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Hauptstadtkongress 2023Mehr Chancen als Risiken

Der Hauptstadtkongress ist der Leitkongress für die Weiterentwicklung des deutschen Gesundheitssystems. Er ist damit auch Treffpunkt der entscheidenden Akteure aus den Bereichen Krankenhaus, Niederlassung, Krankenkassen, Medizintechnik, Industrie, Wissenschaft und Politik.

Prof. Dr. Karl Max Einhäupl
Wiebke Peitz/Charité
Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Charité und seit 2021 Kongresspräsident des Hauptstadtkongresses.

Die rasante Entwicklung innovativer diagnostischer und therapeutischer Verfahren auf der einen Seite und der zunehmende Kostendruck auf der anderen Seite stellen uns zunehmend vor Finanzierungsfragen, aber ebenso vor ethische Herausforderungen, um auch weiterhin einen solidarischen Zugang zu allen Errungenschaften aus Wissenschaft und Forschung zu gewährleisten.

Digitalisierung und KI

Der Rückstand Deutschlands in der Umsetzung digitaler Prozesse steht im Widerspruch zu der Spitzenstellung Deutschlands bei der Entwicklung digitaler Innovationen. Die bekannten Hürden zu benennen und Vorschläge zur Deregulierung zu unterbreiten, sind unter anderem die Ziele des Kongresses. Darüber hinaus muss der Fokus von der Prozessdigitalisierung auch auf die Digitalisierung biomedizinische Inhalte wie in der Genetik, der KI-basierten Datennutzung, etwa bei seltenen Erkrankungen oder deren Anwendung in diagnostischen Verfahren in Psychiatrie, Kardiologie oder Onkologie, erweitert werden. Wir sind aufgefordert zu antizipieren, wie diese Entwicklung unser Gesundheitssystem verändern wird.

Fehlende Fachkräfte

Der Fachkräftemangel, der längst nicht allein auf die Pflege begrenzt ist, die überfälligen Antworten auf Qualifikationswege für Pflegende und die Entwicklung von Karriereperspektiven für Pflegepersonal, Hebammen oder Therapeutinnen und Therapeuten sind zu lange ungelöst geblieben. Die vorhersehbaren Lücken in der Langzeitpflege werden das Problem weiter zuspitzen. Zu viele Ärztinnen und Ärzte verlassen die kurative Medizin. Es ist die Politik, die sich energisch darum kümmern muss. Aber es ist Aufgabe derer, die professionell und mit eigener Erfahrung die Politik fordern müssen, um gemeinsam konkrete Umsetzung anzustoßen und zu realisieren.

Hierzu bietet der Hauptstadtkongress ein ideales Forum.

Das DRG-System hat sich zunehmend zu einem Anreizsystem für mehr Leistungsmengen entwickelt. Jetzt wird es darauf ankommen, sich bei der Ablösung deutlich mehr an den Patienteninteressen zu orientiert.

Klinikfinanzierung und Krankenhausstrukturreform

Das DRG-System, einst als Instrument zur Vergleichbarkeit von Leistungen und zur Kostendämpfung entwickelt, hat sich zunehmend zu einem Anreizsystem für mehr Leistungsmengen entwickelt. Jetzt wird es darauf ankommen, sich bei der Ablösung deutlich mehr an den Patienteninteressen zu orientiert. Den von den Ländern vernachlässigten Krankenhausbau durch Fehlverwendung der Einnahmen aus DRGs zur Ersatzbeschaffung zu kompensieren, schwächt das Gesundheitssystem sowohl durch den Kommerzialisierungsdruck als auch durch die Reduzierung der für die Patientenversorgung vorgesehenen Ressourcen.

Die geplante Reform der Krankenhausstruktur – dargestellt in der dritten Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung mit grundlegender Reform der Krankenhausvergütung – wird absehbar zur Schließung kleinerer Krankenhäuser führen. Dabei darf die Diskussion nicht primär unter monetären Gesichtspunkten geführt werden, sondern viel stärker unter Qualitätsaspekten. Auch wenn die Reduzierung von kleinen Krankenhäusern grundsätzlich vernünftig ist, muss gleichzeitig eine wohnortnahe Versorgung von Patientinnen und Patienten in neuen Strukturen mit neuen Berufen sichergestellt sein. Auch hierzu bedarf es übergreifender Diskussionen, die nicht die Interessen einzelner Gruppen, sondern in erster Linie die Interessen der Patientinnen und Patienten im Blick haben müssen. Auch die damit aus dem Koalitionsvertrag erhobene Forderung nach einer stärkeren Ambulantisierung medizinischer Leistungen unter Einbindung niedergelassener Ärztinnen und Ärzte und gleichzeitiger Nutzung der Ressourcen von Kliniken erfordert eine faire und gerechte Balance der Vergütungsstrukturen.

Lassen Sie uns prüfen, ob regionale Lösungen nicht dort entwickelt werden können, wo ein fehlender Konsens jede Lösung verhindert.

Regionale Lösungen statt übergreifende Neuordnung

Das föderal organisierte Deutsche Gesundheitssystem hat nicht zuletzt in der Corona-Pandemie seine Schwächen, sondern auch seine Stärken offenbart. Die Harmonisierung von Interessen und Maßnahmen von 16 Bundesländern und des Bundes mag zunächst unerreichbar erscheinen. Gleichzeitig waren es aber deutsche Entwicklungen, die in unerwartet kurzer Zeit der Welt einen Impfstoff zur Verfügung stellen konnte. Lassen Sie uns prüfen, ob regionale Lösungen nicht dort entwickelt werden können, wo ein fehlender Konsens jede Lösung verhindert.

Da die zahlreich beteiligten Interessengruppen zunächst die Optimierung ihres eigenen Verantwortungsbereichs im Blick haben müssen, andererseits die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems aber nur gelingt, wenn dieses komplexe System in einer gemeinsamen Anstrengung angepasst wird, ist der Dialog unverzichtbar. Auch das Format der neuen offenen Bühne wird dazu einen entscheidenden Beitrag leisten. Zu alledem bietet der Hauptstadtkongress 2023 eine ideale Plattform.

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