
Aus einem Schreiben von Staatssekretär Thomas Steffen an den Direktor des Bundestages, Lorenz Müller, das der «Bild am Sonntag» vorliegt, geht hervor, dass sich das BMG an Abgeordnete in der Maskenaffäre wenden will. Das Gesundheitsministerium bestätigte den Inhalt des Schreibens der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Konkret will das Ministerium laut Zeitung auf jene Abgeordneten zugehen, die «im Kontext tatsächlich abgeschlossener Verträge über Schutzausrüstung mit dem BMG kommuniziert haben».
Nach Angaben der Bundestagsverwaltung vom Sonntag bat das Ministerium Bundestagsdirektor Müller, bis zum 16. März 2021 mitzuteilen, falls es Bedenken geben sollte, auf die betreffenden Abgeordneten zuzugehen.
Spahn will Namen Beteiligter veröffentlichen
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte angekündigt, die Namen aller Abgeordneten öffentlich machen zu wollen, die an der Vermittlung von Maskengeschäften beteiligt waren. Die Bundestagsverwaltung hatte ihn daraufhin vergangene Woche darauf aufmerksam gemacht, dass Abgeordnete nach einschlägiger Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse an der Vertraulichkeit personenbezogener Daten hätten, die von der Freiheit des Mandats geschützt seien. «Solche Daten dürfen daher nur in eng begrenzten Ausnahmefällen herausgegeben werden», teilte ein Sprecher damals mit. Rechtlich unbedenklich erscheine die Herausgabe, wenn dem Ministerium eine Einwilligung der Betroffenen vorliege.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte die Geschäfte von einzelnen Unionspolitikern mit Corona-Schutzmasken am Freitag bei einem digitalen Kongress der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» als «schäbig» und «schändlich» verurteilt. Diese Fälle persönlicher Bereicherung seien «Gift für die Demokratie». Er sei sich mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) einig: «Wer so handelt, hat schlicht im Bundestag nichts verloren.»
Löbel und Nüßlein brachten Welle ins Rollen
Der Bundespräsident reagierte damit in ungewöhnlich scharfer Form auf die Fälle Nikolas Löbel und Georg Nüßlein, ohne diese allerdings beim Namen zu nennen. Der frühere CDU-Abgeordnete Löbel hat eingeräumt, dass seine Firma Provisionen von rund 250 000 Euro für das Vermitteln von Kaufverträgen für Corona-Schutzmasken erhalten hat. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein hinreichender Anfangsverdacht zum Einleiten eines Ermittlungsverfahrens gegeben ist. Gegen den Ex-CSU-Politiker Nüßlein wird bereits wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit ermittelt.
Löbel und Nüßlein haben jeweils ihre Partei verlassen. Löbel hat auch sein Bundestagsmandat niedergelegt. Nüßlein hat dagegen nur angekündigt, im Herbst nicht wieder für den Bundestag zu kandidieren.
Merkel stärkt Unionsspitze den Rücken
In der CDU/CSU-Fraktion lief am Freitagabend eine Frist an alle Abgeordneten zur Abgabe einer Art Ehrenerklärung ab. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatten alle Unionsparlamentarier aufgefordert, bis um 18:00 Uhr zu erklären, dass sie keine finanziellen Vorteile im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie erzielt haben - weder direkt noch über Gesellschaften. Bei den Lobbyismus- und Korruptionsvorwürfen gegen einzelne Unionsabgeordnete geht es neben Geschäften mit Corona-Schutzmasken auch um den Verdacht der Einflussnahme gegen Bezahlung zugunsten des autoritär regierten Landes Aserbaidschan.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stärkte der Spitze der Unionsfraktion in der Affäre den Rücken. Sie stehe ganz hinter der Haltung der Fraktionsführung, «Sachverhalte aufzuklären und wo nötig auch entschieden Konsequenzen zu ziehen», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Auf die Frage, ob die Vorgänge das Ansehen und die Handlungsmöglichkeit der Regierung beschädigten, ergänzte er: «Die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung ist davon nicht betroffen.»
Bezahlte Lobbytätigkeit gesetzlich verbieten
Scharfe Kritik kam erneut von der Opposition. So erklärte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte: «Dass die Unionsfraktion ihren Maskenskandal aufklärt, ist gut, reicht aber nicht aus. Die bezahlte Lobbytätigkeit von Abgeordneten muss jetzt gesetzlich verboten werden.» Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, sagte: «Angesichts immer neuer Verdachtsfälle innerhalb der Unionsfraktion im Zusammenhang mit dem Maskenskandal und der Aserbaidschan-Connection verfestigt sich bei den Bürgern der Eindruck, Abgeordnete seien käuflich.» Die Schritte der Unionsfraktion zur Aufklärung seien völlig unzureichend.





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