigt und echte Digitalisierungsgrundlagen geschaffen haben, müssen wir wissen, in welche Richtung die anderen Teams unterwegs sind, um unsere Aufholjagd dann wirklich starten zu können. Mit anderen Worten: Neben der konkreten Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben müssen wir uns paralell und zeitnah auf ein gemeinsames Zielbild einigen, mit dem vor Augen wird die Aufholjagd dann wirklich final starten können. Aus meiner Sicht ist die Telematik-Infrastruktur 2.0 eine erste wichtige strategische Ausrichtung, die nicht nur zeigt, wo wir hinwollen, sondern bereits eine grobe Skizze unseres gemeinsamen Zielbildes darstellen könnte.

Denn soviel ist klar: Die anderen Teams sind unterwegs und uns in vielen Bereichen mindestens die berühmte Nasenlänge oder Zehntelsekunde voraus. Ich glaube nicht, dass die Überholspur und die digitale Aufholjagd, über die medial schon so viel gesprochen werden, ein reiner Wunsch ist oder bleibt. Ich denke nur, es ist sinnvoll und zielführender den Status Quo als das einzuschätzen, was er ist: Der Reifenwechsel mit dem die Aufholjagd erst möglich wird. Dafür brauchen wir Macher, Visionäre, Strategen, aber eben auch Ingenieure und Mechaniker, die die Maschinerie am Laufen halten. Im Land der Dichter, Denker mit gleichzeitig hochentwickelter Ingenieurskultur sollten die doch aber zu finden sein…  

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