
Bei der Behandlung von Patient*innen mit schweren Erkrankungen des Gehirns haben Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) das Potenzial der Anwendung künstlicher Intelligenz untersucht. Sie haben ein KI-basiertes Prognoseprogramm entwickelt, mit dem kritische Phasen bei neurologischen Intensivpatient*innen frühzeitig erkannt und dadurch möglicherweise in Zukunft besser behandelt werden können. Die Ergebnisse ihrer Studie haben die Wissenschaftler*innen im Fachmagazin Brain veröffentlicht.
Bei Patient*innen mit gravierenden Hirnschädigungen, beispielsweise nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einem besonders schweren Schlaganfall, sind kontinuierliche Messungen und Überwachungen des Hirndrucks ein wichtiger Anhaltspunkt für therapeutische Entscheidungen. Wie gut diese anspruchsvolle Diagnostik gelingt, hängt maßgeblich von der Erfahrung und den Fähigkeiten der Behandelnden ab. „Das Risiko, dass der Hirndruck in den ersten Stunden nach schweren Hirnschädigungen steigt, ist groß und stellt eine Herausforderung in der Diagnostik und Therapiekontrolle dar. Das von uns entwickelte KI-Programm ermöglicht es uns, kritische Zustände schon zu erkennen, wenn sie sich anbahnen, nicht erst, wenn sie bereits eingetreten sind. Dadurch können schwerwiegende Komplikationen hoffentlich zukünftig effektiver abgewendet werden“, sagt Prof. Dr. Christian Gerloff, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie des UKE und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.
Kritische Phasen bis zu 24 Stunden im Voraus erkennen
„Das von uns entwickelte System analysiert mithilfe von Methoden des maschinellen Lernens verschiedenste medizinische Daten von schwerkranken Patient*innen, beispielsweise Blutdruck, Beatmungsparameter, Laborwerte, Medikamente, Körpertemperatur, Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht, damit die behandelnden Ärzt*innen auf Veränderungen des Gesundheitszustands frühzeitig reagieren können, wie zum Beispiel einen steigenden Hirndruck, mögliche Hirngefäßspasmen oder Eintrübungen des Bewusstseins“, erklärt Entwickler der Prognosesoftware Dr. Nils Schweingruber aus der Klinik und Poliklinik für Neurologie des UKE. Momentan könne mit dem Prognoseprogramm bis zu 24 Stunden im Voraus eine kritische Hirndruckphase vorhergesagt und auch ermittelt werden, wie lange diese ungefähr anhalten wird.
Für die Entwicklung der Prognosesoftware wurden große anonymisierte Datensätze von Patient*innen genutzt, die auf der Intensivstation des UKE behandelt wurden; über 12 Millionen Datenpunkte gingen in die Studie ein. Die Software wurde zusätzlich mithilfe von anonymisierten intensivmedizinischen Patient*innendaten aus zwei US-amerikanischen Datenbanken validiert.





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