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NachhaltigkeitspreisAbgucken erlaubt – hier ist das Uniklinikum Tübingen Vorbild

Für sein vielfältiges Engagement in dem Bereich bekommt das Universitätsklinikum Tübingen den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024. Nicht nur die 130 „Botschafter“ sorgen dafür, dass das Thema dort in allen Abteilungen präsent ist.

Universitätsklinikum Tübingen – Kliniken Berg
Nils Dittbrenner
Das Uniklinikum Tübingen hat seit 2022 eine Stabsstelle Nachhaltigkeit.

Die Nachricht aus Düsseldorf hat Holger Diemer einmal mehr gezeigt, dass sich all die Arbeit lohnt: „Diese Auszeichnung ist eine tolle Bestätigung für unser Engagement, das Gesundheitswesen grüner und effizienter zu gestalten, ohne die Qualität der Patientenversorgung zu beeinträchtigen“, sagt der Nachhaltigkeitsbeauftragte des Universitätsklinikums Tübingen. Was er meint: Sein Haus gewinnt den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024.

Ausgezeichnet werden die Baden-Württemberger als vorbildliches Unternehmen im Bereich „Gesundheit und Soziales“. In der Kategorie „Vorreiter der Transformation im Gesundheitssektor“ behaupteten sie sich im Finale gegen das Universitätsklinikum Heidelberg und das ZfP Klinikum am Weissenhof. Die Preisvergabe findet am 28. November 2024 im Maritim-Hotel in Düsseldorf statt.

Nachhaltiges Handeln geht nur gemeinsam.

Holger Diemer
Verena Müller
Holger Diemer ist Nachhaltigkeitsbeauftragter des Universitätsklinikums Tübingen.

Der Gewinner habe „besonders wirksame, beispielhafte Beiträge zur Transformation geleistet, damit Vorbildcharakter erworben und richtige Signale in seine Branche und darüber hinaus gesendet“, heißt es zu der Entscheidung der Fachjury auf der Homepage des Nachhaltigkeitspreises. Die Stiftung dahinter vergibt die Auszeichnung seit mittlerweile 17 Jahren.

130 Nachhaltigkeitsbotschafter

In Tübingen werde viel darangesetzt, die ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit in den Betrieb zu integrieren, betont das Klinikum in einer Mitteilung zu der Auszeichnung. Das Thema sei fest in der Unternehmensstruktur verankert und werde seit 2022 durch eine eigene Stabsstelle vertreten. Diese koordiniere seitdem systematisch Maßnahmen mit allen Fachbereichen, um im Klinikalltag CO₂, Strom und Abfall einzusparen.

Holger Diemers Kollegin, Klimaschutzmanagerin Mareike Freund, sieht den Preis als starke Teamleistung. „Wir verdanken ihn vielen Kolleginnen und Kollegen, die sich seit Jahren für mehr Nachhaltigkeit und Ressourceneinsparung einsetzen“, sagt Freund: „Nachhaltiges Handeln geht nur gemeinsam.“

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Beispielsweise setzten sich das Technische Betriebsamt, der Personalrat und die Nachhaltigkeits-Arbeitsgruppen des Instituts für Allgemeinmedizin sowie der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin bereichsübergreifend für Nachhaltigkeit ein, so Freund. Darüber hinaus sorgten seit 2024 rund 130 Nachhaltigkeitsbotschafter dafür, den Nachhaltigkeitsgedanken in allen Abteilungen und Kliniken zu verwurzeln und neue Ideen an die Stabsstelle heranzutragen.

Zudem arbeite das Uniklinikum daran, die Treibhausgasemissionen bestmöglich zu erfassen und systematisch zu reduzieren. Seit Oktober 2023 läuft auch das zweijährige Projekt „Erstvorhaben Klimaschutzkonzept und Klimaschutzmanagement“ der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI). Dabei wird ein Klimaschutzkonzept erarbeitet, um Treibhausgasemissionen weiter zu senken. Hierfür sei es wichtig zu wissen, in welchen Bereichen am effektivsten Emissionen eingespart werden können, so das Klinikum.

Weitere Preise für Ottobock und Barmer

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wird seit 2008 jährlich in mehreren Kategorien von der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. vergeben – in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung, dem Rat für Nachhaltige Entwicklung, kommunalen Spitzenverbänden, Wirtschaftsvereinigungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Forschungseinrichtungen. 224 Fachjuroren entscheiden jährlich über 100 Vorbilder des Wandels in allen Branchen der deutschen Wirtschaft.

Im Sektor „Gesundheit und Soziales“ werden neben dem Uniklinikum Tübingen (Unternehmen Gesundheitsversorgung) auch der Orthopädietechnik-Hersteller Ottobock (Unternehmen Medizintechnik) und die Barmer (Unternehmen Krankenversicherungen) ausgezeichnet.

Das Hauptaugenmerk der Nachhaltigkeitsstrategie von Ottobock liege besonders auf den sozialen Themen, sagt Christin Franzel, Head of Global Sustainability und Menschenrechtsbeauftrage. Die Lebensqualität der Anwender stehe immer im Mittelpunkt. „Gleichzeitig sind wir auch ein produzierendes Unternehmen mit weltweiten Standorten und sehen uns in der Pflicht, unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“, so Franzel.

Maßnahmen, die in Tübingen schon umgesetzt wurden:

  • Mobilität: Es gibt rund 2000 Fahrradstellplätze auf dem Gelände des Klinikums, zudem ist ein Fahrradparkhaus in Planung. Noch im Jahr 2024 soll ein tariflich vereinbartes Jobrad eingeführt werden. Seit April gibt es die Mitfahr-App RideBee, über die Mitarbeitende Mitfahrgelegenheiten zur Arbeit und nach Hause finden können. Der Fuhrpark wird sukzessive auf E-Autos umgestellt. Viele innerbetriebliche Fahrten werden mit Dienst-Pedelecs und Lastenrädern durchgeführt.
     
  • Hitzeschutz: Seit Juni 2024 gibt es einen Hitzeschutzplan, der Mitarbeitenden wirksame und umsetzbare Maßnahmen bei Sommerhitze aufzeigt. Der Arbeitskreis Hitze nennt im Sommer regelmäßig Maßnahmen zur Entlastung der „Hitze-Hotspots“. Über ein „Hitze-Formular“ können Mitarbeitende seit 2023 hohe Hitzebelastungen an ihrem Arbeitsplatz melden.
     
  • Energie: Rund 3100 Quadratmeter der Dachflächen sind mit PV-Anlagen ausgestattet. Die Kliniken auf dem Berg werden über ein klimaneutrales Holzhackschnitzel-Fernheizwerk mit Wärme versorgt. Zudem wird auf LED-Beleuchtung umgerüstet, und die Stromverbräuche von medizinischen Großgeräten (MRT, CT etc.) werden optimiert.
     
  • Verpflegung: Seit 2023 gibt es eine vegane Menülinie in den Mensen. Das erste Menü, das stationäre Patienten am ersten Tag erhalten, ist seit März 2022 immer vegetarisch. Bis Ende 2023 konnten dadurch 7632 Fleischmahlzeiten eingespart werden. Um Ressourcen zu sparen, wird seit Januar 2022 in den Mensen das Mehrwegpfandsystem Recup und Rebowl verwendet.
     
  • Narkosegas: Das Narkosegas Desfluran ist 2450 Mal so klimaschädlich wie die gleiche Menge CO₂. Seit 2022 nutzen Anästhesisten deshalb das weniger schädliche Narkosegas Sevofluran.
     
  • Medizinische Lehre: Seit dem Sommersemester 2021 gibt es an der medizinischen Fakultät Tübingen das vom Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung entwickelte Wahlfach „Klimawandel & Gesundheit in der Primärversorgung“. Das Wahlfach vermittelt Faktenwissen zum Thema Klimawandel und Gesundheit im allgemeinmedizinischen Kontext und sensibilisiert Studierende früh für den Zusammenhang zwischen Klima und Gesundheit.
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