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ManagementWenn der Betriebsrat die Zustimmung zum Dienstplan verweigert

Ein wesentliches Element des Arbeitszeitmanagements ist die Aufstellung von Dienstplänen. Dabei ist zwingend der Betriebsrat zu beteiligen. Denn ohne dessen Zustimmung darf der Dienstplan nicht umgesetzt werden. Über rechtliche und operative Konflikte.

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Ohne sie läuft nichts – Dienstpläne sind die Grundlage dafür, dass die Betriebsabläufe in Teams, Stationen und Abteilungen funktionieren. Der Dienstplan ist der letzte konkrete Schritt bei der Festlegung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit. Gerade in größeren Einheiten kann die Erstellung komplex sein und bei den unbeliebteren Schichten wie Nacht-, Wochenend- und Feiertagsschichten kommt es immer wieder zu Konflikten. Das Erstellen fairer Dienstpläne gestaltet sich besonders schwierig aufgrund des Personalmangels.

Rechtliche Grundlagen der Dienstplanerstellung

Bei der Erstellung eines Dienstplans muss der Arbeitgeber die einschlägigen rechtlichen Vorgaben einhalten. Dazu zählen zunächst die Regelung des Arbeitszeitgesetzes, das die maximal zulässige Arbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten festlegt. Ebenso sind die zahlreichen Abweichungen von den Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes im Gesundheitswesen zu beachten. Daneben bestehen in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und weiteren gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen, Vorgaben zum Arbeitszeitvolumen pro Tag, pro Woche oder zu einem anderen Referenzzeitraum sowie zu deren Verteilung.

Um einen Dienstplan korrekt erstellen zu können, muss der Arbeitgeber das gesamte „Regelwerk“ zur Arbeitszeit, das für seinen Standort zur Anwendung kommt kennen und bei der Zuordnung der Mitarbeiter berücksichtigen. Wann beziehungsweise wie weit im Voraus einer Dienstplanperiode ein Dienstplan erstellt werden muss, ist gesetzlich nicht geregelt. Vielmehr finden sich in vielen Tarifverträgen oder auch in Betriebs- und Dienstvereinbarungen Festlegungen zu Verfahrensabläufen. Hierzu zählen häufig Termine und Fristen, die bei der Erstellung des Dienstplans eingehalten werden müssen.

Änderungen des Dienstplans

An dem einmal mit dem Betriebsrat abgestimmten und bekanntgegebenen Dienstplan sind Arbeitgeber gebunden und können diesen nicht einseitig ändern. Jede Änderung des Dienstplans unterliegt also grundsätzlich der erneuten Mitbestimmung des Betriebsrates. Sofern nicht bereits in einem Tarifvertrag oder einer gesetzlichen Bestimmung der Ablauf von Dienstplanänderungen geregelt sind, ist entscheidend, eine betriebliche Vereinbarung zu finden, die eine Umsetzung von Dienstplanänderungen schnell ermöglicht.

Hierzu finden sich zahlreiche pragmatische Lösungen, wie beispielsweise gestaffelte Ankündigungsfristen, Modelle samt Zuschlägen zum „Holen aus dem frei“ oder die genaue Beschreibung von Eil- und Notfällen, wonach der Arbeitgeber auch einseitig handeln darf, aber im Nachgang den Betriebsrat unterrichten muss.

Bei Änderungen in der Dienstplanung sind die Interessen der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Arbeitnehmer dürfen eine Dienstplanänderung ablehnen, wenn sie beispielsweise zu kurzfristig ist. Der Arbeitgeber ist insofern gehalten, auf das Privatleben der Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen. Laut Rechtsprechung sind diese auch nicht verpflichtet, in ihrer Freizeit auf Nachrichten des Arbeitgebers zu achten, ob sich die Dienstplanung gegebenenfalls geändert hat.

