
Herr Krämer, welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Vorgaben für barrierefreies Bauen im Krankenhaus?
Generell regelt eine Vielzahl von Richtlinien und Verordnungen das Bauen im öffentlichen Raum. Das Thema Barrierefreiheit wird zunächst in Landes-Bauordnungen geregelt. Die Inhalte der Bauordnungen können sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Das wichtigste Regelwerk in diesem Zusammenhang ist aber die DIN 18040, die inzwischen in beinahe allen Bundesländern verbindlich eingeführt ist. Diese DIN-Norm formuliert bis ins Detail die Vorgaben für Barrierefreiheit und muss in diesen Bundesländern bei allen Neubauten für die öffentliche Nutzung umgesetzt werden.
Welches Prinzip liegt ihr zu Grunde?
Die wichtigste Forderung der DIN 18040 lautet: ‚Erreichbarkeit für alle.‘ Menschen mit Behinderungen sollen sich selbständig und ohne fremde Hilfe zurechtfinden können. Das bedeutet den Abbau von Hindernissen für Gehbehinderte in Form von Aufzügen und Rampen ebenso wie Orientierungshilfen für Menschen mit Sinneseinschränkungen. Geht es nur um Neu- oder auch um Umbauten und Sanierungen? DIN 18040 behandelt grundsätzlich beides. Bei Umbauten gilt allerdings das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Hier hat das Bau-Aufsichtsamt als genehmigende Behörde Ermessensspielräume.
Was bedeutet das in der Praxis?
Das heißt zumindest, dass es oft Unklarheiten und Grauzonen gibt. Die Notwendigkeit, Bauvorschriften zu interpretieren und auf das konkrete Bauvorhaben zu übertragen, zwingt die Bauherren immer häufiger dazu, umfangreiche Gutachten in Auftrag zu geben. Auslegungsspielräume bringen es außerdem mit sich, dass sich die Einschätzung ändern kann, wenn die zuständige Person in der Genehmigungsbehörde wechselt. Bei komplexen Bauvorhaben, die von der Planung bis zur Schlüsselübergabe mehrere Jahre dauern, kommt das nicht selten vor.
Krankenhäuser haben es außerdem oft mit einer Mischung aus alter und neuer Bausubstanz zu tun. Gebäude unterschiedlichen Alters sind miteinander verwoben und durch Anbauten miteinander verbunden. Das macht die Beurteilung noch schwieriger. Bei der Sanierung von Teilflächen muss teilweise ein unverhältnismäßig großer Aufwand getrieben werden, der die Baukosten nach oben treibt.
Was bedeutet das für Ihren Alltag als Architekt?
Der Grad an Komplexität nimmt ständig zu. Es gibt tausende von Verordnungen und technischen Richtlinien. Das kann ein Einzelner gar nicht mehr überblicken. Im Bereich des Krankenhausbaus ist man inzwischen gezwungen, für eine Vielzahl von Themen Sachverständige zu beschäftigen, die die umfangreichen technischen und rechtlichen Planungsgrundlagen interpretieren und ordnen. Sind die Vorschriften in Sachen Barrierefreiheit kongruent und für alle Behindertengruppen gleich wichtig und hilfreich? Auch in diesem Punkt gibt es leider Widersprüche.


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