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LGBTQ im Klinikalltag„Ideal ist, wenn man eine Queer-Community nicht mehr braucht“

Was ist für 2021 geplant? 

Bisher ist aufgrund der anhaltenden Pandemie noch nichts Großes geplant. Es werden aber sicherlich wieder Aktionen zur Steigerung der Sichtbarkeit und zur Sensibilisierung untereinander im Klinikum stattfinden. Auch wird jährlich eine Regenbogenflagge vor dem Haupteingang gehisst, auf die es in der Vergangenheit schon viele positive Reaktionen seitens Patient*innen gab.

Vergangenes Jahr hat die Unternehmenskommunikation kleine Regenbogensticker für die Namensschilder und Schlüsselbänder in Regenbogendesign verteilt. Eine Aktion, die bis heute von einem Großteil der Belegschaft gut angenommen wird. Die Schlüsselbänder wurden uns förmlich aus der Hand gerissen. 

Würden Sie sich wünschen, dass das Thema Diversity bei Helios eine größere Rolle spielt? In Berlin ist es sicherlich ein intensiveres Thema als im Schwarzwald.

Für uns drei ist das vorrangige Ziel, dass wir das Thema in unserem Klinikum voranbringen können. Deutschlandweit haben uns allerdings viele Rückmeldungen erreicht, was den Bedarf an anderen Kliniken aufzeigt. Das Thema lässt sich aber auch nicht überall gleich aufziehen, hier bedarf es eines genauen Konzeptes.

Kürzlich gab es die Kampagne #actout im SZ-Magazin, in der sich dutzende Schauspieler*innen auf dem Cover geoutet haben, was für große Diskussionen gesorgt hat. Wie weit ist die Medizinbranche davon entfernt? 

Der Unterschied zwischen öffentlichen Personen und uns Medizinern und unserem Job ist, eine gewisse Distanz und Neutralität zu anderen Menschen zu haben. Wir sind nicht der Freund oder das Vorbild der Patient*innen oder eine Person, mit der sich identifiziert wird. Daher ist in unserer Branche der Druck nicht so groß, sich öffentlich zu outen. Es stellt sich auch die Frage, inwiefern ein Outing in unserem Job eine Rolle spielt. In Bezug auf den Patienten sicherlich keine, im Team ist es etwas anderes. Man hat das Gefühl, dass in der Medizin prinzipiell eine höhere Akzeptanz zu diesem Thema besteht als in anderen Branchen. Menschen, die mit Menschen arbeiten, haben in der Regel weniger Vorbehalte. Auch innerhalb eines Teams sollte immer eine Atmosphäre herrschen, so dass es jedem möglich ist, sich zu outen, wenn er oder sie das möchte. Man muss aber auch regional unterscheiden. In Berlin selbst spielt das Thema sicher eine andere Rolle als in ländlichen Gegenden in einem kleinen Klinikum. Hier in Berlin werden Menschen per se überall mit LGBTQ-Themen und -Aktionen konfrontiert, während viele anderswo noch überhaupt nicht persönlich damit in Berührung gekommen sind.

Wir sind mit Sicherheit nicht so weit weg wie der Profi-Fußball, aber trotzdem noch weit entfernt von solch einer Aktion wie die der Schauspieler*innen. Auch innerhalb eines Klinikums in den verschiedenen Bereichen gibt es gewiss Unterschiede. Man muss unterscheiden, von welchen Professionen innerhalb der Branche man spricht. In der Pflege hat das Thema LGBTQ eine andere Bedeutung als in der Ärzteschaft. In unseren Kreisen fällt es vielen etwas leichter, sich zu outen. 

So simpel ein Regenbogenaufkleber auf dem Namensschild ist, wenn die Hälfte der Mitarbeiter das trägt, steigt die Hürde, einen diskriminierenden Kommentar abzugeben. Anders herum ist das Thema überall positiv sichtbar. Gefühlt ist die Macht des kleinen Symbols hier bei uns sehr groß. Das sollte noch viel breiter und offensiver gehandhabt werden, auch im Hinblick auf andere Häuser des Helios-Konzerns. 

(Anm.d.Red.: am 10.05.2021 outeten sich mit der Initiative #kickout nun auch über 100 Menschen aus dem Amateur- und Profifußball im Magazin Kicker)

Gibt es Beispiele im Haus, wo sich die Arbeit der Community bereits bezahlt gemacht hat? 

Hier haben wir leider zu wenig Gesamteinblick. Es gab bereits Rückmeldungen von Patienten, die sich explizit in unserem Haus behandeln lassen wollten, da offiziell bekannt ist, dass das Haus dem Thema positiv gegenübersteht. 

Die Akzeptanz innerhalb der Mitarbeiter durch alle Berufsgruppen hat mit den Stickern und Schlüsselbändern zweifellos zugenommen. Auch die Teilnahme am CSD 2019 war ein großer Erfolg für die Sichtbarkeit. Alle Plätze waren belegt und es gab noch viele Mitarbeiter, die auf der Warteliste standen. 

Ein Blick in die Zukunft: Wie sähe die ideale Queer-Community im Helios-Konzern für Sie aus? 

Ideal ist, wenn man sie nicht mehr braucht.

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