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AntragstellungBeim Transformationsfonds sind strategische Wege gefragt

Bei allen Herausforderungen, die das KHVVG mit sich bringt, stecken im Transformationsfonds große Chancen. Aber die Zeit drängt: Kliniken müssen bis September 2025 überzeugende Anträge vorlegen.

Grafisches Fussballfeld mit taktischen Pfeilen
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Symbolfoto

Die Zahlen sind beeindruckend: 50 Milliarden Euro über zehn Jahre stellt der Bund mit dem Transformationsfonds für die Krankenhäuser bereit. „Im Vergleich zumKHZGist das mehr als das zehnfache Volumen“, ordnet Tibor Tinschmann, Partner bei WMC Healthcare, ein. Doch die schiere Größe des Fördermitteltopfes ist nur ein Aspekt – viel entscheidender ist seine strategische Ausrichtung. Dabei folgt der Fonds einer klaren Logik: Er soll die infrastrukturellen Maßnahmen finanzieren, die das KHVVG anstößt.

Das seit Januar 2025 geltende Gesetz treibt die bundesweite Einführung von Leistungsgruppen voran und stellt damit die Weichen für eine grundlegende Neuausrichtung der deutschen Krankenhauslandschaft. So tiefgreifende Veränderungen verursachen natürlich Kosten. „Die zu fördernden Maßnahmen sind auch deutlich teurer als die IT-Dienstleistungen des KHZG“, gibt der Experte zu bedenken. „Die absolute Summe mag hoch erscheinen, relativiert sich aber angesichts der Aufgabengröße.“

Antragstellung strategischer als beim KHZG

Der fundamentale Unterschied zu bisherigen Förderprogrammen liegt in der Herangehensweise. So funktionierte z.B. die Förderung im Rahmen des KHZG nach einem bewährten Muster. „Es gab klar definierte Kriterien, die für die einzelnen Fördertatbestände erfüllt werden mussten und wer diese nicht nachweislich umgesetzt hat, musste nach Ablauf der entsprechenden Übergangsfristen hohe Strafen zahlen“, beschreibt Burkhard Holz, ebenfalls Partner beim Beratungsunternehmen WMC, das System.

Beim Transformationsfonds gibt es hingegen keine Pflichtkriterien; stattdessen sind strategische Entscheidungen gefragt. „Der Transformationsfonds ist aktiver, die Förderlogik des KHZG war reaktiver.“ Klinikgeschäftsführer müssten sich daher zunächst überlegen, was sie im Sinne des KHVVG erreichen möchten, und dann prüfen, welche Fördertatbestände sie bei der Umsetzung unterstützen könnten.

Der Transformationsfonds belohnt eine durchdachte Zukunftsplanung.

Diese Freiheit bringt jedoch auch Verantwortung mit sich. Ohne fundierte Unternehmensstrategie wird es schwer, die richtigen Fördermaßnahmen zu identifizieren. „Der Transformationsfonds belohnt nicht das Abarbeiten von Listen, sondern eine durchdachte Zukunftsplanung“, macht Holz deutlich.

Bewährungsprobe mit engem Zeitfenster

Das erste Zeitfenster für Förderanträge schließt am 30. September 2025 – ein ambitionierter Zeitplan, wenn man die Komplexität des Verfahrens bedenkt. „Wer vom Transformationsfonds profitieren möchte, sollte jetzt dringend loslegen“, rät Tinschmann allen Kliniken, die noch nicht gestartet sind. Projektentwicklung, Abstimmung mit Partnern, ministerielle Rückkopplung und das Abarbeiten aller Antragsformalien benötige ausreichend Vorlaufzeit.

Und noch eines unterscheidet den Transformationsfonds vom KHZG: Vor Beginn der Maßnahme sind anfallende Ausgaben nicht förderfähig. Plant man zum Beispiel einen Neubau auf der grünen Wiese, um drei Kliniken zu einem zu fusionieren, muss für den Antrag bereits die gesamte Kostenstruktur angegeben werden.

„Man braucht eine Feinplanung, eine Betriebsplanung, ein Raumnutzungskonzept, etc. Das ist aufwändig und benötigt richtig viel Geld. Man ist da schnell im siebenstelligen Bereich und muss das ohne Fördergelder aus Eigenmitteln stemmen“, bringt Tinschmann das Problem auf den Punkt und empfiehlt, teure Fehlentscheidungen unbedingt zu verhindern.

Und selbst wenn die Planung dann steht, müssen die föderalen Anforderungen mit der medizinisch-strategischen Logik und wirtschaftlichen Effekten übereingebracht und in einen konsistenten Antrag überführt werden. „Für das alles gibt es noch keine Blaupausen“, macht Tinschmann deutlich. „Das ist sehr herausfordernd und schwierig.“

Transformationsfonds als Hebel für die Neustrukturierung

Das Fördervolumen von 50 Milliarden Euro verteilt sich auf acht zentrale Fördertatbestände, die von der standortübergreifenden Konzentration bis hin zu integrierten Notfallstrukturen reichen. „Der Transformationsfonds ist ein ganz zentraler Hebel, um die Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft aktiv voranzutreiben", betont Holz. Es geht um den gezielten Umbau von ganzen Gesundheitsregionen, sektorenübergreifende Angebote und bedarfsorientierte, effiziente Versorgungsstrukturen.

