Seit dem Jahr 2001 gibt es die Fusion von Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und der Computertomografie (CT). Sie ist so erfolgreich, dass PET-CT-Geräte für den klinischen Einsatz reine PET-Scanner auf dem Markt bereits ab 2004 vollständig verdrängt haben. Die etwas jüngere Verbindung des PET mit der Magnetresonanztomografie (MRT) ist dagegen noch nicht so etabliert, obwohl die Hersteller Siemens und Philips erste kombinierte PET-MRT-Systeme für Ganzkörperuntersuchungen schon im Jahr 2010 auf dem Kongress der Radiological Society of North America (RSNA) vorgestellt haben. Das Potenzial dieser Kombination schätzte die Industrie trotzdem schon damals hoch ein. Auch General Electric hat mittlerweile nachgezogen und auf dem deutschen Röntgenkongress 2014 einen eigenen PET-MRT Hybrid präsentiert.
Das Beste aus zwei Welten
Die Vorteile der Hybride liegen auf der Hand: Die Patienten müssen statt zwei nur noch eine Untersuchung über sich ergehen lassen, was auch die Personalkosten reduziert. Außerdem ist die Untersuchungszeit um die Hälfte kürzer als bei zwei gesonderten Untersuchungen. Der entscheidende Vorteil der PET-MRT-Fusion ist aber, dass sie die Welt der Weichteile mit der Welt des molekularen Zellstoffwechsels verbindet. Die MRT-Technik erlaubt eine sehr hohe räumliche Auflösung und die Darstellung funktioneller Vorgänge. Die PET ermöglicht Aussagen über molekulare Vorgänge. Durch die Kombination von PET und MRT kann man unterschiedliche, aber komplementäre Arten von Aktivitäten simultan beobachten. Beide Techniken ergänzen sich in ihrer Funktion optimal. Die MRT hat Schwächen in der Darstellung von molekularen Vorgängen des untersuchten Gewebes. Gerade dieser Punkt ist aber die Domäne der PET. Die Schwächen der PET hingegen liegen in der Anatomie. Dies ist wiederum eine Stärke der MRT.
Derzeit werden die Hybridgeräte vor allem zur Stadienbestimmung kindlicher Malignome, zur Diagnose von Demenzerkrankungen, zur Primärdiagnostik und posttherapeutischen Verlaufskontrolle bei Hirntumoren und bei der Vitalitätsdiagnostik am Herzen eingesetzt. Bislang ist die PET-MRT allerdings nur an wenigen Standorten im klinischen Einsatz. Nach kma-Informationen hat Siemens weltweit etwa 60 Geräte installiert, nur fünf davon stehen in Deutschland. Das liegt vor allem an den Kosten: Schon der Preis für ein Hybrid aus PET und CT beträgt rund eine Million Euro. Ein PET-MRT kostet etwa das Fünffache. Der Hybrid von Philips kostet dagegen etwas weniger. Der Nachteil dieses Systems ist, dass beide Geräte nur durch einen Patientenauflagetisch miteinander verbunden sind. Simultane Untersuchungen sind damit also nicht möglich.
In-Vivo-Profile von Tumoren erstellen
Das Potenzial der simultanen Aufnahmetechnik ist allerdings noch nicht vollständig erforscht. Bernd Pichler, Direktor der Abteilung für präklinische Bildgebung und Radiopharmazie der Uniklinik Tübingen, ist maßgeblich an der Entwicklung des PET-MRT beteiligt. Er und seine Arbeitsgruppe entwickelten in Pionierarbeit das weltweit erste präklinische und klinische kombinierte PET-MRT. „Als wird das System Ende der 90er Jahre entwickelten, wollten wir nur die anatomische Information vom MRT zeitgleich mit den PET-Messungen überlagern. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass wir damit auch Spektroskopie machen und damit die Möglichkeit des MRT voll ausschöpfen können. Das macht die kombinierte Anwendung noch sinnvoller, etwa für die Neurologie“, so Pichler. Auch in der Onkologie könnten sich in Zukunft weitere interessante Anwendungsgebiete erschließen. So erforscht Pichler derzeit, inwieweit sich mit PET-MRT Echtzeitprofile von Tumoren generieren lassen. Sollte dies gelingen, könnte das die Tumorbehandlung revolutionieren. „So ein molekulares, funktionelles und morphologisches In-Vivo Profil ist für Versuche der Pharmaindustrie interessant, die akute onkologischen Erkrankungen in chronische Erkrankungen zu überführen, so wie das bei Diabetes und HIV der Fall ist“, erklärt Pichler. Damit könnten Ärzte die Veränderungen von Tumorzellen schneller erfassen und deren Wachstum mit Hilfe von Medikamenten stoppen und so besser im Griff haben.
