Voraussetzung ist allerdings eine klare Aufgabenverteilung. Grundlegende Entscheidungen, etwa über hohe Investitionen, werden zentral getroffen oder zumindest im ständigen Dialog mit den Regionalgeschäftsführungen. So ist weniger Erfahrung nötig. Die Leistung vor Ort wird überwacht durch feste Performance-Indikatoren. Es gibt Konzernstandards für Wirtschaftlichkeitsberechnungen oder Bonus-Regelungen für medizinisches Führungspersonal. Für Budget-Verhandlungen rücken Fachleute aus der Zentrale zur Unterstützung an.
Schon aus eigenem Interesse sind die relativ unerfahrenen Jung-Geschäftsführer offen für ein enges Controlling. Sie sind schneller auf Linie und leichter zu lenken. Weil sie emotional zumeist noch nicht festgelegt sind, ist ein Jobwechsel kaum ein Problem. Die Familie hat noch nicht Wurzeln geschlagen, es lockt die nächste Herausforderung: „Diese jungen Geschäftsführer bleiben oft nur relativ kurz an ihrer ersten Stelle. Ihre Juniorität und Lernbereitschaft begünstigen schnelle Wechsel“, sagt Personalberater Hannes Sommer.
Neue Generation bringt Bewegung in klinische Prozesse
Allerdings erleben sie so auch selten die langfristigen Konsequenzen ihrer Entscheidungen. Und doch nehmen die jungen und unbeschwerten Führungskräfte offenbar wachsenden Einfluss auf die im Medizinbetrieb traditionell hierarchischen und wenig durchlässigen Leitungsstrukturen. „Top-down“, aber mit verbindlichem Auftreten etablieren sie die im Krankenhaus so notwendigen Modernisierungen von Kommunikationskultur und Führungsstilen: „Sie sind neugierig, bereit neue Wege einzuschlagen“, sagt Gerhard Nienaber.
Unvoreingenommen, kaufmännisch und psychologisch bestens geschult, nicht festgelegt – weder auf Geschlechter, noch auf Rollenklischees – und offen für den digitalen Wandel, bringen sie Bewegung in klinische Prozesse und in über Generationen eingeübte Machtrituale.
Ein Grünschnabel als Chef?
„Ich bin aufgewachsen mit einem klaren Rollenverständnis“, sagt Professor Heiko Rath (55), Ärztlicher Direktor der Helios Klinik in Rottweil, in welcher Nina Heitger die Geschäfte führt. „Chefs waren in meiner Jugend Männer, und sie waren älter“, sagt er. Diese Konstellation habe sich als Muster tief eingeprägt. Der Vorgesetzte war irgendwie auch Vaterfigur. So habe er die eigene Rolle schließlich auch interpretiert. Nun ist er konfrontiert mit einer Geschäftsführerin beinahe im Alter seiner Kinder: „Rein intellektuell ist das für mich kein Problem“, betont Rath.


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