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Corona in Italien„Wenn hier Menschen sterben, dann sterben sie allein“

kma: Dramatische Szenen von Sterbenden in italienischen Krankenhäusern, die ihre Angehörigen sehen wollten, wurden berichtet. Haben Sie so etwas schon einmal erlebt?

Krankenpflegerin: Leider ja. Es stimmt, wir können nicht mehr zulassen, dass Angehörige zu Patienten gehen dürfen, die sterben. Sie dürfen unsere Station nicht mehr betreten. Wenn hier Menschen sterben – es ist traurig zu sagen, aber – dann sterben sie allein. Die einzige Pflege, die sie bekommen, die einzigen Anwesenden dabei sind wir. Sie haben nicht den Trost ihrer Angehörigen – selbst wenn sie in die Leichenhalle gebracht werden, haben die Angehörigen keine Chance, sie zu sehen, weil ihre Körper infiziert sind. Wenn Menschen auf diese Weise sterben, ist es auch nicht mehr möglich, Beerdigungen mit Angehörigen durchzuführen. Das ist eine traurige Sache, die wir alle erleben müssen, eine sehr traurige Sache.

kma: Wie erholen Sie sich von diesem Stress?

Krankenpflegerin: Eine schwierige Frage – es ist nicht so, dass man die Arbeit beendet und dann einfach nach Hause kommt und sich entspannt. Corona ist ein Problem, in das wir komplett eingetaucht sind: Weil wir zu Hause in Quarantäne sind, weil man nicht rausgehen kann, weil man im Radio oder Fernsehen nur darüber berichtet. Es gibt keinen Moment, in dem man sich davon lösen kann, es ist eine Realität, die einen gefangen hält. Das ist der schwierigste Aspekt dabei, er ist Teil der psychischen Müdigkeit, von der ich vorhin gesprochen habe. Was ich sagen kann, ist, dass die Atmosphäre bei mir Zuhause sehr friedlich ist. Meine Kinder sind sehr mitfühlend und aufmerksam, wir spielen Brettspiele, wir kochen zusammen und machen plötzlich Dinge, die wir uns immer schon vorgenommen, aber bisher vor uns hergeschoben haben. Solche Beschäftigungen helfen uns, etwas besser mit der Situation umgehen zu können.

*Der Name unserer Gesprächspartnerin sowie der ihres Krankenhauses bleiben anonym.

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