
Weiterhin verzeichnen die Intensivstationen in Deutschland steigende Patientenzahlen. „Einen Effekt des Lockdowns spüren wir auf den Intensivstationen immer mit einer Verzögerung von 14 Tagen bis drei Wochen – aber derzeit ist noch gar nichts zu spüren“, sagt der neue Präsident der DIVI, Prof. Gernot Marx, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen.
Man steuere kontinuierlich auf die Marke von 6000 Covid-19-Patienten zu. „Eine Lockerung von Maßnahmen, Begegnungen von mehr Menschen oder die Öffnung von Geschäften können wir uns aus medizinischer Sicht deshalb absolut noch nicht leisten“, so Marx.
Vorhersage nächster Wochen erst ab Mitte Januar
Die medizinische Versorgung der Bevölkerung könne bei möglichen Lockerungen – und dadurch wieder steigenden Infektionszahlen – nicht mehr aufrechterhalten werden, konstatiert der Präsident der DIVI. Wie lange der Lockdown fortgesetzt werden müsse, könne er derzeit aber noch nicht vorhersagen. Was den Intensivmedizinern derzeit für Prognosen fehlt, sind valide Infektionszahlen. „Die Datenbasis ist durch die vergangenen Feiertage sehr lückenhaft. Vor Mitte Januar ist die Entwicklung der kommenden Wochen für uns daher nicht sicher einschätzbar, frühestens ab dem 11. Januar“, erklärt Marx.
Die DIVI hat gemeinsam mit der RWTH-Aachen ein Prognosemodell entwickelt, dass sich im Dezember bereits als sehr verlässlich herausgestellt habe. So sei es den Intensivmedizinern gelungen, die Entwicklung der Belegungszahlen auf den Intensivstationen sehr genau im Voraus zu berechnen – und damit zum Beispiel frühzeitig die Verlegung von Intensivpatienten aus stark belasteten Regionen in Regionen mit mehr freien Intensivbetten zu veranlassen. „Wir können, werden und wollen jeden Patienten behandeln – aber dies ist in einigen Regionen Deutschlands nicht mehr in Wohnortnähe möglich“, erläutert Marx. „Auch deshalb ist eine Fortsetzung des Lockdowns unumgänglich: Die Stationen sind voll. Das Personal arbeitet am Anschlag unter extrem hohen physischen und psychischen Stress!“
Knapp 8000 neue Covid-Patienten über Weihnachten
So zitiert Marx aus den Zahlen des DIVI-Intensivregisters: „5744 Corona-Patienten werden heute auf den Intensivstationen in Deutschland behandelt, mehr als 56 Prozent müssen beatmet werden. Am 23. Dezember waren es noch 5243 Covid-19-Patienten – also könnte man folgern, dass „nur“ 501 dazugekommen sind. Das ist aber falsch! Leider sind über die Feiertage alleine 2516 Patienten auf den Intensivstationen verstorben, 4922 konnten die Intensivstation wieder verlassen. Entsprechend haben die Ärzte und Pfleger also in den vergangenen 12 Tagen insgesamt 7939 neue, sehr kritisch kranke Covid-19-Patienten, ganz zu schweigen von den anderen knapp 15 000 Intensivpatienten, behandelt“.
Deshalb appelliert Marx an die Politik: „Aus medizinischer Sicht gibt es absolut keinen Spielraum für Diskussionen über mögliche Lockerungen!“





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