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kma im InterviewÜber Unklarheiten und Grauzonen beim barrierefreien Bauen

So gilt seit vielen Jahrzehnten für die Anbringung von Türdrückern das Norm-Maß von 1,05 m über Oberkante Fertigfußboden. Sicherlich mehr als 90 Prozent aller Türdrücker und Lichtschalter in Deutschland befinden sich auf dieser Höhe. Für Sehbehinderte und kognitiv Eingeschränkte ist das extrem wichtig. Sie haben sich diese Höhe ein Leben lang eingeprägt. DIN 18040 schreibt nun aber eine 20 cm niedrigere Anbringung vor, die für Rollstuhlnutzer mit nicht beweglichem Oberkörper ideal ist, jedoch den Bedürfnissen von fast allen anderen eingeschränkten und nicht eingeschränkten Menschen widerspricht.

Für Menschen im Rollstuhl ist das sicherlich eine Erleichterung. Aber letztlich müssen hier die Belange von allen gewürdigt werden. Und zuweilen stehen diese Ansprüche auch im Widerspruch zueinander.

Können Sie weitere Beispiele nennen, wo sich die Planung von Krankenhausbauten durch Vorgaben zur Barriere­freiheit ändern werden?

Etwa im Bereich der Fluchtwege. Bisher werden die Menschen in Gefahrensituationen über Treppen selbstständig und gegebenenfalls über Fenster mit Hilfe der Feuerwehr evakuiert. Für Menschen im Rollstuhl sind solche Rettungswege natürlich nicht selbstständig nutzbar, was dem Grundsatz ‚selbstständig und ohne fremde Hilfe‘ widerspricht. Deshalb werden wir wahrscheinlich die Hauptpodeste der Treppenhäuser von Neubauten künftig vergrößern, um in dem geschützten Bereich Treppenhaus sichere Wartezonen ausweisen zu können, die von Rollstuhlnutzern selbstständig erreicht werden können.

Die Vergrößerung der Hauptpodeste hat eine eklatante Vergrößerung der Treppenhäuser zur Folge und kann bedeuten, dass wir tradierte Gebäudetypologien in Frage stellen müssen. Ein weiteres Beispiel sind taktile Leitsysteme für Sehbehinderte. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Noppen oder Rillen, die in den Bodenbelag auf- oder eingearbeitet werden, um Sehbehinderten Besuchern die Orientierung zu erleichtern. Ein Aufwand, der nicht an allen Stellen sinnvoll oder herstellbar ist.

Als Erleichterung für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit wirken außerdem Farbkontraste, etwa zwischen Türblatt und Türzarge, oder erhabene Raumnummern, die ertastet werden können.

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