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Robotik im OPVom talentierten Chirurgen zum Systemmanager

Mit der Einführung des Da-Vinci-Systems hat die Robotik im Operationssaal Einzug gehalten. Prof. Dr. Christoph Hachmöller, Robotik-Experte und Professor für Marketing und Entrepreneurship in der Medizintechnik, erläutert im Gespräch mit kma, wohin die Reise geht und welche Veränderungen damit auf das OP-Personal zukommen. 

Roboter, Operationen, System
CMR Surgical
Robotik im OP

Herr Hachmöller, würden Sie sich von einem Roboter operieren lassen?

Auf jeden Fall. Allerdings gilt es, hier zunächst eine Begriffsklärung vorzunehmen. Was heute in Operationssälen steht, sind technisch gesehen eigentlich keine Roboter. Ein Roboter zeichnet sich dadurch aus, dass er einprogrammierte Bewegungen macht, die er autonom ausführt. Bei dem, was heute vor allem in der Weichteil­chirurgie eingesetzt und mit dem Da-Vinci eng verbunden ist, wird keine Bewegung autonom ausgeführt – sondern die Bewegungen des Arztes, der dort an einem Eingabegerät sitzt, werden quasi von dem Roboter ausgelesen. Er übersetzt diese Handbewegungen in präzise Bewegungen der Instrumentenspitzen, die wiederum qua minimalinvasiven Eingriff im Patientenbauch stecken.

Einen Automatismus, wie etwa bei Robotern in der Autoindustrie der Fall, gibt es bei OP-Robotern nicht. Anders verhält es sich auch mit Robotern, die vielleicht in der Gestalt eines kleinen Hundes durch die Kinderzimmer fahren, Staub saugen oder Rasen mähen, Stations­flure putzen und Krankenschwestern bestimmte Aufgaben abnehmen. Diese fahren ein zuvor festgelegtes Programm ab und orientieren sich an Algorithmen. Den autonom operierenden Roboter gibt es noch nicht, weshalb man hier auch eher den Begriff der robotisch-assistierten Chirurgie verwendet. Das Wort „assistieren“ beschreibt den Kern der Sache – die Robotik unterstützt den Arzt bei seiner operativen Tätigkeit.     

Wo steht man heute im OP in Sachen Robotik?

Geschätzt gibt es derzeit in Deutschland etwa 150 Installationen des Da-Vinci, und diese Anzahl nimmt weiter zu. Man kann also mittlerweile nicht mehr davon sprechen, dass er ein Schatten­dasein führt. Interessant wird es, wenn man dessen Einsatzschwerpunkte betrachtet: In Deutschland wird er vor allem für die Urologie eingesetzt. Über 70 Prozent aller Prostatektomien werden hier mittlerweile per Roboterunterstützung gemacht.

Der Grund dafür dürfte sein, dass mit ihnen Operationen minima­linvasiv durchgeführt werden können, die manuell-laparoskopisch nur von wenigen Chirurgen beherrscht werden. In den USA wird der Roboter übrigens hauptsächlich in der Gynäkologie eingesetzt. Im Gegensatz zu Deutschland, wo Gynäkologen seit langer Zeit schon manuell- laparaskopisch operieren, wurden Operationen in den USA hauptsächlich offen durchgeführt. Der Roboter veranlasste dort viele Chirurgen in der Gynäkologie, auf das minimalinvasive Verfahren umzusteigen.

Und in Japan, ist man dort weiter als in Deutschland, der EU oder den USA?

Zwar gelten die Japaner allgemein als sehr technikaffin und daher auch der Robotik gegenüber aufgeschlossener, aber was die Anwendung in Sachen Medizintechnik angeht, gibt es hier keine großen Unterschiede – zumal die gesamte Medizintechnikbranche wegen der komplexen Zulassungsverfahren als relativ konservativ gilt. Spielereien haben keinen Platz. Die große Frage ist natürlich, wie es mit der robotisch-assistierten Chirurgie weiter geht: Was ist relevant für die nächsten Jahre in der Robotik? Ist es tatsächlich noch die klassische Mechatronik, oder wird es andere Technologien geben, die hier relevanter werden – um etwa Bewegungen automatisch auszuführen? Wer hier die Nase vorn haben wird, ist noch nicht abzusehen.  

Womit wir bei der Frage sind, wie denn hierzulande der Technologietransfer funktioniert, im Gegensatz zu anderen Ländern?

Der erste Schritt zu einer Innovation ist es, eine Technologie zu entwickeln und mit einem Geschäftsmodell zu verknüpfen. Hier haben die Unternehmen in den USA einen exzellenten Ruf – wenn man die vielen kleinen Hightech-Schmieden sieht, die im Umfeld der berühmten Universitäten entstanden und auch groß wurden. In der Medizintechnik muss im zweiten Schritt die Technologie, die man entwickelt hat und auf dem Labortisch funktioniert, zugelassen und in die klinische Routine gebracht werden. Und hier habe ich in den letzten Jahren den Eindruck gewonnen, dass das in Deutschland oder Europa einfacher war als in den USA.

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