Dabei greifen Leistungsgruppen und Transformationsfonds eng ineinander: Der Fonds ermöglicht es Kliniken auch, bereits erfüllte Qualitätskriterien weiter zu festigen. „Ich kann damit sogar meinen Leuchtturm weiter festigen“, erläutert Tinschmann. Eine Klinik mit bereits starker Gefäßchirurgie, die die Qualitätskriterien für die Leistungsgruppe bereits erfüllt, könne beispielsweise den Bau eines Hybrid-OPs beantragen, um die Leistungsgruppe zu stärken und weiterzuentwickeln.

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Dabei funktioniert die Mittelvergabe nicht nach dem Gießkannenprinzip. „Wenn in einer Versorgungsregion ein Krankenhaus den Zuschlag gekriegt hat für einen Hybrid-OP, dann werden da nicht noch fünf weitere gebraucht", zeigt Holz auf, warum Schnelligkeit nicht nur wegen der anstehenden Fristen wichtig ist. 

Große Chance für integrierte Notfallzentren

Aber nicht immer muss es so ein großes Projekt wie ein Hybrid-OP oder ein ganzer Klinikneubau sein: Fördertatbestand 6, der auf integrierte Notfallstrukturen abzielt, kann Kliniken dabei helfen, ihre Notaufnahmen zu optimieren. Dadurch lassen sich Wartezeiten reduzieren, die Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Patienten steigt und auch wirtschaftlich werden sie tragfähiger.

Denn ein Dilemma belastet die Krankenhäuser seit Jahren: Niedrigkomplexe Patienten in der ZNA sind – so sagt es u.a. die Deutsche Gesellschaft für Notfallmedizin (DGINA) – unterfinanziert und verstopfen die ZNA-Strukturen. Dadurch stehen für diejenigen Patienten, die dort eigentlich behandelt werden müssen, nicht genügend Ressourcen zur Verfügung.

Und auch wirtschaftlich ist es für die meisten Häuser kaum mehr tragbar: „Durchschnittlich beträgt der Erlös pro ambulantem Fall 64 Euro, die Kosten liegen aber bei 126 Euro“, rechnet Holz vor. „Bei jedem ambulanten Fall in den stationären Notaufnahmestrukturen macht die Klinik also einen Verlust von 62 Euro.“ Mit einer INZ-Struktur und zentralem Tresen lässt sich eine saubere Patientensteuerung erreichen, die diese Verluste reduziert. „Für die hochkomplexen Patienten, die die stationäre Versorgungsstruktur brauchen, ist dann wieder Platz da", erläutert Holz die operative Logik.

Es gibt schon jetzt spannende telemedizinische Lösungen, die in der Praxis einfach funktionieren.

In den meisten Kliniken, wo dieses Konzept etabliert wurde, kamen dadurch sogar deutlich mehr Patienten in die stationären Versorgungsstrukturen. Und selbst Kliniken mit begrenztem Platz können von dieser Fördermöglichkeit beim Transformationsfonds profitieren.

Zwar ist eine der Förderbedingungen die sektorenübergreifende Zusammenarbeit von Krankenhaus und Kassenärztlicher Vereinigung (KV). „Die Umsetzung eines zentralen Tresens, an dem der Patientenfluss entsprechend gesteuert wird, braucht aber nicht zwingend viel Raum", erklärt Holz.

Wichtiger seien z.B. ein effizienter Triage-Prozess und eine intuitive Wegeführung mit einem gut gewählten Kreuzungspunkt der liegenden und laufenden Patienten. „Darüber hinaus gibt es schon jetzt spannende telemedizinische Lösungen, die in der Praxis einfach funktionieren und gleichzeitig die ambulante Vernetzung und Kooperation in der Region fördern."

Die Zeit läuft

Der Transformationsfonds bietet deutschen Kliniken eine historische Chance, den durch das KHVVG angestoßenen Strukturwandel proaktiv zu gestalten. Wer jetzt strategisch plant und bis September überzeugende Anträge vorlegt, kann die Zukunft seines Hauses nachhaltig sichern. „Die Zeit läuft und die Antragsstellung ist komplex“, zieht Tinschmann ein Fazit. „Die gute Nachricht ist, dass nicht alles neu erfunden werden muss.“

Die Botschaft ist klar: Wer wartet, riskiert nicht nur wichtige Entwicklungen zu verpassen, sondern gefährdet auch die eigene Wettbewerbsfähigkeit. Denn der Transformationsfonds ist mehr als ein Förderprogramm – er ist der Enabler für eine zukunftsfähige Krankenhauslandschaft. Man muss ihn nur auch zu nutzen wissen.

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