
Die dramatischen Versorgungsengpässe und Missstände in den deutschen Kinderkliniken prangern Ärzteverbände an. Vor allem durch den Personalmangel könnten viele Krankenhausbetten nicht belegt werden. Laut Prof. Jörg Dötsch, Präsident der Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, waren im Herbst 2021 nahezu alle Kinderkliniken komplett überlastet. Dies drohe den Kliniken auch in diesem Jahr, falls sich die Lage bis dahin nicht ändere. Auch kritisiert Dötsch das rein wirtschaftliche Denken.
Die Versorgung von Kindern im Krankenhaus sei schwerer zu kalkulieren als die von Erwachsenen, weshalb sich Kinderkliniken rein wirtschaftlich nicht rechneten. Dazu kämen verbindliche Personaluntergrenzen: So dürfe sich eine Pflegekraft zum Beispiel nachts maximal um zehn Kinder kümmern. Bei jedem weiteren Kind müsse eine zusätzliche Kraft eingeplant werden, welche oft fehle.
Weniger Betten bei steigenden Fallzahlen
Nach Angaben der Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin ist zwischen 1991 und 2017 die Bettenzahl in der Pädiatrie um ein Drittel gesunken. Im gleichen Zeitraum stiegen die jährlichen Fallzahlen aber: von durchschnittlich 900 000 behandelten Kindern und Jugendlichen auf inzwischen mehr als eine Million. So komme es auch zu normalen Zeiten vor, dass sechs oder sieben Kliniken durchtelefoniert würden, bis ein passendes Bett gefunden sei. Auch Verlegungen über die Grenzen hinweg kämen vor und seien für die Kinder und Familien eine Riesenbelastung.
Trend geht abwärts
Der Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, PD Dr. Florian Hoffmann, pflichtet Dötsch bei. Rund ein Drittel der Betten auf Kinderintensivstationen könne aufgrund des Personalmangels aktuell nicht genutzt werden: „Selbst wenn die Politik jetzt gegensteuert, werden Veränderungen frühestens in einigen Jahren greifen. Der Trend wird erstmal noch weiter bergab gehen“.





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