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Uniklinikum DresdenEiner für alle(s) – Was macht eigentlich ein Mitarbeiterberater, Herr Mrosk?

Es gibt noch nicht viele wie Andreas Mrosk an deutschen Kliniken. Der Psychologe ist Mitarbeiterberater am Uniklinikum Dresden – Ansprechpartner für alle Beschäftigten bei Problemen jeder Art, beruflich wie privat. kma hat er von seinem Alltag berichtet.

Andreas Mrosk
Uniklinikum Dresden
Psychologe Andreas Mrosk ist Mitarbeiterberater am Uniklinikum Dresden. „Es gibt fast kein Thema, mit dem man bei mir falsch wäre“, sagt er.

Wer von ihm gleich eine fertige Lösung erwartet, wird vermutlich enttäuscht. „Ich bin keine Autowerkstatt“, sagt Andreas Mrosk und schmunzelt. „Aber ich bin gut darin, gemeinsam mit meinen Klienten Lösungsansätze zu suchen.“ Mrosk ist seit Dezember 2022 Mitarbeiterberater am Universitätsklinikum Dresden – und als solcher macht der Psychologe den rund 8000 Beschäftigten seine Tür weit auf: „Es gibt fast kein Thema, mit dem man bei mir falsch wäre.“

Egal, ob sich jemand beruflich anders entwickeln möchte, ein Kollege Hilfe im Umgang mit Stress sucht oder eine Kollegin ein Trauerfall in der Familie bedrückt – Mrosk bietet sich als Anlaufstelle für alle an, alle Berufsgruppen, alle Hierarchiestufen, als Prozessberater, wie er betont. „Es ist meistens gar nicht so wichtig, ob ich von dem Thema inhaltlich Ahnung habe. Meine Klienten entscheiden, wo die Reise hingehen soll. Ich begleite sie dabei, wie sie eine für sich passende Lösung finden.“

Die eigentlichen Experten für ihr Leben und ihre Probleme sind meine Klienten selbst.

Dieser Ansatz ist ihm wichtig. Stichwort: keine Autowerkstatt. „Psychologische Fach- und Feldkompetenz sind für die Beratung zwar unentbehrlich, die eigentlichen Experten für ihr Leben und ihre Probleme sind aber meine Klienten selbst“, betont der 34-Jährige: „Sie haben in ihrer persönlichen Geschichte schon so viele Lösungen und Strategien gefunden – meine Aufgabe ist es, mit ihnen zusammen zu ermitteln, welche dieser Erfahrungen bei dem aktuellen Problem nützlich sein könnte.“ Manchmal reicht dafür ein Termin aus, mit den meisten trifft er sich mehrmals.

Mrosk kümmert sich um dienstliche und private „Fälle“

Da ist zum Beispiel eine Abteilungsleiterin, die den Dienstplan so organisieren möchte, dass er sich für alle fair anfühlt. Oder ein Stationsteam möchte den Zusammenhalt nach den schwierigen Corona-Jahren so stärken, dass es „wieder wie vor der Pandemie“ ist. Oder jemand hat im Privatleben so große Schuldensorgen, dass kein Ausweg mehr gesehen wird. „Ich bin natürlich kein Finanzexperte“, sagt Mrosk, „aber wir können beispielsweise gemeinsam eine detaillierte Forderungsaufstellung machen, und anschließend vermittele ich dann eine Fachberatung.“

Das Verhältnis zwischen dienstlichen und privaten „Fällen“ halte sich in etwa die Waage, sagt der Psychologe, „aber häufig bedingt sich das ja auch“. Wenn etwa eine private Belastung dazu führt, dass eine Pflegekraft in der Klinik immer häufiger mit den Kollegen aneckt. In einem Gespräch zeigte sich beispielsweise, dass ein Kollege privat einen Menschen in Not aufgenommen hatte und dann von der beengten Wohnsituation zunehmend angestrengt war, was sich auch auf den Arbeitsalltag übertrug.

Eine Lösung von der Stange wird in der Regel nicht funktionieren.

Ob in seinem Fall oder wenn bei jemandem eine Karriere-Entscheidung ansteht, ein Konflikt am Arbeitsplatz unerträglich geworden ist oder auch mal eine Paar-Beratung gewünscht wird – immer gehe es darum, die jeweils optimale Strategie zu finden. „Eine Lösung von der Stange wird in der Regel nicht funktionieren“, sagt Mrosk, der Zusatzqualifikationen in Systemischer Beratung, Mediation und Krisenintervention mitbringt. Indem er zuhöre, nachfrage, auf Muster und Auswirkungen aufmerksam mache und andere Perspektiven beleuchte, „erweitere ich den Möglichkeitenraum“, sagt Mrosk.

Die Pandemie gab den Ausschlag

Ein Angebot wie seines ist in deutschen Kliniken noch selten. Für die Verantwortlichen in Dresden hat unter anderem die Pandemie den Ausschlag dafür gegeben, die bestehenden Unterstützungsangebote des Betrieblichen Gesundheitsmanagements, der Klinikseelsorge und der Kriseninterventionsteams um die neue Mitarbeiterberatung zu erweitern. Es seien noch nie dagewesene Belastungssituationen und Herausforderungen gewesen, sagt der Medizinische Vorstand Prof. Michael Albrecht: „Wir merken, dass für einen Teil der Mitarbeitenden aus dieser Zeit sowie aus den aktuellen politischen Situationen und den mitunter neuen beruflichen Anforderungen heraus Probleme entstehen – nicht nur innerhalb der Teams, sondern oft im privaten und familiären Kontext.“ Hier solle Mrosk pragmatisch und lösungsorientiert helfen.

