
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zeichnet jährlich innovative Ansätze der Fachkräftesicherung aus. Aus über 400 Einreichungen ist das Sana-Klinikum Remscheid in der Kategorie Fachkräftezuwanderung, einer von insgesamt sieben Kategorien, in die nähere Auswahl gelangt. Und nun steht fest, dass das Klinikum am Abend des 25. Februar mit dem Deutschen Fachkräftepreis 2025 für sein Projekt RIAP ausgezeichnet wurde. RIAP steht für „RekrutierungIntegrationAusländischePflegekräfte“. Ebenfalls nominiert waren die Seniorenresidenz Creatio und das bayerische Unternehmen V-Unit.
Win-win-Modell zur Rekrutierung ausländischer Fachkräfte
„Als ich vor fünfeinhalb Jahren hier am Sana-Klinikum in Remscheid die Stelle als Pflegedirektorin angetreten habe, hatten wir viele offene Stellen, vor allem in der Pflege. Ich habe dann zuerst über eine Agentur angefangen, international zu rekrutieren. Unsere ersten 13 internationalen Pflegekräfte kamen von den Philippinen – und sie sind auch alle noch hier“, erklärt Jasmin Shmalia nicht ohne Stolz.
Dennoch habe sie – unabhängig von der Agentur – schnell festgestellt, dass ihr der persönliche Kontakt außerhalb der vereinbarten Teams-Sitzungen sowie die Kontinuität des Kontakthaltens innerhalb des ganzen Anwerbungsprozesses mit der Agentur gefehlt habe. „Ich hatte damals bei den Kolleginnen und Kollegen von den Philippinen das Gefühl gehabt, dass wir gar keine wirkliche Beziehung aufbauen konnten“, führt sie einen Beweggrund auf, warum sie sich schlussendlich für die eigenständige Rekrutierung entschieden hat.
Wir sind wirklich 24 Stunden am Tag für die Kandidaten im Ausland erreichbar.
Heute rekrutiert das Sana-Klinikum Remscheid in NRW mit dem RIAP-Projekt ohne Vermittlungsagentur sehr erfolgreich ausländische Pflegekräfte, um dem allgemeinen Fachkräftemangel, der auch vor der eigenen Haustür im Klinikum Remscheid nicht Halt macht, zu begegnen. „Im Kern geht es darum, dass wir eigenständig aus verschiedenen Ländern auf der Welt Pflegefachkräfte rekrutieren“, erklärt die Pflegedirektorin aus Remscheid. Das Besondere: „Wir sind wirklich 24 Stunden am Tag für die Kandidaten im Ausland erreichbar“, führt die engagierte Expertin aus, die überzeugt ist, dass die Integration bereits mit dem Rekrutieren beginnt.
Mittlerweile sprechen Shmalia auch internationale Pflegekräfte an, die bereits in Deutschland sind, aber sich nicht gut betreut oder aufgehoben fühlen oder Probleme bei der Anerkennung in einem anderen Bundesland haben. „Bislang sind alle Pflegefachpersonen aus dem Ausland, die wir eingestellt haben, bei uns geblieben“, erklärt sie stolz. Das Konzept scheint aufzugehen. Zudem spart das Sana Klinikum durch die Eigeninitiative ihrer gut vernetzen Pflegedirektorin viel Geld für die Vermittlungsagenturen.
Das Besondere an RIAP:
- selbstständige Rekrutierung über die eigene arabische Community – direkt durch die Pflegedirektorin Jasmin Shmalia, die dafür ihre Social-Media-Kanäle nutzt
- klare Prozesse: Vom Visumsantrag bis zur Begleitung zu Behörden werden die internationalen Fachkräfte von der ersten Minute an transparent von Jasmin Shmalia und ihrem Team betreut.
- dauerhafter direkter Kontakt zwischen Shmalia und den Kandidaten: Diese können die Pflegedirektorin und ihr Team 24 Stunden, 7 Tage die Woche anrufen oder anmailen und bekommen umgehend Antwort.
- individuelles Onboarding am Sana-Klinikum Remscheid
- ganzheitliche Integration – von der ersten Stunde an