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Rechte des Betriebsrats bei der Erstellung von Dienstplänen

Die Beteiligungsrechte der Betriebsräte, Mitarbeitervertretungen oder Personalräten bei der Dienstplanerstellung ergeben sich aus den jeweils einschlägigen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen. Nach § 87 Absatz 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat ein umfassendes Mitbestimmungsrecht bei der Arbeitszeit. Dies umfasst die Regelung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.

Laut Rechtsprechung des BAG endet dieses Mitbestimmungsrecht nicht bei der Vereinbarung von Arbeitszeitsystemen wie Schichtmodellen, Gleitzeit oder sonstige flexiblen Arbeitszeitregelungen wie Arbeitszeitkonten. Die Mitbestimmung umfasst somit auch die Zuordnung des Mitarbeiters zur Arbeitszeiteinheit – und die Erstellung von Dienstplänen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen, bevor ein Dienstplan umgesetzt wird. Dies betrifft die Erstellung des Dienstplans und jede Änderung. Ohne die Zustimmung des Betriebsrats sind Dienstpläne unwirksam und dürften nicht umgesetzt werden.

Verletzt der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, indem er den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt und Dienstpläne ohne dessen Zustimmung umsetzt, kann der Betriebsrat gerichtlich einen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber erwirken. Ebenso sind Ordnungs- und Bußgelder als auch Zwangsgelder denkbar, die den Arbeitgeber wirtschaftlich dazu zwingen können, die Nichtzustimmung des Dienstplans zu akzeptieren. Im Extremfall kann dies dazu führen, dass die abgelehnten Dienste der Mitarbeiter nicht umgesetzt werden dürfen. Dennoch muss der Arbeitgeber die Vergütungsansprüche der Mitarbeiter erfüllen.

Fehlende Zustimmung des Betriebsrats

Was aber, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat um Zustimmung bittet, dieser aber gar nicht reagiert oder die Zustimmung verweigert? Eine gesetzliche Frist zur Zustimmung des Betriebsrates besteht nicht. Äußert sich der Betriebsrat nicht zu einem Dienstplanentwurf, gilt die Zustimmung nicht als erteilt. Die Folge: Der Dienstplan ist blockiert.

Der Arbeitgeber kann dann zwar seinen Dienstplanentwurf im Betrieb mitteilen und die Mitarbeiter hierüber informieren, jedoch muss er diesen klar als Entwurf kennzeichnen und darauf hinweisen, dass die Zustimmung des Betriebsrats noch aussteht. Arbeitnehmer müssen den Dienstplan dann grundsätzlich nicht erfüllen, sondern können sich darauf berufen, dass der Plan unwirksam ist. Der Arbeitgeber kann nur auf den Goodwill der Beschäftigten hoffen, dass diese ihre Dienste ausüben. Dies schützt den Arbeitgeber jedoch nicht vor Unterlassungsverfahren durch den Betriebsrat.

Die fehlende Zustimmung des Betriebsrates zwingt den Arbeitgeber in ein Einigungsstellenverfahren. Hierfür müssen sich die Parteien auf einen Vorsitzenden, die Anzahl der Beisitzer und einen Verhandlungstermin einigen. Einigt man sich nicht über diese Punkte, muss die Einsetzung der Einigungsstelle beim zuständigen Arbeitsgericht erzwungen werden. Dies dauert selbst in dringenden Fällen in der Regel mehrere Wochen. Nutzt der Betriebsrat geschickt den Rechtsweg aus, kann es sich auch um Monate handeln, bis eine Einigungsstelle zusammentritt.

Diese Verfahrenssituation führt dazu, dass in betrieblichen Regelungen häufig eine feste Dauereinigungsstelle oder ein anderer Konfliktlösungsmechanismus vereinbart wurde. In der Praxis besteht also das erhebliche Risiko, dass ohne einen kooperativen Betriebsrat oder eine Beschleunigungsregelung der Arbeitgeber eine Zustimmung vor dem Beginn der Dienstplanperiode nicht erzwingen kann. Gleiches gilt für Dienstplanänderungen.

