Es scheint, als hätten die Folgen der Coronapandemie und des Angriffskriegs auf die Ukraine in der Tat die vielzitierte Zeitenwende für das deutsche Gesundheitssystem eingeläutet. Gleichsam haben sie wie ein Brennglas als Brandbeschleuniger auf die lange bekannten Probleme gewirkt. Auf der anderen Seite ist Deutschland noch immer einer der führenden Forschungsstandorte. Innovationen als Treiber in der Onkologie, der Chirurgie, die personalisierte Medizin und die Gentherapie seien hier nur beispielhaft genannt.

Künstliche Intelligenz unterstützt schon jetzt Ärztinnen und Ärzte bei der Analyse von Röntgen- und Ultraschallbildern in der Diagnostik und Behandlung. Forschende entwickeln KI-Lösungen für medizinische Spitzenforschung und ermöglichen damit medizinische Innovation. Der Computer wird als Sparringspartner für die Ärztin und den Arzt eine neue Ära des medizinischen Handelns einleiten.

Auch wenn die Digitalisierung im Bereich von elektronischer Patientenakte und E-Rezepten bisher nur schleppend vorangekommen ist, entwickeln sich Telemedizin, virtuelle Kliniken, digitale Anwendungen in der praktischen Umsetzung in vielen Best­Practices mit dem Ziel, die Versorgungsqualität aber vor allem eine flächendeckende Versorgung zu optimieren. Bei all diesem sichtbaren Fortschritt in der Medizin erscheint es mehr als notwendig, die Umsetzung in die stationäre und ambulante Krankenversorgung auf den Prüfstand zu stellen. Kommen die Innovationen nicht viel zu langsam, zu spät in der Praxis an, ausgebremst von Regularien, Bürokratie und sogenannter Sparzwänge?

Die Empfehlungen der Regierungskommission für eine Krankenhausreform und der politisch vorgegebene ambitionierte Zeitplan im Bereich der Krankenhäuserhaben eine intensive Dynamik ausgelöst. Die Definition von Leistungsgruppen und die Einteilung der Kliniken in Level, in denen die verschiedenen Leistungen erbracht werden dürfen, wird die Krankenhauslandschaft erheblich verändern. Ambulantisierung ist zum Zauberwort geworden. Aber wie lassen sich die 2500 im IGES­ Gutachten definierten ambulant durchzuführenden Operationen und stationsersetzenden Behandlungen in die Versorgungsrealität umsetzen – in den Kliniken, im KV-System?

Doch die neuen Lösungen lassen sich grundsätzlich nur mit gut ausgebildeten, motivierten und vor allem ausreichend vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bewältigen. Die permanent anwachsende Bürokratie, der ökonomische Druck und die Kommerzialisierung führen bei den Krankenhausmitarbeitern und im gesamten Gesundheitssystem zur Entfremdung, zu mangelnder Identifikation mit ihrer Tätigkeit. Motivation und Verantwortungswille und die Freude am Beruf gehen verloren. Eine Umfrage des Marburger Bundes ergab, dass jeder vierte Arzt über einen Berufswechsel nachdenkt. Es ist höchste Zeit, einen Perspektivwechsel zu vollziehen. Auf dem Deutschen Ärzteforum 2023 werden wir den notwendigen Transformationsprozess auch professionsübergreifend betrachten und in guter Tradition gemeinsam mit dem Deutschen Pflegekongress brennende Themen wie beispielsweise die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit diskutieren. Diskutieren Sie mit, um gemeinsam die besten Lösungen für eine weiterhin hochwertige Patientenversorgung in Deutschland zu entwickeln.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.