
Die Charité – Universitätsmedizin Berlin möchte ihre Energieeffizienz weiter verbessern und setzt dabei auf ein innovatives Konzept: Gemeinsam mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) will sie ein kaltes Nahwärmenetz entwickeln. Ziel ist es, den Energieverbrauch zu senken und den CO2-Ausstoß nachhaltig zu reduzieren.
„Kalte Nahwärme“ – das klingt zunächst widersprüchlich, basiert jedoch auf einem einfachen Prinzip. Die Technologie nutzt die Erdwärme, die durch in der Erde verlegte Rohre an eine Flüssigkeit weitergeleitet wird. Diese zirkuliert über eine Pumpe in die Gebäude und sorgt dort für Heizung und Warmwasser. Im Sommer kann sie auch zur Kühlung verwendet werden. Das System arbeitet mit geringeren Temperaturen als herkömmliche Heizsysteme und ist sogar klimaneutral, wenn es mit Solarstrom betrieben wird.
Herausforderungen und Chancen
Die HWR Berlin will gemeinsam mit der Charité vorführen, wie regenerative Wärme- und Kältequellen nutzbar gemacht werden können. Dafür soll ein modulares System getestet werden, das je nach Bedarf in anderen Quartieren angewendet und erweitert werden kann. Allerdings bringt die Umsetzung technische, regulatorische und finanzielle Herausforderungen mit sich. Auch stehen viele der Charité-Gebäude unter Denkmalschutz.
Durch die Implementierung solcher Systeme könnte die Charité nicht nur ihre Energiekosten weiter senken, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Dennoch sind die Projektpartner überzeugt, dass sich der Aufwand lohnt. „Durch die Implementierung solcher Systeme könnte die Charité nicht nur ihre Energiekosten weiter senken, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem sie ihre CO2-Emissionen weiter reduziert“, sagt Simon Batt-Nauerz, Geschäftsführer des Charité CFM Facility Management.
Ein zentrales Element des Projekts ist die Speicherung von Abwärme im Sommer. Statt sie wie bisher an die Umgebung abzugeben, wird sie in Erdsondenfeldern – Bohrungen bis zu 100 Meter Tiefe – gespeichert. Diese Methode reduziert auch den sogenannten Hitzeinseleffekt in städtischen Quartieren, der durch versiegelte Flächen und aufheizende Sonnenstrahlung entsteht.
Bewerbung um Fördermittel
Eine Machbarkeitsstudie am Campus Virchow-Klinikum der Charité hat gezeigt, dass die geplante Umstellung auf kalte Nahwärme bei einer Ausweitung auf den gesamten Campus eine CO2-Reduktion von 806 Tonnen pro Jahr erzielen könnte. Das System gewährleistet dabei eine Heizungsabdeckung von 96 Prozent und eine Kühlungsabdeckung von 90 Prozent.
Mit dem Vorhaben „Kalte Nahwärmenetzte für Autarkie im Quartier“, kurz KWArtier, möchte die Charité am Berliner Förderprogramm „Wertschöpfung durch Innovation im Quartier“ teilnehmen. Sollte der Zuschlag gewährt werden, soll ab April 2025 mit der detaillierten Planung begonnen werden.
Pilotprojekt mit großen Einsparpotenzialen
„Unser Plan ist es, in dem Reallabor an der Charité einen Prototyp zu schaffen, der zeigt, wie ein kaltes Nahwärmesystem schnell, standardisiert und möglichst minimalinvasiv implementiert werden kann – im laufenden Betrieb“, erklärt Prof. Dr. Andrea Pelzeter von der HWR Berlin. Bisher fehlen laut Pelzeter Umsetzungsbeispiele für kalte Nahwärmenetze in Bestandsquartieren.
Wenn das System in einem so komplexen Gefüge wie einer großen Klinik funktioniere, lasse es sich auch auf Büro- und Verwaltungsgebäude, Pflegeheime und Schulen übertragen, erklärt er weiter. KWArtier wäre somit ein bundesweites Leuchtturmprojekt und Impulsgeber, der den Weg für eine flächendeckende Einführung dieser nachhaltigen Technologie ebnet.




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