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Robotik im OPVom talentierten Chirurgen zum Systemmanager

Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA galt als strenger, was die Zulassung von Medizintechnik angeht. Hier haben die amerikanischen Medizintechnikunternehmen also nicht unbedingt einen Vorsprung. Und der dritte Teil ist die Frage, wie eine neu zugelassene Medizintechnik sich denn in Kliniken verbreitet. Wenn ich die 150 Da-Vinci-Systeme in deutschen Kliniken mit den rund 3 000 Da-Vinci-Systemen in amerikanischen Kliniken vergleiche, dann kommt man hierzulande pro zwei Da-Vinci auf rund eine Millionen Einwohner, in den USA sind das dagegen neun pro eine Millionen Einwohner. Und das liegt vor allem an dem Thema des Reimbursements. In den USA werden die Zusatzaufwände, die durch den Roboter entstehen, zumindest im privaten Bereich von den Versicherungen gedeckt. Das ist bei uns eben nicht so.

Die Stoßrichtung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist hier, bei einem hohen Standard der Gesundheitsversorgung die Gesundheitskosten möglichst gering zu halten – daher werden hier neue Technologien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit kritisch hinterfragt, vor allem ihre langfristigen Auswirkungen. Gerade im Bereich der Medizintechnik ist es aber sehr schwierig, hierzu jene repräsentativen prospektiv-randomisierten Studien abzugeben, wie sie etwa in der Pharmaindustrie üblich sind.

Aber die Robotik im OP liefert doch durchaus Vorteile für das Patientenwohl?

Es ist ziemlich offensichtlich, dass die robotergestützte Chirurgie ein sehr großes Potenzial hat. Man sieht, dass diese Technik viel präziser ist, der Chirurg sieht viel mehr – etwa 3D –, man ist viel gelenkiger, man kann kleinere Strukturen operieren, das Zittern der Hände wird nicht mehr übertragen und der Chirurg hat eine weniger ungesunde Körperhaltung. Die Frage ist nur, wie lange sich so ein Verfahren erst entwickeln muss, bis man aus dem Potenzial auch eine gewisse Performance ableiten kann. Ich nenne das die Lernkurve des Verfahrens. Wenn man wie hier noch relativ am Anfang mit einer neuen Technologie steht, ist es immer extrem schwer, sich mit dem konkurrierenden alten Verfahren zu messen, das sieht man aus der Geschichte der Innovationen.

Was müsste besser laufen, um diesen Transfer schneller leisten zu können?

In einem Punkt hat sich bereits etwas getan, und zwar in Form des Paragrafen 137h im SGB V. Er besagt, dass es für risikoreiche Medizinprodukte eine gewisse Zeit lang auch eine Kostenerstattung geben kann, wenn es die Aussicht auf langfristige Vorteile für den Patienten gibt. Man hat seitens des Gesetzgebers also erkannt, dass es eine Innovationsbremse ist, wenn der Weg zwischen Zulassung und Einführung in die klinische Routine zu lang ist. Unternehmen denken wirtschaftlich, und wenn sie keine Aussicht darauf haben, Geld mit dem Produkt zu verdienen, dann wird es auch nicht entwickelt.

Welche Neuerungen gibt es denn in Sachen Robotik im OP abseits des Da-Vinci?

Hier haben wir wieder das Thema, dass Robotik im Gesundheitsbereich nicht präzise gefasst ist. Siemens Healthineers haben beispielsweise gerade bekannt gegeben, den US-Robotikanbieter Corindus kaufen zu wollen, der mit seinen Produkten den Anwender in der interventionellen Kardiologie unterstützt. Mit Robotik werden bei den Healthineers aber auch Röntgen- und Angiografieanlagen in Verbindung gebracht, bei denen die Bewegungen durch einen Roboterarm ausgeführt werden. Auch in der Orthopädie werden Roboter heute genutzt – etwa in Form des Produktes Mako von Stryker –, die Knochen fräsen, um damit Prothesen besser einpassen zu können. In der Weichteilchirurgie stellen sich derzeit gerade mehrere Anbieter auf, die versuchen, das Monopol des Da-Vinci zu brechen und an dem Milliardenmarkt zu partizipieren. Hier gibt es Unternehmen, die applikativ einen sehr ähnlichen Ansatz fahren wie Intuitive Surgical.

Die Firma Avateramedical aus Jena etwa baut applikativ ein dem Da-Vinci sehr ähnliches System. In Korea gibt es den Hersteller Meere, der den gleichen Ansatz verfolgt, sein System namens Revo momentan allerdings nur in Korea vertreibt. Und dann gibt es Unternehmen wie Transenterix oder auch CMR Surgical, die ein etwas anderes Prinzip verfolgen. Die haben nicht, wie beim Da-Vinci, ein Robotergestell, an dem vier Arme hängen, sondern vier verschiedene Basen, an denen jeweils ein Arm montiert ist. Das soll applikativ Vorteile haben, weil das System damit flexibler positionierbar ist.

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