
Freiwillige Zwölf-Stunden-Schichten für mehr Flexibilität und freie Tage: Dieses Angebot macht das St. Elisabethen-Klinikum Ravensburg seinen Mitarbeitenden der Intensivstation seit kurzem. Die Pflegekräfte selbst hatten dies angeregt. Einmal in der Woche haben sie die Möglichkeit, eine Zwölf-Stunden-Schicht zu machen. Bei vier Schichten im Monat wären das zum Ausgleich mindestens zwei freie Tage zusätzlich.
„Einige junge Pflegekräfte sind auf mich zugekommen, um uns diese Möglichkeit vorzuschlagen. Sie wollten, dass wir das unbedingt ausprobieren. Wir sind für flexible Arbeitszeitmodelle jederzeit offen, wenn sie in der Praxis umsetzbar sind“, sagt Stationsleiter Frank Sauter, der 95 Pflegekräfte unter sich hat. Das ganze Team sei im Vorfeld dazu befragt worden. Eine Arbeitsgruppe habe sich gegründet, die ein Arbeitsmodell ausgetüftelt habe. Sechs Monate lang ging das Klinikum in die Pilotphase, um es auszuprobieren. Da es sich bewährt habe, hat die Oberschwabenklinik, zu der das Klinikum gehört, das Modell nun regelhaft eingeführt. Mit Erfolg: „Etwa die Hälfte des Personals hat sich dafür entschieden, auch lange Dienste zu leisten“, sagt Sauter weiter.
Mehr Qualität durch längere Schichten
Das Wichtigste bei der Umsetzung sei die Qualitätssicherung gewesen: Lässt die Arbeitsleistung etwa nach, wenn die Schicht zwölf Stunden lang geht, fragten sich Sauter und sein Team. „Im Gegenteil: Zum Teil nahm die Qualität noch zu“, betont der Stationsleiter. Das liege auch daran, dass bei zwei Zwölf-Stunden-Schichten im Schnitt eine Übergabe am Tag wegfällt und damit Zeit für die Pflege am Bett gewonnen werde. Für einige Mitarbeitende sei es einfacher gewesen, wenn sie ihre Patienten länger am Tag begleiten können, um so ein besseres Gefühl dafür zu entwickeln, was sie brauchen.
Das Modell sei sehr flexibel gehalten: Jede Pflegekraft könne selbst entscheiden, ob sie einzelne oder mehrere lange Schichten im Monat übernehmen wolle – oder auch gar keine und regulär wie bisher im Schichtmodell mitarbeitet. Die Zwölf-Stunden-Schichten dauern nach Angaben der Klinik von 6 bis 18.30 Uhr im Tagdienst und von 18 bis 6.30 Uhr im Nachtdienst, 45 Minuten davon sind für die Pause vorgesehen, die meist in zwei Abschnitte aufgeteilt werde.
Im Dienstplan sollten alle Interessen der Mitarbeitenden berücksichtigt werden: „Der Dienstplan soll immer auch ein Wunschplan sein“, sagt Sauter. Doch in der Realität sieht das natürlich anders aus, nicht alles sei umsetzbar. Auf der Intensivstation des St. Elisabethen-Klinikums werde in Sechserteams gearbeitet, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Deshalb könne je Team nur eine Person eine Zwölf-Stunden-Schicht übernehmen. „Sonst wäre das neue Modell nicht organisierbar“, sagt Sauter. Schwierig wird es nämlich, wenn Pflegekräfte mit langen Schichten plötzlich ausfallen. Denn dann brauche man gleich zwei Vertretungen.
Mehr Freizeit zum Ausgleich
Die Pflegekräfte seien mit der neuen Regelung zufrieden: Sie hätten mehr Zeit, sich intensiver und besser um ihre Patienten zu kümmern, es sei leichter, zu ihnen eine Beziehung aufzubauen, besser zu ihnen durchzudringen. „Die Übergaben auf der Station sind effizienter, es gehen weniger Informationen unter. Und natürlich haben wir durch längere Schichten als Ausgleich auch mehr Freizeit, das bedeutet: Wir können auch mal mehrere Tage am Stück freimachen“, sagt Stefanie Soares Sequeira, Pflegekraft der Oberschwabenklinik. Sie könne sich dadurch besser erholen, den Akku wieder aufladen. „Meist ist der Tag nach der Arbeit ohnehin schon gelaufen, ob man dann gleich länger arbeitet, schenkt sich nicht viel.“
Sauter bestätigt das: „Das Modell bringt für viele Mitarbeiter einen Gewinn an Lebensqualität und an Arbeitsmotivation. Wenn man seinem Team so entgegenkommen kann, dann macht man das auch.“ Es habe aber auch Pflegekräfte gegeben, die einmal die lange Schicht ausprobiert und festgestellt haben, dass sie am Ende müde und unkonzentriert waren. „Die haben sich dann für das bisherige Modell entschieden.“





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