Strukturvorgaben existieren vor allem in den Prozedurencodes für die sogenannten Komplexbehandlungen. Die meisten davon sind relativ unstrittig, doch bei Abrechnungen aus der Intensivmedizin, beim Schlaganfall und in der Geriatrie knallt es regelmäßig. Kürzlich sorgte ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) drei Monate lang für regelrechten Aufruhr in der Klinikszene: Zu den für die Schlaganfallbehandlung notwendigen Voraussetzung zählt, dass entweder eine Neurochirurgie im Haus oder innerhalb von 30 Minuten erreichbar sein muss.
Das Gericht legte Ende Mai fest: „Dieser Zeitraum beginnt mit der Entscheidung, ein Transportmittel anzufordern, und endet mit der Übergabe des Patienten an die behandelnde Einheit des Kooperationspartners.“ Die bisher geltende Definition des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) sprach ausdrücklich von der Fahrzeit des Rettungswagens oder der Flugzeit des Rettungshubschraubers.
Die Folgen des Urteils bekamen viele Kliniken unmittelbar zu spüren, auch DKG-Präsident Gerald Gaß, der im Hauptberuf Geschäftsführer eines Landeskrankenhauses in Rheinland-Pfalz ist: „Wir haben drei Standorte mit Stroke Units. In allen dreien erbringen wir die komplexe Schlaganfallbehandlung. Nach dem BSG-Urteil wäre die Einhaltung der Strukturvorgabe fast unmöglich. Denn bei der Entscheidung ihn zu verlegen, liegt der Patient im CT. Er muss dann raus aus dem CT ins Rettungsmittel und dann in den Verkehr. Es ist bei dieser Auslegung nahezu unmöglich diese Behandlung in einer Klinik ohne neurochirurgische Abteilung im Haus vorzunehmen“, schimpft Gaß.
Im Fall seines Landeskrankenhauses forderte eine Kasse unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils allein für 2014 (aus diesem Jahr stammt die Klage) 2,2 Millionen Euro zurück. „Es gibt noch keine schriftliche Urteilsbegründung und trotzdem steht die Barmer schon bei uns auf der Matte. Das lässt den missionarischen Eifer mancher Kassen erkennen, durch den MDK eine Strukturbereinigung in der Kliniklandschaft zu erwirken“, wettert der DKG-Präsident. „Wenn die Politik derselben Meinung wäre, könnten wir ja damit leben. Aber das ist sie nicht. Die Landesregierung in Mainz wünscht ja, dass wir an unseren Standorten die komplexe Schlaganfallbehandlung anbieten.“
Kassen halten sich offenbar nicht an Präzisierung
Die DKG machte daraufhin mächtig Wirbel, bat das Bundesgesundheitsministerium um Stellungnahme und forderte das DIMDI auf, den OPS-Kode zu präzisieren. Mit Erfolg, denn das DIMDI stellte Anfang August in einer Präzisierung klar: "Die Zeit zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende ist die Zeit, die der Patient im Transportmittel verbringt."




Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen