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Hospitation am UKMWo die Roboter-Docs voneinander lernen

Wenn an der Uniklinik Münster Speiseröhren entfernt werden, dürfen neuerdings Kollegen anderer Kliniken live im OP-Saal zuschauen. Das UKM ist jetzt Hospitationsstätte für robotische Chirurgie und verfolgt damit gleich mehrere Ziele.

UKM Hospitationszentrum Robotik
Universitätsklinikum Münster
Austausch auf Augenhöhe: Direktor Prof. Andreas Pascher (r.) und Robotik-Experte Dr. Jens Peter Hölzen (l.) aus der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie des UKM mit Dr. Maximilian von Heesen von der Universitätsmedizin Göttingen, der bei einer robotisch-gestützten Speiseröhrenentfernung hospitierte.

Zur Premiere kam ein Team der Universitätsmedizin Göttingen nach Münster. Die Mediziner um Dr. Maximilian von Heesen, Geschäftsführender Oberarzt der Göttinger Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, waren die ersten, die am Universitätsklinikum Münster (UKM) offiziell live eine robotisch-unterstütze Entfernung der Speiseröhre verfolgen durften. Das UKM, das an seiner Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie bereits mehr als 200 dieser komplexen Eingriffe vorweisen kann, ist jetzt Hospitationszentrum für Kollegen im deutschsprachigen Raum. Damit bekommen Vertreter anderer Kliniken und Zentren die Möglichkeit, an der mehrstündigen Operation teilzunehmen. Ziel ist es, die Expertise in die Fläche zu bringen.

UKM-Robotik-Experte Dr. Jens Peter Hölzen ist einer von zwei Proktoren in Deutschland, „der die Roboter-assistierte Speiseröhrenentfernung lehren darf“, erklärt Klinikdirektor Prof. Andreas Pascher. Für seine Kollegen aus Göttingen kommt das genau zur rechten Zeit. Sie setzen die robotische Chirurgie bereits seit mehreren Jahren bei verschiedenen Krankheitsbildern ein, und wollen nun „auch die Speiseröhre mit Unterstützung der Robotik operieren“, sagt Maximilian von Heesen: „In einem Haus wie hier am UKM, wo der Eingriff so etabliert ist, kann man von einer Hospitation nur profitieren und wertvolle Infos mitnehmen.“

Vor Ort zu sein ist etwas ganz anderes als eine Videoschulung, das ist nicht vergleichbar.

Von Heesen geht es vor allem darum, live dabei zu sein, die Kommunikation des Teams im OP-Saal wahrzunehmen, zu schauen, wie Materialien und Techniken genutzt werden und wie die Anordnung im Raum ist. „Vor Ort zu sein ist etwas ganz anderes als eine Videoschulung, das ist nicht vergleichbar“, erklärt von Heesen. „Ich kann mich mit dem Team austauschen, Fragen stellen, kleinste Details sehen.“ Tabus gebe es dabei nicht, betont Jens Peter Hölzen, stellvertretender Direktor der münsterschen Chirurgie: „Es wird alles offengelegt, und das ist schon etwas, was es so früher in der Chirurgie nicht gegeben hat.“ Es gehe nicht darum, dass einzelne Operateure ihr Wissen behalten, „sondern sicherzustellen, dass wir flächendeckend in Deutschland die Patienten optimal versorgen können“.

Weniger Intensivbetten belegt

Statt drei bis vier Tage liegen Patienten nach einer Speiseröhrenentfernung laut UKM nur noch einen Tag zur Überwachung auf der Intensivstation. Ein 75-jähriger Patient zum Beispiel, bei dem Anfang Oktober die Speiseröhre entfernt worden sei, habe das Klinikum zudem nach genau 14 Tagen verlassen. Früher seien es drei bis vier Wochen gewesen. Den Patienten gehe es besser, und gleichzeitig würden in den Kliniken weniger Intensivbetten belegt, erklärt Klinikchef Pascher: „Das ist eine Win-Win-Situation für alle und ein wichtiges Argument, die robotische Versorgung in Deutschland weiter auszubauen.“

Kollektives Lernen auf Augenhöhe

Übernommen werde nach einer Hospitation übrigens nicht alles. „Wir haben etwas andere bauliche Voraussetzungen, auch Materialien sind zum Teil anders. Und wir haben ja auch selbst schon sehr viel Erfahrung“, erklärt Maximilian von Heesen. Insofern sei es eher ein Austausch, von dem beide Seiten profitierten. Sein Kollege Hölzen reiste denn auch bereits nach Göttingen, um dort einer der ersten Speiseröhrenentfernungen mittels Robotik beizuwohnen: „Für mich ist es ein kollektives Lernen auf Augenhöhe. Die Fragen regen an, das eigene Handeln zu reflektieren und helfen wiederum, auch bei uns Verbesserungen anzustoßen.“ Weitere Robotik-Teams aus Deutschland haben sich am UKM bereits angesagt.

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