Wie alles begann
Shmalia erinnert sich noch an den Abend, an dem sie mit ihrer Familie zusammensaß und wieder einmal unzufrieden mit der Situation der Anwerbung mit ihrer Agentur war. Ihr Mann meinte dann, dass sie doch gut vernetzt sei und sie einfach ihr Netzwerk nutzen solle. Gesagt getan: Die Pflegedirektorin nutzte ihre arabische Community – damals noch ausschließlich über Facebook – und schaltete selbst eine Anzeige. „Da stand noch nicht mal viel drin. Lediglich, dass ich Pflegedirektorin eines deutschen Klinikums in NRW bin. Ich habe etwas über das Sana-Klinikum Remscheid gesagt und meine WhatsApp-Nummer sowie meine E-Mail-Adresse angegeben“, erklärt Shmalia.
Binnen der ersten 24 Stunden hatte sie knapp 300 Bewerbungen bekommen und wurde mit Anfragen überrannt. „Ich habe mir dann 100 Bewerber rausgepickt, bei denen ich dachte, dass es matcht, und habe diese angerufen“, erinnert sie sich weiter. In einem nächsten Schritt hat die Social-Media-affine Pflegedirektorin dann eine Matrix angelegt, um die Interessenten zu verwalten. „Letztendlich haben wir uns getraut, 20 dieser Bewerber unter Vertrag zu nehmen“, führt sie weiter aus. Die eigentliche Arbeit begann jedoch erst dann. Shmalia musste sich einlesen, welche Dokumente benötigt werden, in welche Sprache diese übersetzt und wo sie beglaubigt werden müssen. Auch die Sprachausbildung im ursprünglichen Heimatland musste organisiert werden.
Ich bin dann wirklich mit einem Koffer mit den fertigen Vertragsdokumenten nach Jordanien geflogen und habe alle 20 Pflegekräfte in ein Restaurant eingeladen.

Shmalia war beispielsweise dann auch mit ihrer Geschäftsführung in Jordanien und hat sich dort ein paar Institutionen angeschaut und ausgelotet, welche Sprachschule für das Klinikum die richtige ist. Zudem konnte sie so die Interessenten überzeugen, dass es sie wirklich gibt. „Die kannten mich bislang ja meist nur vom Foto auf unserer Homepage. Ich bin dann wirklich mit einem Koffer mit den fertigen Vertragsdokumenten, den Klinikflyern und unserem Leitbild nach Jordanien geflogen und habe alle 20 Pflegekräfte in ein Restaurant eingeladen.“
Mit dem Laptop habe sie dann dort das Klinikum und das deutsche Gesundheitssystem vorgestellt – ebenso wie die Stationsleitungen und Chefärzte. Viele hätten sie dann auch in ihre Kliniken, in denen sie damals gearbeitet haben, eingeladen, erklärt Shmalia die Anfänge des Projekts. Im persönlichen Gespräch mit den dortigen Kollegen und Vorgesetzten hat sie sich nochmal versichert, dass es in Jordanien Wartelisten mit Fachkräften gibt, die dort arbeiten wollen und dass sich die Vorgesetzten für ihre Mitarbeitenden über die Chance freuen, die sich ihnen in Deutschland auftut.
Sie erinnert sich auch noch, dass sie gerade in diesem Stadium sehr eng mit der Bezirksregierung – aber auch mit den jeweiligen Behörden vor Ort – zusammengearbeitet hat. „Dass ich fließend arabisch spreche, hat die Sache natürlich sehr erleichtert“, gibt sie zu. Das Projekt RIAP hat so Form angenommen und ist auch konzeptionell auf breite Beine gestellt worden. Dennoch kritisiert Shmalia die „abartigen bürokratischen Hürden“. Auf das verkürzte Anerkennungsverfahren angesprochen, schüttelt sie nur den Kopf, weil dies in der Praxis so gut wie nie funktioniere.
Einsatz wird belohnt
Shmalia wurde jedoch auch schnell klar: Mit der Einreise endet die Bürokratie nicht – Kontoeröffnung, Krankenkassen-Anmeldung, Bürgerbüro, Behördengänge etc. „Am Anfang habe ich das alles allein gemacht und auch die Kandidatinnen und Kandidaten vom Flughafen abgeholt und in ihr neues Zuhause gefahren“, sinniert sie sichtlich erfreut, dass es mittlerweile ein Team und zwei Integrationsmanager am Haus gibt, die sie bei dieser Arbeit unterstützen. Den Erstkontakt lässt sich Shmalia aber bis heute nicht nehmen. Gerade bei Kandidaten aus arabischen Ländern ist sie zudem den ganzen Bewerbungsprozess über die Ansprechpartnerin, weil sie schnell und unbürokratisch auf alle Fragen reagieren kann. Diese reichen von der Einschätzung, wie die Menschen in Remscheid sind, bis hin zur Gehaltsfrage.