Tipps zur Vermeidung von Konflikten bei der Dienstplanerstellung

1. Vorausschauend planen – Dienstpläne sollten so rechtzeitig erstellt werden, dass die Einbindung des Betriebsrats gewährleistet ist und den Mitarbeitern genug Zeit für ihre Planung bleibt.
2. Ausgewogene Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Betriebes und der Mitarbeiter – dies reduziert unnötige Unzufriedenheiten.
3. Schichten fair verteilen – Eine gerechte Verteilung der Schichten, vor allem von Nacht- und Wochenendschichten, trägt dazu bei, Konflikte zu vermeiden.
4. Flexibilität wahren – Dienstpläne sollten eine gewisse Flexibilität für Eil- und Notfälle wahren.
5. Klar kommunizieren – Eine frühzeitige, klare Kommunikation des Dienstplans gibt Planungssicherheit und hilft, Missverständnisse zu vermeiden.

Missbräuchliche Blockade durch den Betriebsrat

Richtungsweisend sind Entscheidungen wie der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem März 2019. Dort ist klargestellt, dass der Betriebsrat seine Mitbestimmungsrechte nicht missbrauchen darf, um eine Blockadehaltung einzunehmen (BAG, Beschluss vom 12. März 2019 – 1 ABR 42/17). Vielmehr muss der Betriebsrat eine nachvollziehbare Begründung liefern, wenn er sich gegen einen Dienstplan ausspricht. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt nach Auffassung der Gerichte allerdings nur dann vor, wenn der Betriebsrat jede Einigung verhindert, obwohl der Betrieb weiterlaufen muss.

Hat der Arbeitgeber den Verdacht, dass der Betriebsrat einen Dienstplan rechtsmissbräuchlich blockiert, kann er beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung beantragen, um die Umsetzung des Dienstplans zu erreichen. Voraussetzung ist aber, dass er den Nachweis führt, dass die Blockade des Betriebsrats rechtsmissbräuchlich ist. Dies ist in der Praxis häufig schwer nachweisbar, denn wenn der Betriebsrat nicht gänzlich ohne Begründung ablehnt, handelt es sich in der Regel formell betrachtet nicht um einen Missbrauch.

Denkbar ist, sich auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu berufen. In dem vor dem BAG 2019 verhandelten Fall hatte sich der Betriebsrat geweigert, an Einigungsversuchen teilzunehmen und keine Beisitzer für die Einigungsstelle benannt. Das BAG betonte hier, dass aus dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch eine Mitbestimmungspflicht resultiert. Gleichzeitig stellte das BAG klar, dass von einem missbräuchlichen Verhalten nur ausnahmsweise und bei besonderen Umständen ausgegangen werden kann.

Fazit

Bei der Erstellung von Dienstplänen und deren Änderungen haben die Betriebsräte ein weitreichendes Mitbestimmungsrecht. Dadurch sollen die Interessen der Arbeitnehmer geschützt werden, aber ebenso eine reibungslose Betriebsführung sichergestellt werden. Die Rechtslage ermöglicht es jedoch Betriebsräten, die Zustimmung von Dienstplänen und deren Änderungen nahezu grundlos zu verweigern oder diese als Druckmittel für Koppelungsforderungen wie beispielsweise Sonderzahlungen oder Zuschläge durchzusetzen, die an sich in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Dienstplan stehen.

Arbeitgebern ist daher zu raten, bei der Dienstplanerstellung mit den Betriebsräten betriebliche Regelungen zu schaffen, die klare Vorgaben für die Erstellung und schnelle effektive Konfliktlösungen umfassen. Stellt ein Arbeitgeber fest, dass Betriebsräte versuchen die Dienstplanabläufe als Blockademittel zu nutzen, ist kurzfristig eine rechtliche und kommunikative Abwehrstrategie zu entwickeln. Denn der Missbrauchsnachweis dürfte nur in extremen Ausnahmesituationen möglich sein.

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