
Prof. Dr. Philip Raake blickt gerne in die Zukunft – um das Aufkommen umweltbedingter Erkrankungen vorhersagen und dokumentieren zu können. Dem Inhaber des Lehrstuhls für Innere Medizin mit Schwerpunkt Kardiologie und Leiter der I. Medizinischen Klinik am Universitätsklinikum Augsburg geht es darum, dass je nach Wetter- und Klimalage rechtzeitig genügend Intensivbetten und Beatmungsmöglichkeiten vorgehalten werden.
Dafür hat Raake mit Elke Hertig, Professorin für Regionalen Klimawandel und Gesundheit, sowie Christian Hinske, Professor für Datenmanagement und Clinical Decision Support, das Projekt ALERT-ITS ins Leben gerufen. Diese Forschung zum Intensivmedizin-Bedarf fördert der Innovationfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit 1,8 Millionen Euro über den Zeitraum von drei Jahren, teilt die Universität Augsburg mit.
Wir wollen den intensivmedizinischen Versorgungsbedarf vorhersagen.
Im Mittelpunkt der Arbeit stehen das regionale Auftreten von bestimmten Umweltbedingungen wie Hitzetagen oder Schadstoffbelastung zum Beispiel durch Ozon sowie der daraus erwachsende erhöhte Bedarf an intensivmedizinischer Versorgung. Die Forschenden werden Wetter- und Umweltdaten mit Gesundheitsdaten kombinieren, um Beziehungen zwischen Umwelteinflüssen und dem intensivmedizinischen Versorgungsbedarf zu analysieren, heißt es in der Mitteilung weiter.
„Wir werden das Vorhersagemodell an ausgewählten Regionen überprüfen“, erklärt Dr. Bastian Wein, der das Projekt federführend entwickelt hat: „Außerdem wollen wir in einem Monitoring-System in der Region Augsburg Echtzeit-Wetter- und Umweltdaten kombinieren und den intensivmedizinischen Versorgungsbedarf vorhersagen.“ Im Erfolgsfall werden die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse zur Implementierung eines bundesweiten Monitoring-Systems genutzt und tragen so dazu bei, die Intensiv-Ressourcen noch besser zu planen.
Deutliche Zunahme von Erkrankungen erwartet
Die deutschen Krankenhäuser betreiben derzeit rund 21 000 Intensivbetten. Fast jede dritte intensivmedizinische Behandlung betreffe Patienten mit akutem Herzinfarkt, akuter Herzinsuffizienz, respiratorischer Insuffizienz, Lungenentzündung, Schlaganfall und akuter Verschlechterung einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, so Raake: „Wir gehen davon aus, dass diese Erkrankungen durch den Klimawandel und die damit einhergehende Zunahme von Hitzetagen und Extremwetterereignissen in Kombination mit steigenden Luftschadstoffen noch deutlich häufiger werden.“
Bessere Versorgung von Allergikern
In einem zweiten Augsburger Projekt, das der Innovationsfonds ebenfalls für drei Jahre und mit 1,7 Millionen Euro fördert, geht es um die Verbesserung der Versorgung von Allergikern angesichts des Klimawandels. Das Projekt MELIUS will unter anderem die Prävention stärken.
„Mithilfe unserer Studie wollen wir Risikofaktoren identifizieren und ermitteln, wie die Versorgungssituation der Patienten aussieht und welche Mehrbelastungen für das Gesundheitssystem durch umweltbedingte Allergiebeschwerden zu erwarten sind“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffman, Inhaberin des Lehrstuhls für Umweltmedizin an der Universität Augsburg.
Durch Simulationsmodelle werden Prognosen für das Auftreten allergischer Erkrankungen in verschiedenen Klimaszenarien erarbeitet. Dabei will Traidl-Hoffman auch Daten zu neuen, im Rahmen des Klimawandels auftretenden Krankheiten erfassen, wie beispielsweise zum Gewitterasthma, bei dem es während Gewittern bei Allergikern zu akuten, lebensbedrohlichen Asthmaanfällen kommen kann, die wiederum zu Versorgungsengpässen in Notaufnahmen führen können.





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