„Ich bereue diesen Schritt bis heute nicht. Denn ich baue mit den internationalen Pflegekräften eine echte Beziehung auf, spreche regelmäßig mit ihnen, zoome mit ihren Familien, Kindern, Partnern. Ich hole sie, wenn irgend möglich, immer noch alle persönlich von Flughafen ab und bin stolz, dass sie wissen, dass sie mit all ihren Problemen und Sorgen jederzeit zu mir kommen können“, verrät die Pflegedirektorin ihr Erfolgsgeheimnis. Mittlerweile verstärken bereits 55 internationale Pflegekräfte das Team am Klinikum Remscheid. Sie kommen aus Jordanien, dem Kosovo, Tunesien, Marokko und anderen Ländern. Shmalia ist sich sicher, dass es genau diese persönliche Bindung und ihre Maßnahmen sind, die die Pflegekräfte auch dauerhaft an das Unternehmen binden. Für sie ist dies „eines der schönsten Projekte, die ich als Pflegedirektorin begleite“.
Mittlerweile hat es sich scheinbar in der Community herumgesprochen, dass das Sana-Klinikum Remscheid ein toller und fairer Arbeitgeber ist. Denn: Shmalia kann sich mittlerweile aussuchen, wen sie näher kennenlernen will: „Ich gebe offen zu, dass das Projekt so gut läuft, dass wir auch viele Bewerbungen mit fertigem B1- zum Teil sogar B2-Sprachniveau bekommen. Diese wählen wir natürlich bevorzugt für das nähere Kennenlernen aus.“

Sie ist zudem erstaunt, dass ihr Interessenten noch heute – drei Jahre nach dem ersten Post in der Community – den Screenshot von damals schicken. Außerdem entwickelt sich das RIAP-Projekt weiter, „so dass wir aktuell in ca. 1,5 Jahren noch zusätzlich 20 Auszubildende für unsere große Krankenpflegeschule gewinnen konnten,“ führt Shmalia aus. Diese jungen Menschen kommen aus Marokko und bereichern das Team genauso, wie die Pflegekräfte, die bereits einen Pflege-Bachelor im Ausland absolviert haben.
Über Social Media, speziell über einen Post bei LinkedIn, hat auch Ahmad von dem Projekt in Remscheid erfahren. Er hat bereits vorher sieben Jahre in Dubai als Pflegefachkraft gearbeitet und sich dann direkt auf den Post bei Shmalia beworben. „Wir haben uns anfangs über WhatsApp geschrieben und dann auch im weiteren Verlauf viel telefoniert“, beschreibt er seine Erfahrungen im Anwerbeprozess.
Wie im Wüstenstaat hat er auch in Remscheid auf der kardiologischen Station begonnen und freut sich sehr, dass seine Erfahrung auf der Kardiologie hier berücksichtigt wurde. Er beschreibt seinen Arbeitsalltag als toll und erzählt, wie gut er sich hier angenommen und angekommen fühlt. „Ich freue mich sehr, jetzt hier in Deutschland zu sein und die europäische Kultur erleben zu dürfen. Ja, in Dubai war das Wetter schöner, aber hier ist es nicht so laut und alles ist frisch und sauber“, erklärt er und macht deutlich, dass er seinen Schritt nicht einen Tag bereut, zumal er sich hier beruflich noch weiterentwickeln will.
Im Übrigen können internationale Pflegekräfte alle Kosten, die ihnen bezüglich Beglaubigung, Sprachkurs, Flugticket etc. entstehen, als Rechnung einreichen. Dann bekommen sie die Kosten vom Sana-Klinikum Remscheid erstattet. Ein fairer Deal.








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