Mit dem Angebot fördern wir auf eine neue Art auch die Gesundheit sowie die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden, entlasten die Teams und schaffen eine gute Atmosphäre.

Möglich wird seine Stelle durch Spenden, die die Moderatoren Jan Böhmermann und Olli Schulz mit ihrem Podcast „Fest & Flauschig“ unter anderem zugunsten der Stiftung Hochschulmedizin Dresden gesammelt haben. „Mit dem Angebot fördern wir auf eine neue Art auch die Gesundheit sowie die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden, entlasten die Teams und schaffen eine gute Atmosphäre“, ist der Kaufmännische Vorstand Frank Ohi überzeugt.

Podcaster spenden 317 000 Euro

Seinen neuen Mitarbeiterberater finanziert das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden durch eine Spende. Bei einer Weihnachtsaktion ihres Podcasts „Fest & Flauschig“ haben die Moderatoren Jan Böhmermann und Olli Schulz mehr als eine Million Euro für ihre Herzensprojekte gesammelt. Insgesamt 317 000 Euro davon gingen an die Stiftung Hochschulmedizin Dresden.

„Wir sind Jan Böhmermann enorm dankbar für diese große Spende und die damit verbundene Ermöglichung dieser höchst relevanten Position“, sagt Dr. Andreas Sperl, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung. „Der Mitarbeiterberater ist deshalb so wichtig, weil er nicht nur aktive Hilfe vor Ort leistet, sondern auch Familiensituationen von Mitarbeitenden der Hochschulmedizin positiv beeinflussen kann.“

 

Die Stelle ist unabhängig

Andreas Mrosk ist in seiner Position keinem Vorgesetzten gegenüber reportingpflichtig. Seine Stelle ist unabhängig. „Das ist eine Grundvoraussetzung für meine Arbeit“, betont der 34-Jährige, schließlich gehe es um Vertrauen. Er unterliegt der Schweigepflicht, führt in der Regel keine Dokumentation, und auch sein Büro liege zwar zentral, sei aber relativ diskret erreichbar – „hier im Gebäude gibt es noch viele andere Ziele“. Ohnehin sei es eine Mär, „dass hinterher alle wissen, wer sich bei mir Unterstützung geholt hat – andere erfahren das in aller Regel nur, wenn meine Klienten davon erzählen“.

Wenn die Beratung intern angeboten wird, ist die Hürde für die Beschäftigten viel geringer.

Mrosk weiß das, weil er schon die zwei Jahre vor seinem Wechsel nach Dresden Mitarbeiterberater war – an den Elblandkliniken, einer Gruppe von drei Regel- beziehungsweise Schwerpunktversorgern im sächsischen Landkreis Meißen. Dort hätten in der Zeit insgesamt rund 13 Prozent der Beschäftigten sein Angebot wahrgenommen, aus sehr ähnlichen und breit gefächerten Gründen wie jetzt beim dreimal so großen Arbeitgeber in Dresden. „Wenn die Beratung intern angeboten wird, ist die Hürde für die Beschäftigten viel geringer“, sagt Mrosk. Bei Beratungen durch externe Unternehmen, sogenannten „Employee Assistance Programs“ (EAP), liege die Nutzungsquote bei durchschnittlich zwei bis vier Prozent pro Jahr.

„Hausbesuche“ hat er bislang noch nicht gemacht

In Dresden setzt Mrosk jetzt darauf, dass seine Stelle nach und nach bekannter wird – am liebsten per Mundpropaganda. „Empfehlungen sind entscheidend“, sagt Mrosk. Er selbst ist flexibel. Möchte sich jemand nicht vor Ort beraten lassen, bietet er zum Beispiel einen Spaziergang oder einen Café-Besuch an. Auch Beratung per E-Mail und Telefon sei möglich, genau wie beispielsweise bei Langzeitkranken ein Treffen in der Nähe der jeweiligen Wohnung. „Die Frage ist immer, was sich die Menschen wünschen und was für sie nützlich ist.“ Nur „Hausbesuche“ habe er bislang noch nicht gemacht.

Den Kontakt zu seinen Klienten hält er häufig auch nach der Beratung. Deren Einverständnis vorausgesetzt, erkundigt Mrosk sich einige Wochen später, wie alles gelaufen ist. Viele melden sich auch per E-Mail oder kommen wegen eines anderen Problems erneut zu ihm. Was ihn bislang am meisten bewegt oder beeindruckt hat? „Fast alles“, sagt Mrosk: „Ich erlebe so viele spannende Menschen und ihre Geschichten – und treffe ständig Problemlöser.“ Und es mache große Freude, dabei zu sein, „wenn Menschen über ihren Schatten springen und sich Konflikte nach vielen Jahren endlich klären“. Dann überlegt er kurz und wird doch noch konkreter. Ganz besonders bewegend sei es, „wenn sich Trauer verändert – wenn Menschen Wege finden, mit der Situation umzugehen und dabei über sich hinauswachsen“.

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