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VKD-Chef Josef Düllings700 Krankenhäuser zu viel? Heftige Reaktion auf Hecken-Interview

Darf er das? Mit einem Interview, in dem er 1200 Kliniken als für Deutschland ausreichend bezeichnete, hat G-BA-Chef Josef Hecken Krankenhausmanager empört. Nicht nur VKD-Chef Josef Düllings beklagt einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht.

Dr. Josef Düllings
VKD e.V.
Dr. Josef Düllings, Präsident des VKD.

Es könnte ein folgenreicher Bruch werden. Vertrauen dahin. Kein konstruktives Gespräch mehr möglich. „Wir fragen uns im Krankenhausmanagement, wie man danach in der Selbstverwaltung noch mit Herrn Hecken zusammenarbeiten kann.“ Der, der das sagt, spricht für rund 2200 deutsche Klinikmanager und er ist maximal empört. Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbands der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), schießt scharf gegen seinen Vornamensvetter Prof. Josef Hecken. „Im Kapazitätsabbau-Rausch“ sei der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), es könne nicht sein, dass die Kliniken nach getaner Arbeit in der Corona-Pandemie „wieder wie an die letzte Stelle der Gesellschaft gestellt werden“.

Was den VKD-Präsidenten so auf die Palme bringt, ist ein Hecken-Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. 1900 Krankenhäuser in Deutschland seien zu viel, 1200 würden genügen, hatte der G-BA-Chef da gesagt. Die Kliniken müssten die Arbeit künftig klüger untereinander aufteilen, anspruchsvolle Operationen sollten nur in darauf spezialisierten Zentren vorgenommen werden.

Josef Düllings sieht für derartige Szenarien „keinerlei Evidenz“: „Diese Forderungen werden der Öffentlichkeit mitgeteilt, ohne zu erklären, wie die Lücken, die das in die Versorgung reißen würde, gefüllt werden sollen“, klagt der VKD-Präsident. Zudem stört ihn noch etwas anderes mächtig: Hier habe „ein angeblich unparteiischer Vorsitzender einer im Gesundheitswesen übermächtigen Institution“ definitiv Partei ergriffen.

„Faktische Abkoppelung von angemessener Versorgung“

Damit verstoße Hecken gegen eine seiner „ureigensten Pflichten“, die Neutralität, kritisiert auch Dr. Ann-Kristin Stenger in München. Aus Sicht der privaten Klinikträger seien seine Aussagen „absolut nicht nachvollziehbar“, erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Privatkrankenanstalten in Bayern (VPKA). Eine Schließung von 700 Kliniken bedeute faktisch die Abkoppelung großer Bevölkerungsgruppen, vor allem im ländlichen Raum, von einer angemessenen wohnortnahen medizinischen Versorgung. Bereits jetzt zeigten sich hier vor allem in Flächenländern erste weiße Flecken.

Josef Düllings sieht das genauso. Zahlreiche Kliniken müssten die seit Jahren in vielen Regionen rückläufige Performance im ambulanten Bereich gerade in der Grundversorgung kompensieren. Und in den kommenden Jahren würden sich die Reihen bei den niedergelassenen Ärzten erheblich weiter lichten. „Das weiß die Kassenärztliche Vereinigung, das weiß jeder Praktiker“, sagt Düllings: „Beim G-BA-Chef ist das aber offenbar noch nicht angekommen.“

Große Lücken im ambulanten Bereich

Schon heute, mahnt der VKD-Präsident, sei die zeitnahe Anschlussversorgung von Patienten, die aus Kliniken entlassen werden, vielfach völlig unzureichend. Die Lücken im ambulanten Bereich seien insgesamt zu groß – bei Ärzten ebenso wie in der Rehabilitation und Pflege. Dem habe die Politik mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung Rechnung getragen und eine Überleitungspflege durch die Krankenhäuser ermöglicht. „Die Krankenhäuser richten es also auch hier“, sagt Düllings: „Übrigens haben sie das zuvor schon getan, wurden aber dann durch Prüfungen des Medizinischen Dienstes dafür finanziell bestraft.“

Andere halten 600 oder 330 Kliniken für ausreichend

CDU-Mitglied Hecken, der seit 2012 an der G-BA-Spitze steht, ist nicht der Erste, der die Kliniklandschaft deutlich ausdünnen will. Während der Vorsitzende des höchsten Gremiums der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen 1200 Häuser für ausreichend hält, wollten die Autoren einer Studie der Bertelsmann Stiftung ihre Zahl sogar auf unter 600 reduzieren. Ihre im Sommer 2019 vorgelegte Analyse war von Ärztevertretern und Kliniken massiv kritisiert worden. Ein Team der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina war 2016 noch weiter gegangen: Die Medizinexperten entwarfen ein Szenario mit lediglich noch 330 großen Krankenhäusern.

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