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MedizintextilienDresdner Forscher tüfteln an Bio-Garn aus Krabbenpanzern

Mit Bio-Garn aus Krabbenpanzern wollen Dresdner Wissenschaftler den Markt für Medizintextilien verändern. Der Grundstoff für ihre Garne ist Chitin - gewonnen aus Panzern von Krabben, Krebsen und anderen Meerestieren.

„Für ein Abfallprodukt so eine tolle Verwendung zu finden, ist eine klasse Sache“, sagt Rolf-Dieter Hund, Forschungsgruppenleiter Textilchemie am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstoffe (ITM) der TU Dresden. Wegen der blutstillenden und antibakteriellen Eigenschaften eignen sich die Textilien etwa für Pflaster, Verbände, chirurgisches Füllmaterial, OP-Materialien oder auch Kleidung für Neurodermitis-Patienten. .

Jedes Jahr fielen in der Nahrungsmittelindustrie riesige Mengen Chitin an, sagt Hund. Die Wissenschaftler vom Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstoffe (ITM) beziehen es als weiß-graues Pulver namens Chitosan. In einem Nassspinnverfahren entsteht in Dresden aus dem Pulver rein biologisches Garn, das sich im menschlichen Körper abbauen kann.


30 bis 40 Meter Garn pro Minute
„Die Wirksamkeit hängt davon ab, wie rein der Grundstoff ist und wie hochwertig das Material in der Herstellung“, sagt Uta-Christina Hipler, Leiterin des In-vitro-Forschungslabors der Klinik für Hautkrankheiten am Jenaer Universitätsklinikum. Seit Jahren wird im Labor mit Chitosan-Produkten gearbeitet.

Am Dresdner ITM wird das Garn in einer kleinen, separaten Halle gesponnen. Glänzende Kessel, Behälter, Düsen und Walzen reihen sich aneinander. Das Pulver wird gelöst, gefiltert, unter Vakuum von Luftblasen befreit und durch kleine Düsenlöcher gedrückt. Die so entstehenden Fäden werden gewaschen, getrocknet und mit einer Schutzschicht versehen. An mehreren Tagen im Monat läuft die Anlage, zwischen 30 und 40 Meter Garn werden pro Minute gesponnen.

Maßgeschneiderte Implantate
Entstanden ist die Idee für das Krabben-Garn vor etwa sieben Jahren: Die Forschungsgruppe für Bio- und Medizintextilien des ITM habe sich für Chitosan in textiler Form interessiert - allerdings habe sich nirgendwo ein solches Garn auftreiben lassen. „Also haben wir beschlossen, dass wir es selbst machen. Das war die Geburtsstunde.“

Seit etwa drei Jahren kann die Forschungsgruppe mit dem Hightech-Garn arbeiten, testet verschiedene Anwendungen - unter anderem in der regenerativen Medizin. „Als maßgeschneiderte Implantate für Bauchdeckenrekonstruktion, für Knorpel und Knochendefekte“, erklärt Ronny Brünler von der Gruppe. Kleiner Nachteil: Das Garn aus Krabbenpanzern ist mindestens 100 mal so teuer wie normales Textilgarn.

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