
1. Ist es für die Zukunft realistisch zu erwarten, dass es ausreichend Pflegepersonal für eine wachsende Anzahl von Patienten geben wird? Oder muss man den Fokus ebenso eindringlich auf Prozessoptimierung legen und das Pflegepersonal mithilfe von digitalen Lösungen entlasten?
Eine für die wachsende Zahl der Patienten und die alternde Gesellschaft ausreichend zur Verfügung stehende Anzahl an Pflegepersonal halte ich für unwahrscheinlich. Selbst die zunehmende Zahl der Absolventen einer Pflegeausbildung können den Bedarf noch nicht abdecken. Daher appelliere ich, Aufgaben zu identifizieren, die von anderen Berufsgruppen – und nicht vom knapp vorhandenen Pflegepersonal – übernommen werden müssen! Wir brauchen innovative Ideen und den Mut, auch querzudenken und die üblichen Pfade zu verlassen.
Die verschiedenen Arbeitsschritte im Pflegealltag benötigen dringend eine Optimierung durch digitale Lösungen. Ich sehe da großes Potenzial in der Pflegedokumentation oder Schnittstellenoptimierung. Es ist tatsächlich noch immer alltäglich, die Daten sehr old school via Fax oder postalisch zu versenden. Das gehört meiner Meinung nach endlich abgeschafft. Wo sind die innovativen Ideen, die uns in der Praxis zur Verfügung stehen? Natürlich gibt es Anbieter auf dem Markt, jedoch sind es in der Regel individuelle Lösungen für einzelne Kliniken oder Klinikverbünde – die flächenübergreifende Lösung fehlt.
2. Eine Aufgabe des Pflegepersonals sind bürokratische Tätigkeiten. Wieviel Zeit verbringt eine Krankenschwester im Schnitt täglich mit der Dokumentation?
30 % der Arbeitszeit ist Dokumentation. Tendenz steigend!
3. Es muss also beinahe ein Drittel der Arbeitszeit für die Dokumentation verwendet werden. Inwieweit können digitale Dokumentationslösungen hier Zeit einsparen und das Personal entlasten?
Wünschenswert ist eine Entlastung der Dokumentation auf 10 bis 15 %. Dies würde eine hinreichende Arbeitszeit am und mit dem Patienten ermöglichen. Wir brauchen digitale Lösungen mit einer hohen Nutzerfreundlichkeit für die Dokumentation, die leicht verständlich sind. Die Usability des PKMS (Pflegekomplexmaßnahmenscore) zum Beispiel, ließ sehr zu wünschen übrig.
4. Aus Sicht einer Gesundheits- und Krankenpflegekraft: Welche Funktionalitäten wünschen Sie sich in einem digitalisierten Dokumentationssystem?
Ein digitales Dokumentationssystem sollte Sprachsteuerung und die Echtzeit-Einsicht für alle Beteiligten zulassen. Sie sollte Erinnerungsfunktionen für fehlende oder vergessene Handzeichen beinhalten sowie die Übertragung der dokumentierten Daten in eine Pflegeübergabematrix.
5. Ein nicht zu vernachlässigender Administrationsaufwand entsteht auch bei der Aufnahme sowie Entlassung der Patienten. Welche Veränderungen würden Sie sich hier wünschen?
Das ist ein interessantes und zunehmend bedeutsames Thema. Das Aufnahme-Personal hat oft fehlende Pflegekenntnisse, Ganzheitlichkeit ist schwierig und Berechtigungsfragen spielen immer eine Rolle. Dabei müssten Personen, die im Aufnahme- und Entlassmanagement arbeiten, nicht zwangsläufig eine ausgebildete Pflegekraft sein. Sie benötigt lediglich Hinweise oder Anweisungen, am besten durch digitale Lösungen, um die Patienten optimal auf den Krankenhausaufenthalt vorzubereiten. Noch wichtiger ist bei der immer kürzer werdenden Liegezeit ein effizientes System, das es ermöglicht, den Patienten gut versorgt in die Häuslichkeit zu entlassen.
Die Übergabe von Daten, Bildern und Befunden an weiterbehandelnde Ärzte ist momentan nicht optimal gelöst. Hier liegt viel Potenzial. Das Aufnahme- und Entlassmanagement ist ein Schlüsselthema für die Kliniken, da hiermit eine Patienten- und Fallsteuerung möglich ist und zufriedene Patienten und Kunden sowie Zuweiser gebunden werden können. Die nächste Generation der Patienten ist bereits da: sie erwarten zügige und professionelle Informationen rund um ihren Krankenhausaufenthalt, ebenso wie es die Personen rund um die Nachsorge tun.


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