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Klage gegen UnterfinanzierungErika Raab gegen die Bundesrepublik – nächste Runde

Im Frühjahr 2024 hat Prof. Erika Raab den Bund mit dem Vorwurf der Unterfinanzierung von Krankenhäusern verklagt. Nun bereitet sich die Chefin der Kreisklinik Groß-Gerau auf eine mündliche Gerichtsverhandlung dazu vor.

Erika Raab
Sandra Schildwächter/Kreisklinik Groß-Gerau
Streitbare Klinikchefin: Prof. Dr. Erika Raab.

Es ist ein wirklich dickes Brett, das Prof. Dr. Erika Raab da bohrt – und sie braucht viel Geduld. Im März 2024 hatte die Geschäftsführerin der Kreisklinik Groß-Gerau am Landgericht Darmstadt für das von ihr geleitete Haus in Hessen Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Es geht um die Unterfinanzierung von Krankenhäusern und Schadensersatz in Millionenhöhe. Es dauerte bis Ende 2024, bis der Bund durch seine Rechtsanwälte auf die Klage erwiderte, worauf wiederum die Rechtsanwälte der Kreisklinik im März 2025 reagierten.

Nun geht das Verfahren offenbar in die nächste Runde. Der Sachverhalt solle in einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Darmstadt diskutiert werden, teilt die Kreisklinik mit, deren alleiniger Gesellschafter der Landkreis Groß-Gerau ist. Ein Termin dafür stehe allerdings noch aus. Spätestens in der zweiten Instanz werde der Fall dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden müssen.

Unterstützung durch andere Kliniken

Seit Einreichung der Klage hätten einige Kliniken das rechtliche Vorgehen unterstützt und sich teils selbst mit eigenen Schadensersatzklagen angeschlossen, heißt es in der Mitteilung. Weitere Einrichtungen sowie Verbände und politische Vertreter würden im Austausch mit der Kreisklinik weitere Schritte erwägen.

Raabs Haus selbst, das in dem Verfahren durch die Kanzlei Boemke und Partner Rechtsanwälte aus Leipzig begleitet wird, fordert zunächst mehr als 1,7 Millionen Euro Schadensersatz für das Jahr 2023. Das sei der Betrag, der trotz voller Leistung nicht durch das geltende Finanzierungssystem gedeckt worden sei, heißt es. Zusätzlich verlange das Verfahren eine grundsätzliche Klärung: Muss der Staat für künftige Schäden aufkommen, wenn das System strukturell unzureichend bleibt?

Das führt dazu, dass Krankenhäuser in der gesamten Republik ausbluten.

„So wie das Gesundheitssystem derzeit funktioniert, können viele Kliniken ihren Auftrag nicht mehr erfüllen – zumindest nicht ohne dauerhafte Verluste“, erklärt Raab. Dabei seien sie gesetzlich dazu verpflichtet, die Versorgung aufrechtzuerhalten. „Das führt dazu, dass Krankenhäuser in der gesamten Republik ausbluten“, kritisiert Raab: „Die Regierung muss für ein auskömmliches finanziertes Gesundheitssystem sorgen, dafür setzen wir uns ein.“

Die juristische Argumentation der Klage basiere auf europäischen Regeln, erklärt Rechtsanwältin Ramona Hellwig von der Kanzlei Boemke und Partner Rechtsanwälte: „Öffentliche Dienste wie Krankenhäuser müssen so ausgestattet sein, dass sie ihre Aufgabe erfüllen können.“ Im Mittelpunkt stehe die Frage, ob die Krankenhausfinanzierung in Deutschland mit den europäischen Vorgaben zur Grundversorgung vereinbar ist.

Werden diese Voraussetzungen systematisch verfehlt, kann daraus ein Staatshaftungsanspruch entstehen.

„Denn das europäische Recht schützt nicht nur Märkte, sondern auch Menschen“, so Hellwig: „Es fordert ein hohes Gesundheitsschutzniveau, Zugang zur Versorgung – und Rahmenbedingungen, die es den Leistungserbringern ermöglichen, diesen Auftrag zu erfüllen. Werden diese Voraussetzungen systematisch verfehlt, kann daraus ein Staatshaftungsanspruch entstehen.“

KHVVG greift zentrale Argumente auf

Wenige Monate, nachdem die Kreisklinik ihre Klage eingereicht hatte, war das neue Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) verabschiedet worden. Einige zentrale Argumente aus der Klageschrift fänden sich darin wieder, heißt es, was auch begrüßt werde. Für die Vergangenheit allerdings gebe es keine Nachbesserung, wird gleichzeitig betont. Zudem bleibe „das Grundproblem der Unterfinanzierung der Krankenhäuser bestehen“ – und dies trotz der vier Milliarden Euro Soforthilfe für Krankenhäuser für zwei Jahre, welche die Gesundheitsministerkonferenz am 12. Juni verabschiedet hat.

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