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„Realitätsverlust“Verdi reagiert auf Helios-Vorwürfe im Tarifstreit

Acht Helios Kliniken in Niedersachsen haben nach dem dritten Verhandlungstag mit Verdi kein neues Angebot auf den Tisch gelegt. Die Klinikgruppe und die Dienstleistungsgewerkschaft bezeichnen ihre Angebote gegenseitig als realitätsfern.

Kleine Holzfiguren sind in einem Kreis angeordnet
Andrii Yalanskyi/stock.adobe.com
Symbolfoto

Nachdem es auch in der dritten Verhandlungsrunde zwischen Verdi und dem Helios-Konzern keine Annäherung gegeben hat, wirft die Klinikgruppe den gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten angesichts ihrer Forderung von 15 Prozent Lohnerhöhung und einer Corona-Prämie von 1500 Euro „Realitätsverlust“ vor. Ein Warnstreik mit rund 1000 Helios-Beschäftigten fand am 12. Mai 2022 statt.

Diskussion um die Angemessenheit von 4,6 Prozent Lohnerhöhung

Helios sei selbst mit einem fairen Angebot in die Verhandlungen gegangen: 4,6 Prozent mehr Gehalt für die nächsten zwei Jahre. Hinzukommen konkrete Angebote zu einer Corona-Zahlung, der Pflegezulage und im Bereich der Jahressonderzahlung. Für die Klinik in Cuxhaven sieht Helios darüber hinaus noch weiteren Handlungsbedarf. Daher ist ein standortindividuelles Angebot, zusätzlich zu allen Punkten die im Verhandlungsverbund abgeschlossen werden, eingebracht worden. Trotzdem hat sich Verdi laut Helios keinen Millimeter auf das Verhandlungsangebot zubewegt.

Dazu Julia Niekamp, Verdi-Verhandlungsführerin: „In Zeiten massiv erhöhter Lebenshaltungskosten Klinikbeschäftigten eine Lohnerhöhung von 2,3 Prozent in diesem Jahr und nochmal 2,3 Prozent im nächsten Jahr als angemessen andrehen zu wollen -  das ist Realitätsverlust." Der Konzern verstehe wohl nicht, dass seine eigenen Beschäftigten der Überzeugung sind, dass ihnen mehr Geld für ihre verantwortungsvolle Arbeit zustehte.

Gehälter in Niedersachsen unter Konzerntarifvertrag

Mit ihren Haustarifen lieg Helios im und zum Teil sogar über dem Branchenschnitt, sagt Regionalgeschäftsführer Reiner Micholka (Region West), verantwortlich für drei von acht niedersächsischen Helios Kliniken. Seit 2018 haben die Helios Mitarbeiter*innen in Niedersachsen einen Reallohnzuwachs von 9,7 Prozent. Der Kaufkraftverlust durch die steigende Inflationsrate ist damit bereits eingerechnet. In den vergangenen fünf Jahren lagen die jährlichen Tarifanpassungen zwischen 3,4 und 5,0 Prozent – also deutlich über der Inflationsrate. „Das zeigt eindeutig, wie überzogen und unangemessen die aktuelle Verdi-Forderung ist, die in dieser Höhe deutschlandweit und über alle Branchen hinweg völlig aus dem Rahmen fällt“, sagt Franzel Simon. „Wir haben durch die Regulierung im Gesundheitssystem keine wesentlichen Möglichkeiten, selbst die Einnahmen zu erhöhen.“

Verdi kritisiert, dass Helios hier nur auf die Berufsgruppe der Pflege abstelle und verschweige, dass zur erfolgreichen Teamarbeit in Kliniken auch IT-ler, Sekretariatsmitarbeiter*innen, medizinische Fachangestellte und weitere Berufsgruppen gehören. Aber auch für die Pflege liegen derzeit die Gehälter bei den Helios-Niedersachsen-Kliniken zum Beispiel unter denen des Helios-Konzerntarifvertrags.

Weitere Tarifverhandlungen folgen

„Diejenigen, die sich hier organisieren, sind die Mitarbeitenden an den Helios-Kliniken. Sie sind nicht mehr bereit, die Situation klaglos zu ertragen, Personalmangel individuell zu kompensieren und damit selbst an gesundheitliche Grenzen zu gehen“, so Ivonne Wilms, Arzthelferin der Helios Klinik Cuxhaven, „wir wollen endlich Anerkennung für unsere Arbeit und das muss sich auch in einem entsprechenden Gehalt ausdrücken.“

Helios hat 2021 728 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet und der Mutterkonzern hat gerade erst für seine Aktionäre die Dividenden erhöht. „Glaubt Helios ernsthaft, die Beschäftigten würden das nicht wahrnehmen? Auch die Beschäftigten müssen von diesen Gewinnen profitieren, denn sie leisten die Arbeit, nicht die Aktionäre“, so Erika Czerny-Gewalt, Gewerkschaftssekretärin Verdi Bezirk Bremen-Nordniedersachsen.

Am 14. Juni werden die Tarifverhandlungen fortgesetzt.

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