Herr Schaller, warum verändert sich die Medizintechnikbranche derzeit so grundlegend?
Der Effizienz- und Kostendruck und die zunehmende Konsolidierung im Bereich der Medizinischen Versorgung verändern auch unsere Branche. Denn die Optimierung der klinischen Arbeitsabläufe und wirtschaftliche Effizienzsteigerungen gehören inzwischen zu den dringendsten Anforderungen im Gesundheitswesen.
Was bedeutet das konkret?
Früher reichte es, einfach das beste Produkt anzubieten. Gerade in der Bildgebung sind wir ja Innovationsführer in fast allen Bereichen. Heute fragen uns die Kunden ganz gezielt, welche operativen und finanziellen Verbesserungen aus unseren Innovationen resultieren. Hier können wir dann zeigen, dass Hightech kein Selbstzweck ist. Dadurch, dass unser Computertomograph Somatom Force mit sehr niedriger Dosis sehr schnell qualitativ hochwertige Bilder macht, kann beispielsweise bei Kindern eine Sedierung vermieden werden. Und wenn sich mit diesem CT die Kontrastmittelmenge bei Nierenkranken reduzieren lässt, dann nützt das nicht nur den Patienten, sondern es entlastet auch die Arbeitsabläufe in der Klinik und damit deren Budget.
Ein vielversprechender Ansatz, die Planungssicherheit der Krankenhäuser zu verbessern, sind auch moderne Konzepte wie Systempartnerschaften oder Managed Equipement Services. Das reicht von Geräteservice und -bewirtschaftung bis hin zum Betrieb ganzer Untereinheiten wie dem Labor. Hier verwischen die Grenzen zwischen dem, was wir tun, und dem, was die Kunden machen.
Der Wechsel vom reinen Produktlieferanten zum Systempartner stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Welche Partnerschaften fragen Gesundheitsversorger hauptsächlich nach?
Das ist ganz verschieden. Wir haben in unserem Portfolio Angebote, die Kliniken und Krankenhäusern nicht nur ein umfassendes Paket von Beratung, Medizintechnik, Updates und Wartung bieten, sondern zusätzlich maßgeschneiderte Finanzierungslösungen umfassen. Denn Gesundheitsversorger suchen inzwischen verstärkt nach Partnern, die ihr Know-how kontinuierlich einbringen und umfassende Prozessverantwortung übernehmen. So ist auch in Deutschland die Komplettaustattung und -bewirtschaftung ganzer Kliniken zunehmend gefragt. Bereits im Jahr 2001 haben wir mit dem Klinikum St. Georg in Leipzig eine erste strategische Partnerschaft geschlossen, heute sind wir in diesem Segment deutschlandweit führend.
Neben der Charité, Vivantes oder Helios und einer Vielzahl weiterer, auch kleinerer Häuser, haben wir im vergangenen Jahr mit Curagita/DeRaG auch einen Managed-Service-Vertrag mit einem großen Kunden aus dem ambulanten Bereich geschlossen. Zusammen mit unseren Kunden entwickeln wir neue Möglichkeiten, um sie für die Herausforderungen des Gesundheitsmarktes fit zu machen. Wir sprechen hier quasi von der Anwendung industrieller Logik im Gesundheitswesen. Hier geht es darum, gemeinsam effiziente Abläufe zu gestalten, ausgereifte Versorgungsstandards zu kreieren und nachhaltige Geschäftsmodelle aufzusetzen – alles unter dem Gesichtspunkt der Teilung von Chancen und Risiken.
Bietet es in diesem Umfeld einen Vorteil, mit Siemens Financial Services gleichzeitig einen Finanzierungspartner im Boot zu haben?
Ja, die Finanzierung ist bei vielen Projekten – angesichts von Investitionsstau und gleichzeitigem Kostendruck – natürlich ein ganz wesentlicher Bestandteil. Unser jüngstes Beispiel aus den Niederlanden zeigt allerdings, dass wir uns auch über die Finanzierung hinaus einbringen, wenn der Kunde dies wünscht: So errichten wir gemeinsam mit Partnern für das Krankenhaus Admiraal De Ruyter Ziekenhuis (ADRZ) in Goes einen kompletten OP-Trakt. Die sechs Operationssäle statten wir mit medizinischen Systemen aus und bewirtschaften diese über zehn Jahre hinweg. Gebäude und Gerätepark werden wir an den Klinikbetreiber vermieten. Dieses Modell ermöglicht es der Klinik, eine große Investition von rund zehn Millionen Euro zu stemmen und dabei gleichzeitig die Finanzierungskosten über den Vertragszeitraum gleichmäßig zu verteilen.


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