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TarifkonfliktMedian will Verdi ausbooten

Im Tarifkonflikt zwischen den Median Kliniken und der Gewerkschaft Verdi scheint sich der Reha-Konzern durchzusetzen. In der Fontana-Klinik in Bad Liebenwerda sei mit dem Betriebsrat erstmals das von Median angestrebte flexible Lohnmodell umgesetzt worden, teilt das Unternehmen mit. Verdi blieb außen vor – zeigt sich aber kampfbereit.

Nach der Einigung zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat sollen Löhne und Gehälter in einer ersten Stufe zum 1. Juli angehoben werden, heißt es in der Mitteilung. Sie erhöhen sich demnach im Durchschnitt um mehr als sechs Prozent. In einer zweiten Stufe im Januar 2017 wolle die Geschäftsleitung, abgestimmt mit dem Betriebsrat, noch einmal die Grundgehälter mehrerer Berufsgruppen erhöhen.

„Wir haben mit unseren Ankündigungen Wort gehalten und eindrucksvoll bewiesen, was man mit einem vertrauensvollen Miteinander erreichen kann“, sagt Dieter Stocker, Geschäftsbereichsleiter Ost bei Median. Er lobte die „ausgesprochen konstruktiven Verhandlungen mit einem couragierten und entscheidungsstarken Betriebsrat“. Bad Liebenwerda sei für die Median-Verantwortlichen „beispielgebend für andere Kliniken“.

Für Verdi ist die Lage bislang unklar. "Wir können uns derzeit noch nicht äußern, weil wir nicht wissen, ob es überhaupt eine schriftliche Vereinbarung gibt", sagte Axel Weinsberg auf kma Nachfrage. Weinsberg ist bei der Bundesverwaltung Verdi-Tarifsekretär für den Median-Konzern. Er kritisierte das offensichtliche Ziel des Median-Konzerns, die Gewerkschaft aus dem Unternehmen rauszuhalten. Nach dem Einstieg des Investmentfonds Waterland Ende 2014 habe es bei Median einen Paradigmenwechsel in Sachen Tarif gegeben.

Konzern will flexibel entlohnen
Die Median-Verhandlungen mit dem Betriebsrat sind keine Tarifverhandlungen, vielmehr wird über Vergütungsordnungen gesprochen, und es werden Arbeits- und Sozialordnungen entwickelt. Das jetzt offensichtlich erstmals angewandte flexible Lohnmodell berücksichtige die Situation der Klinik und der unterschiedlichen Berufsgruppen, heißt es bei Median. In der in Bad Liebenwerda ausgehandelten ersten Stufe würden differenziert Grundgehälter und Zuschläge erhöht. In Stufe zwei würden die Grundgehälter der examinierten Pflegekräfte und Physiotherapeuten sowie der Diätassistenten und des Sozialen Dienstes, der Pflegehilfskräfte und der Sporttherapeuten dann erneut steigen.

„Es ist eine der weitreichendsten Lohnerhöhungen, die wir je an der Klinik hatten“, sagt Dieter Stocker. „Wir gehen aber nicht mit der Gießkanne vor, wie bei der klassischen gewerkschaftlichen Tariferhöhung, sondern schauen genau, gemeinsam mit dem Betriebsrat, was in den einzelnen Berufsgruppen möglich ist.“ In einem nächsten Schritt werde die Geschäftsleitung mit dem Betriebsrat der Fontana-Klinik Mitte September weitere Punkte einer Arbeits- und Sozialordnung beraten und Zug um Zug umsetzen.

Für die Konzernverantwortlichen ist klar, dass das Bad-Liebenwerda-Modell auch an anderen Median-Standorten Schule machen soll. Entsprechende Gespräche würden in allen Geschäftsbereichen an zahlreichen Kliniken geführt, sagt Median-Geschäftsführer Kai Swoboda. In der Heinrich-Mann-Klinik in Bad Liebenstein etwa sei man bereits "relativ weit". Pikanterweise vertritt der Median-Konzernbetriebsrat bislang die Verdi-Position.

Verdi plant konzernweite Aktionen
In der Auseinandersetzung war der Ton zuletzt rauer geworden, und die Lage drohte zu eskalieren. Mitte Juni hatte Verdi die Beschäftigten der Median Klinik Berlin-Kladow zu einem Warnstreik aufgerufen. Der habe jedoch nur eine geringe Beteiligung gehabt und sich nicht auf den Klinikbetrieb ausgewirkt, hatte Median anschließend gemeldet. Rund zehn Prozent der Beschäftigten seien dem Aufruf zu einem achteinhalbstündigen Streik gefolgt.

Verdi dagegen war mit dem Ausstand in Kladow "sehr zufrieden", wie Axel Weinsberg erklärt. Der Warnstreik sei die erste Maßnahme eines Aktionsplans gewesen, der alle Median-Einrichtungen betreffe. "Da halten wir uns noch Steigerungen offen." Die Tarifkommission Median-Ost etwa, die für 13 Kliniken zuständig ist, habe Mitte Juni ebenfalls beschlossen, die Beschäftigten in den betroffenen Einrichtungen zum Streik aufzufordern.

Betriebsräte sind uneins
Median-Geschäftsführer Kai Swoboda hatte die Streikbeteiligung in Kladow als Zeichen dafür gewertet, „dass die Mehrzahl unserer Mitarbeiter der Geschäftsleitung vertraut und weiß, welche Auswirkungen die überhöhten Gewerkschaftsforderungen auf den Klinikbetrieb haben können“. Das Unternehmen hatte Verdi vorgeworfen, Lohnsteigerungen von insgesamt mehr als zehn Prozent zu fordern, und dies mit Hinweis auf eine Steigerung von nur zwei Prozent bei den Vergütungssätzen als völlig indiskutabel abgewiesen. Stattdessen biete Median den Beschäftigten an vielen seiner bundesweit 45 Standorte das flexible Lohnmodell an, sagt Swoboda. Statt gleichgeschalteter starrer Tarife plädiert er für Lohnmodelle, die Leistungen und Qualifikationen der Mitarbeiter belohnten. Das komme den regionalen ökonomischen Arbeitsbedingungen der Kliniken entgegen.

Verdi hatte auf eine laut der Gewerkschaft von zahlreichen Betriebsräten unterzeichnete Resolution verwiesen. Danach stehe man für Verhandlungen auf betrieblicher Ebene "nicht zur Verfügung". Die Unterzeichner verlangen vom Management, umgehend der Aufforderung von Verdi nachzukommen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Das allerdings ist für Median-Geschäftsführer Swoboda derzeit keine Option. Das Unternehmen sei vielmehr auch mit dem Konzernbetriebsrat im Gespräch, sagt Swoboda: "Wir reden darüber, denn wir wollen gemeinsam etwas bewegen."

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