Fusion von Ultraschall und MRT
Die Entwicklung in Sachen Hybrid ist damit aber noch nicht abgeschlossen. Mittlerweile ist es möglich, MRT-Systeme auch mit anderen Behandlungssystemen zu fusionieren. So hat Philips bereits vor vier Jahren ein System vorgestellt, das den MRT-Einsatz bei gleichzeitiger Bestrahlung mit hochfokussiertem Ultraschall ermöglicht (MR-HIFU). Hierbei werden Ultraschallwellen gezielt in das Körperinnere geleitet und können dort punktgenau ihre Wirkung entfalten. Sie erwärmen das zu behandelnde Gewebe auf 65 Grad Celsius mit der Folge, dass es abstirbt. Überprüft wird die Behandlung mit einem Magnetresonanztomografen, der Bilder und Temperaturangaben aus dem Körperinneren liefert. Diese Sichtkontrolle in Echtzeit verhindert, dass benachbartes Gewebe beeinträchtigt wird. Derzeit wird die Kombination schon bei der Behandlung von gutartigen Geschwulsten der Gebärmutter eingesetzt. Philips arbeitet momentan daran, das Anwendungsspektrum auf die Behandlung von Prostatakrebs zu erweitern. „Die Behandlung von Knochenmetastasen mit MR-HIFU wird ebenfalls erforscht. Hier könnte die Kombination als palliatives Verfahren zur Schmerzlinderung beitragen und wäre dann eine neue Alternative zu starken Medikamenten oder Strahlentherapie“, so Johan Overweg, Principal Scientist für MRT-Technologie bei Philips.
Echtzeitbildführung in der Strahlentherapie
Eine weitere Kombinationsmöglichkeit steckt dagegen noch in den Kinderschuhen: der Einsatz von MRT in der Strahlentherapie. Bei der Strahlentherapie wird Röntgenstrahlung eingesetzt, die über einen Linearbeschleuniger auf einen Tumor gerichtet wird, um Krebszellen abzutöten. Zwar wird der Tumor vor der Behandlung exakt abgemessen, um gesundes Gewebe möglichst nicht zu zerstören. Die Bewegungen des Patienten und dessen Organe während der Behandlung sorgen dennoch oft dafür, dass sich die Tumorposition verschiebt. Daher ist es bislang übliche Praxis, je nach Lage des Tumors zusätzlich fünf bis zehn Millimeter des den Tumor umgebenden Gewebes zu bestrahlen. Die Echtzeitbildführung mit MRT könnte sich hier als segensreich erweisen, denn das könnte den Ärzten auch während der Bestrahlung exakte Positionsbestimmungen des Tumorgewebes liefern.
Ob sich die Technik im medizinischen Alltag durchsetzt, steht bis jetzt noch in den Sternen. Selbst der Name für die Neuentwicklung steht noch nicht fest. Die Hoffnungen sind allerdings hoch: „Die Integration von MRT und Linearbeschleuniger könnte uns ermöglichen, die Menge an gesundem Gewebe, das während der Strahlentherapie bestrahlt werden muss, deutlich zu reduzieren – möglicherweise auf nur noch einen Millimeter rund um den Tumor“, erklärt Jan Lagendijk vom niederländischen University Medical Center (UMC) in Utrecht, wo die Potenziale des Prototypen derzeit ausgelotet werden. Bis zur Marktreife des Geräts werden laut Philips allerdings noch drei bis vier Jahre vergehen.


Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen