
Die Kinder- und Jugendmedizin in Rostock ist seit Jahren Gegenstand intensiver Diskussionen. Im Mittelpunkt steht dabei die Idee eines Eltern-Kind-Zentrums (ELKI), das die bislang auf zwei Standorte verteilte medizinische Versorgung verbessern soll. Ein nun vorgestelltes Konzept sieht Investitionen in Höhe von 100 Millionen Euro vor – verteilt auf das Klinikum Südstadt (KSR) und den Campus der Universitätsmedizin Rostock (UMR).
Demnach soll die Geburtshilfe samt Kreißsaal und Entbindungsstation weiterhin in der Südstadt bleiben. Um die Versorgung zu verbessern, sind Sanierungen und ein Neubau samt Operationssaal vorgesehen. „Insbesondere die Neonatologie ist dringend auf einen Neubau angewiesen“, erklärt Prof. Jan Roesner, Der Ärztliche Direktor des Klinikum Südstadt Rostock. Dadurch sollen Neugeborene bei Bedarf direkt vor Ort operiert werden können.
Insbesondere die Neonatologie ist dringend auf einen Neubau angewiesen.
Zudem erhält die Neonatologie in der Südstadt, wo unter anderem Frühgeborene behandelt werden, eine Professur, so dass künftig auch in diesem Bereich akademisch ausgebildet werden kann. Die UMR verantwortet dafür diesen Fachbereich. Durch das Angebot der vollständigen kindermedizinischen Facharztweiterbildung wolle man die Attraktivität der Kinder- und Jugenklinik für junge Ärzte stärken, so Dr. Christiane Stehle, Vorstandsvorsitzende und Ärztliche Vorständin der Universitätsmedizin Rostock.
Verteilung auf zwei Standorte für bessere Versorgung
Zur Frage, warum sich die Kinder- und Jugendmedizin auch weiterhin auf zwei Standorte verteilen wird, erklärte die Schweriner Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) in Rostock, es gehe darum, nicht vom Standort her zu denken, sondern von der Versorgung der Kinder und Jugendlichen.
Ein Hauptanliegen sei gewesen, dass etwa Frühchen für Operationen „nicht durch die Stadt gefahren werden“. Das sei mit dem neuen Operationssaal in der Südstadt gegeben. Andererseits behandle die UMR mit ihren Fachbereichen aktuell 90 Prozent der Fälle in der Kinder- und Jugendmedizin. Daher sei ein Herauslösen der dortigen Kinderklinik nicht von Vorteil. Christiane Stehle, Vorstandsvorsitzende und Ärztliche Vorständin der UMR, ergänzte, die UMR behandle Kinder und Jugendliche eines breiten Altersspektrums bis zum 18. Lebensjahr. Es gebe viele Schnittstellen zur Erwachsenenmedizin. „Diese Infrastruktur erleichtert zudem die Behandlung komplexer Krankheitsbilder, die eine enge Kooperation von Kinderchirurgen, Neurochirurgen und weiteren Spezialisten erfordern“, betont auch Gesundheitsministerin Stefanie Drese.
Uns ist, glaube ich, hier ein richtig großer Wurf gelungen.
Ein sich abzeichnendes Festhalten an zwei Standorten hatte zuvor etwa der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag, Daniel Peters, kritisiert. Dies verdopple etwa Bau- und Betriebskosten. In der Vergangenheit war auch ein Eltern-Kind-Zentrum diskutiert worden, mit einer gemeinsamen Betreibergesellschaft. Martin zeigte sich jetzt dennoch vom vorgestellten Konzept überzeugt: „Uns ist, glaube ich, hier ein richtig großer Wurf gelungen.“
Stärkung der Region
Auch die Schweriner Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) zeigte sich zufrieden. Verhandlungen zu dem Thema seien lange Zeit schwierig und zäh gewesen. Das Eltern-Kind-Zentrum nannte sie einen „Leuchtturm für die Region Rostock, aber auch für Mecklenburg-Vorpommern insgesamt“. Das gelte für Forschung, Lehre und Versorgung. Das Zentrum werde auch mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und anderen Kliniken etwa via Telemedizin zusammenarbeiten – so entstehe eine sektorenübergreifende, interdisziplinäre Versorgung, die weit über die Region Rostock hinausreicht. Bettina Martin fügte hinzu: „Mit diesem Konzept wird es gelingen, nicht allein die medizinische Versorgung für die Kinder und Jugendlichen zu verbessern. Dieses Eltern-Kind-Zentrum wird auch die Aus- und Weiterbildung der Ärzte in Rostock weitaus attraktiver machen.“
Dieses Eltern-Kind-Zentrum wird auch die Aus- und Weiterbildung der Ärzte in Rostock weitaus attraktiver machen.
Jan Roesner, Ärztlicher Direktor am Klinikum Südstadt Rostock, entwarf ein entsprechendes Szenario: „Ein Kind wird an einem Standort X in Mecklenburg geboren.“ Es werde festgestellt, dass es zu früh geboren worden sei und entsprechende Expertise benötige. Per Telemedizin würden Daten ausgetauscht. „Unser Hubschrauber fliegt dorthin und wird das Kind mit einem Transportinkubator aufnehmen.“
Der Zusammenschluss erfordere eine Technik-Harmonisierung, Moderinisierung und Digitalisierung, erklärte Steffen Vollrath, Verwaltungsdirektor des KSR. Die Klinikinfrastruktur werde durch den bedarfsgerechten Neubau mit funktionalen und modernen Räumlichkeiten erneuert, der effektive Prozesse wie auch eine bessere Einbindung der Eltern ermöglicht. „IT-Systeme und Medizintechnik werden im neuen Eltern-Kind-Zentrum an beiden Standorten auf einen Stand gebracht - somit auch für eine Rotation von Ärzten weiter harmonisiert sowie telemedizinische Plattformen für Kommunikation, Datenaustausch und Befundung geschaffen.“
ELKI hilft Frühgeborenen
Das nun geplante, neue Geburtshilfezentrum soll auch die Unterbringung von Eltern verbessern, wenn beispielsweise Frühchen längere Zeit behandelt werden. In der Südstadt wird den Plänen zufolge auch weiterhin ein sogenanntes Level-1-Zentrum betrieben, wie Stehle erklärte. „Das heißt, da werden Kinder versorgt unter 1200 Gramm. Das sind die jüngsten, das sind die kleinsten, das sind die empfindlichsten.“

Die eingeplanten Investitionen in Höhe von 100 Millionen Euro verteilen sich je zu Hälfte auf die beiden Standorte. Für die Investitionen am UMR-Standort ist das Schweriner Wissenschaftsministerium zuständig. Die Kosten am Standort des kommunalen Klinikums Südstadt wollen das Gesundheitsministerium und die Stadt übernehmen. Nach Aussage der Landesministerinnen ist die Finanzierung Gegenstand anstehender Haushaltsgespräche. Die Baumaßnahmen sollen möglichst bald starten. Laut Drese könnten sie in der Südstadt schon in zwei Jahren beginnen.
Der Vorstand der UMR und die Klinikdirektion des KSR stehen gemeinsam für die Leitung des ELKI, verkünden die beiden Kliniken in einer Mitteilung. Fachlich werde das Zentrum durch ein Medical Board geleitet, dem die Ärztliche Vorständin der UMR, der Ärztliche Direktor des KSR sowie der Klinikdirektor der Kinder- und Jugendklinik der UMR, der Klinik für Kinderchirurgie der UMR, der Universitätsfrauenklinik der UMR am KSR und die Leitung der Klinik für Neonatologie angehören.







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