Weil Krankenhäuser selbst nicht über große Investitionen im Hinblick auf Klimaschutz verfügen, braucht es ein politisches Vorgehen. „Es müssten landesseitig Standards gesetzt werden. Und wenn das Land klimaneutral werden möchte, muss es dafür sorgen, dass der zweitwichtigste Wirtschaftszweig in Nordrhein-Westfalen auch in die Lage versetzt wird, klimaneutral zu sein. Das kostet Geld“, fasst Wagner sein Gutachten zusammen. „Ich fürchte, ohne massiv Geld, auch öffentliches Geld, in die Hand zu nehmen, wird das Ziel der Klimaneutralität nicht erreichbar sein. Da bleiben wir bei schönen kleinen Einzelerfolgen. Ohne Investitionen würde es Jahrzehnte dauern, bis wir da sind, wo wir eigentlich in 20 Jahren sein müssten.“
Zu diesem Schluss kommt auch die Institute for Health Care Business GmbH (hcb) in ihrem Gutachten „Das klimaneutrale Krankenhaus – Finanzierungsmöglichkeiten von Umsetzungsmaßnahmen“. Durch die duale Finanzierung von Krankenhäusern – Krankenkassen kommen für die Betriebskosten auf, Investitionskosten hingegen werden durch die Bundesländer getragen – gibt es kaum Spielräume dafür, ohne Fördermittel größere Investitionen für den Klimaschutz zu tätigen. Dabei ist der benötigte Investitionsbedarf für das Erreichen der Klimaschutzziele beträchtlich. Im hcb-Gutachten wurde berechnet, dass dieser für Plankrankenhäuser in Nordrhein-Westfalen bei 7,1 Milliarden Euro oder auch bei 23 Millionen Euro pro Haus liegt. Bundesweit wurde eine Summe von 34 Milliarden Euro berechnet. Universitätskliniken sind hier nicht berücksichtigt.
Klimafonds für die Finanzierung
In Nordrhein-Westfalen entfällt ein Großteil dieser Kosten mit 6,3 Milliarden Euro auf die Gebäudehüllen, wobei nur 35 Prozent der Investitionskosten direkt dem Klimaschutz zugeordnet werden können. Die restlichen 4,1 Milliarden Euro stellen zwar Sanierungskosten ohne zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen dar, werden aber zur notwendigen Grundinvestition gezählt. Hinzu kommen nach Berechnungen der hcb noch 0,6 Milliarden Euro für eine dreijährige Anschubfinanzierung nicht-investiver Maßnahmen. Das sind beispielsweise die Etablierung des Klimaschutzmanagements im Krankenhaus oder Anreize für Mitarbeiter, für den Weg zur Arbeit auf das Auto zu verzichten.
Die Wissenschaftler der hcb empfehlen einen „Climate Boost“, um dies alles zu finanzieren. Dafür sollten Klimaschutzmaßnahmen als notwendige Investitionen in der Krankenhausgesetzgebung verankert werden. Über einen Krankenhaus-Klimafonds sollten zudem ausreichend finanzielle Mittel für den Weg zur Klimaneutralität zur Verfügung gestellt werden, also gut 7,7 Milliarden Euro über einen Zeitraum von sieben Jahren. Die Mittel könnten dann zweckgerichtet über eine Klimapauschale oder ein Sonder-Investitionsprogramm verteilt werden. Der Vorteil des Krankenhaus-Klimafonds liegt nach Ansicht der Wissenschaftler auf der Hand: Weil es sich um ein für alle Krankenhäuser einheitliches administratives Verfahren handelt, über das Investitionsmittel für Klimaschutzmaßnahmen beantragt werden können, ließen sich Klimaziele wirksamer und schneller umsetzen, als durch die aktuelle Vielzahl verschiedener Fördertöpfe.
Das Gutachten macht deutlich: Die öffentliche Investitionsförderung der Bundesländer ist seit Jahren unzureichend, es wird immer schwieriger, die Unternehmenssubstanz der Krankenhäuser zu erhalten. Unterbleiben die errechneten Investitionskosten oder werden nur teilweise ermöglicht, dann lassen sich auf diese Weise die Ziele der Bundesregierung nicht erreichen. In Nordrhein-Westfalen wurde die Arbeit der Wissenschaftler von der künftigen Landesregierung wahrgenommen: Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen, der im Juni vorgestellt wurde, heißt es, dass bestehende Hemmnisse für Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen in Krankenhäusern konsequent abgebaut werden sollen. Auch ein Klimaschutz-Krankenhausfonds soll eingerichtet werden. „Der Fonds soll aus Mitteln des Landes und des Bundes gespeist werden, wozu unmittelbare Verhandlungen mit dem Bund aufzunehmen sind.“ Es ist ein erster Schritt in Richtung klimaneutrale Krankenhäuser, der jetzt gemacht wurde.





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